Beverly Barton, Hexenopfer
gelangen, desto mächtiger wurde die stygische Kraft, die sie immer tiefer in einen furchterregenden Abgrund zog.
Dallas, bitte hilf mir. Hol mich aus dieser Dunkelheit heraus. Ich schaffe es nicht allein. Sie spürte seine Kraft und begriff, wie verzweifelt sie ihrer bedurfte. Wenn er sich mit ihr verband, konnte sie die Macht in sich aufnehmen, die ihn durchflutete, und sich befreien.
Sie spürte seine Überraschung darüber, dass er sie hören konnte. Genny, du musst die Augen öffnen und mich ansehen. Durch diese stumme Kommunikation erreichten Dallas’ Gedanken ihr Unterbewusstsein. Ich warte hier auf dich, und ich werde dich nicht allein lassen. Was immer dich dort festhält, ist nicht so stark wie wir. Gemeinsam können wir jeden Feind bekämpfen und besiegen. Verlass die Dunkelheit und komm ins Licht.
Sobald sie reagierte, verband er sich wieder telepathisch mit ihr. Seine Gedanken und Gefühle umgaben sie. Beschützten sie. Gemeinsam kämpften sie gegen die Dunkelheit an.
Gennys Augenlider flatterten erneut, und diesmal öffneten sie sich ein wenig. Sie blinzelte ein paar Mal. Dann, nach mehreren Versuchen, gelang es ihr, die Augen ganz aufzuschlagen, und sie sah zwei besorgte Gesichter vor sich.
»Gott sei Dank.« Jazzy umarmte Genny. »Du hast uns zu Tode erschreckt.«
Genny schaute Dallas in die Augen. »Esther«, sagte sie mit kaum hörbarer Stimme. Sie räusperte sich, legte ihre Hand auf Dallas’ Hand, die auf ihrer Schulter ruhte. »Er hat Esther Stowe. Er – er wird sie im Morgengrauen umbringen.«
»Bist du in seinen Kopf eingedrungen?«, fragte Dallas.
Genny nickte.
»Verdammt, ich dachte, du hättest uns versprochen, nicht …«
»Sei nicht böse.« Tränen füllten Gennys Augen.
Dallas rieb zärtlich Gennys Schultern. »Weine nicht. Bitte, weine nicht. Ich bin nicht wütend, nur besorgt.«
»Er hat mir gesagt, nachdem er Esther getötet hat, holt er mich.«
Dallas stieß kaum hörbar eine Reihe Flüche aus. Er sprang von der Bettkante und stürmte aus dem Zimmer.
»Dallas?«, rief Genny.
Jazzy nahm Gennys Hand. »Beruhige dich. Er ist nur in den Flur rausgegangen, um sich abzukühlen. Du musst verstehen, wie frustrierend es für ihn und für Jacob ist, dich in Gefahr zu wissen und den Mörder, der dich bedroht, nicht ergreifen zu können.«
»Ich muss ihnen helfen, Esther zu finden.« Genny schlug das Laken und die leichte Decke zurück und versuchte sich aufzusetzen.
»Was bildest du dir ein? Wage ja nicht, aus dem Bett zu steigen.«
»Geh und hol Dallas. Sag ihm, ich möchte versuchen, mich wieder mit dem Mörder zu verbinden. Und vielleicht kann ich ihn ja verorten, wenn …«
»Ich werde Dallas nichts dergleichen sagen. Der rastet aus.«
Beim zweiten Versuch gelang es Genny, sich im Bett aufzusetzen, dann drehte sich sich um und ließ die Beine über die Bettkante hängen.
Jazzy eilte aus dem Zimmer, um Dallas zu holen. Gut. Genny musste ihnen begreiflich machen, dass Esther das vierte Opfer würde, falls sie die Frau des Geistlichen nicht vor Tagesanbruch fanden.
Kaum stand Genny auf den Beinen, stürzte Dallas ins Zimmer. Bevor sie in ihre Hausschuhe schlüpfen konnte, hob er sie hoch und legte sie wieder ins Bett.
»Rühr dich nicht vom Fleck.« Er drohte ihr mit dem Zeigefinger.
»Ich möchte das Krankenhaus verlassen. Sofort«, sagte Genny. »Ich glaube, ich kann Esther finden. Ich spüre, dass sie hier in Cherokee Pointe ist. Irgendwo in der Stadt.«
»Du bist nicht kräftig genug, um irgendwohin zu gehen«, sagte Dallas.
»Dr. Rawlins hat vor, mich morgen Nachmittag zu entlassen. Was macht es da schon, wenn ich …«
»Du bist gerade knapp dem Tode entronnen.« Jazzy setzte sich ans Fußende des Bettes und schaute Genny flehend an. »Du hast dich kaum von deiner Schusswunde erholt. Und um alles noch schlimmer zu machen, bist du von einem weiteren Besuch im La-la-Land fix und fertig. Dallas hat recht – du bist nicht kräftig genug, um dich auf eine hellseherische Suche nach Esther Stowe zu begeben.«
Genny schaute von Jazzy zu Dallas. Sie würden nicht zulassen, dass sie das Krankenhaus verließ. Na gut. Sie wusste, was sie zu tun hatte. Genny legte sich hin, schloss die Augen und legte ihre Hände auf den Bauch.
»Verdammt, sie bereitet sich darauf vor, wieder runter zu gehen«, rief Jazzy.
Dallas packte Genny und schüttelte sie sanft. Wiederholt rief er ihren Namen. Sie antwortete nicht. Dann versuchte er, telepathisch mit ihr zu sprechen, aber
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