Beverly Barton, Hexenopfer
sein Festhalten an der Realität zu lockern. Er musste weiterhin logisch denken.
Vorerst aber saß er einfach neben Genny, während sie die Augen schloss und sich ausruhte. Schon nach wenigen Minuten, wie ihm schien, vernahm er das Dröhnen von Jacobs Geländewagen. Dann stapften zwei Paar gestiefelter Füße durch das Haus.
»Genny!«, rief Jacob. »Sloan, wo seid ihr?«
»Hier«, erwiderte Dallas. »In Gennys Schlafzimmer.«
Jacob stürmte in den Raum, Bobby Joe Harte dicht auf den Fersen. »Geht es ihr gut?«
»Alles in Ordnung«, sagte Genny. »Nur schwach wie üblich. Aber diesmal … oh, Jacob, ich habe sie gesehen. Es war Misty. Er hat Misty.«
Bobby Joe hielt sich am Fußende von Gennys Bett fest. »Du hast Misty in einer deiner Visionen gesehen? Du hast gesehen, dass der Mörder sie hat?«
Genny nickte. »Wenn wir sie vor dem Morgengrauen finden, können wir sie retten.«
»Aber wie sollen wir sie finden, wenn wir keine Ahnung haben, wohin er sie gebracht hat?«, fragte Bobby Joe.
Jacob, der Dallas gegenüber auf der anderen Bettkante saß, griff nach Gennys Hand. »Kannst du uns mehr sagen? Irgendwas, das uns einen Hinweis auf ihren Aufenthaltsort geben könnte?«
Dallas sah und hörte verwundert zu. Konnte es sein, dass Genny tatsächlich hellseherische Fähigkeiten besaß? Anscheinend glaubten es alle, die sie kannten.
Genny klammerte sich an Jacobs Hand. »Er hat sie von dem Ort, an dem er sie gefangen hielt, in eine alte Scheune gebracht. Ich konnte nicht viel erkennen, nur dass die Scheune wahrscheinlich sehr, sehr alt und schrecklich heruntergekommen ist.«
»Und wahrscheinlich nicht mehr benutzt wird«, sagte Jacob.
»Wissen Sie, wie viele verfallene alte Scheunen noch in Cherokee County herumstehen?«, fragte Bobby Joe. »Mindestens ein Dutzend. Vielleicht mehr. Und sie sind über das ganze County verteilt.«
»Stimmt«, sagte Jacob. »Es könnte uns einen halben Tag kosten, nur die Scheunen abzuklappern, von denen wir wissen.«
»Sie müssen einen Suchtrupp aufstellen«, schlug Dallas vor.
»Ja, Sie haben recht.« Jacob wandte sich an Bobby Joe. »Meinen Sie, das kriegen Sie hin, obwohl Misty …«
»Sagen Sie mir einfach nur, was ich tun soll.«
»Tewanda soll alle Deputys zusammenrufen«, sagte Jacob. »Und sie soll Chief Watson anrufen und ihn bitten, all seine Leute mitzubringen. Dann sagen Sie ihr, dass wir die Autobahnpolizei mit einbeziehen müssen.«
»Ich kümmere mich sofort darum.« Bobby Joe wollte das Schlafzimmer schon verlassen, blieb aber im Türrahmen stehen. »Was haben Sie vor, Sheriff?«
Jacob drückte Gennys Hand. »Meinst du, du hast die Kraft, mit mir zu kommen?«
Sie nickte. »Wenn du mich zu deinem Wagen trägst.«
»Was zum Teufel geht hier vor?«, fragte Dallas. »Sie sollte nirgendwohin gehen. Sehen Sie sie doch an. Verdammt, sie braucht einen Arzt.«
»Ich brauche keinen Arzt. In ein paar Stunden geht es mir wieder gut, aber so lange können wir mit der Suche nach Misty nicht warten«, erklärte ihm Genny. »Wenn ich mit Jacob fahre, kann ich ihm vielleicht helfen.«
»Wie kannst du ihm helfen?«, wollte Dallas wissen, aber verdammt, er kannte die Antwort, bevor Genny sprach.
»Mit meiner Gabe des Zweiten Gesichts«, sagte sie beiläufig.
»Du bist nicht kräftig genug, um …«
Genny schnitt Dallas das Wort ab. »Wenn du dir Sorgen um mich machst, komm mit.« Langsam hob sie die geöffnete Hand in einer flehenden Geste. »Ich brauche dich. Ich kann aus deiner Kraft schöpfen.«
Dallas erlaubte sich einen Augenblick der Vernunft, atmete tief ein und aus. Er musste umgehend eine Entscheidung treffen. Zu Jacob gewandt, sagte er: »Wir fahren mit Ihnen.« Er beugte sich vor und hob Genny auf seine Arme.
Vertrauensvoll legte sie ihren Kopf an seine Brust und flüsterte: »Danke.«
Als sie durch das Haus gingen, gab Jacob letzte Anweisungen an Bobby Joe. »Nehmen Sie auf der Rückfahrt in die Stadt Kontakt zu Tewanda auf; sie kann den Ball ins Rollen bringen. Sobald sie allen Bescheid gegeben hat, möchte ich, dass Sie ihr helfen, den Suchtrupp zu koordinieren. Ich werde Sie wissen lassen, wo wir sind, und wo die Sucher anfangen sollen.«
»Soll ich Sally abholen, oder machen Sie das?«, fragte Bobby Joe.
»Ich werde bei ihr vorbeifahren und sie und ihre Hunde mitnehmen«, erwiderte Jacob.
Bobby Joe lief vor den anderen hinaus, sprang in den Streifenwagen und nahm sofort Funkkontakt mit Tewanda auf.
Auf dem Weg zur Hintertür nahm Dallas
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