Beverly Barton, Hexenopfer
und eine telepathische Botschaft zu schicken.
Dallas. Dallas, ich brauche dich. Bitte, öffne dein Herz und höre mich. Komm zu mir. Komm jetzt.
14
Dallas stellte den Mietwagen auf dem Asphaltstreifen vor der Hütte ab, stieg aus und ging zur Haustür. Auf der Fahrt von Genny hierher hatte er versucht, sie sich aus dem Kopf zu schlagen. Er würde sich nicht auf eine Frau einlassen, die behauptete, sie besitze hellseherische Fähigkeiten. Für den Rest seines Aufenthalts hier in Cherokee Pointe hatte er vor, Genny Madoc aus dem Weg zu gehen. Das war das einzig Vernünftige. Auch nur in ihrer Nähe zu sein, war viel zu verführerisch.
Er schloss die Tür auf, und als er hineingehen wollte, überkam ihn ein eigenartiges Gefühl, bei dem sich ihm die Nackenhaare sträubten. Angespannt wartete er ein paar Sekunden, schaute dann in alle Richtungen und suchte nach einem Anzeichen für eine andere Person oder ein Tier, das sein inneres Radargerät ausgelöst hatte. Nichts. Nur eine winterliche Brise, die durch die Baumwipfel zog.
Er knöpfte Mantel und Jacke auf, um leichter an die Waffe in seinem Halfter zu kommen, und schaute sich noch einmal nach etwas Ungewöhnlichem um. Dann betrat er die Wohnküche der Hütte, die außerdem noch über ein Schlafzimmer und ein Bad verfügte. Sie war von der Stadtmitte aus zu Fuß zu erreichen.
Kaum hatte er die Tür zugemacht und abgeschlossen, überfiel ihn erneut Unbehagen.
Was zum Teufel geht hier vor?
Er hörte immer auf sein Bauchgefühl, denn es führte ihn nur selten in die Irre. Und er ging häufig Ahnungen nach, die eigentlich begründete Vermutungen waren, basierend auf jahrelanger Erfahrung. Diese Schwingungen jetzt hatten aber nichts mit Bauchgefühl oder Ahnungen zu tun.
Plötzlich wusste Dallas, dass etwas mit Genny nicht stimmte. Er wusste nicht, woher – er wusste es einfach.
Wach auf, sagte er sich. Wie kannst du so etwas wissen?
Ein kalter Schauer überlief ihn, als er Gennys Stimme in seinem Kopf vernahm. Er schüttelte den Kopf und versuchte die Worte zu verdrängen, die sich ständig wiederholten. Ich brauche dich. Komm zu mir.
»Du verlierst deinen verdammten Verstand«, sagte Dallas laut.
Was er brauchte, war ein starker Drink und fester Schlaf. Er zog seinen Mantel aus und warf ihn auf einen Stuhl. Bemüht, den Klang von Gennys schwacher, geflüsterter Bitte zu überhören, ging er ins Bad, erleichterte sich und wusch sich die Hände. Unbeabsichtigt erhaschte er einen kurzen Blick auf jemanden im Spiegel über dem Waschbecken. Er fuhr herum, schaute hinter sich, sah aber niemanden. Dann blickte er wieder in den Spiegel und begegnete nur seinem eigenen Spiegelbild.
Sein Herz polterte. Er verlor tatsächlich den Verstand. Für den Bruchteil einer Sekunde hatte er geglaubt, Gennys Gesicht im Spiegel zu sehen.
Dallas ging ins Schlafzimmer, setzte sich auf die Bettkante und zog die Stiefel aus. So sehr er sich auch bemühte, er wurde das Gefühl nicht los, dass etwas mit Genny nicht stimmte. Sie steckte in Schwierigkeiten und brauchte ihn.
Herrgott, ruf sie einfach an und prüf nach. Wenn du es nicht machst, findest du diese Nacht keinen Schlaf.
Er griff zu dem Nebenanschluss auf dem Nachttisch, doch dann wurde ihm klar, dass er Gennys Nummer nicht wusste. Bestimmt lag hier irgendwo ein Telefonbuch. Er zog die Nachttischschublade auf und stellte fest, dass der einzige Inhalt eine Bibel und ein Telefonbuch waren. Rasch durchblätterte er die Seiten und stieß bald auf den Namen Genevieve Madoc. Er merkte sich die Nummer, warf das Telefonbuch zur Seite und drückte die richtigen Tasten.
Seine Mühe wurde mit einem Besetztzeichen belohnt. Verdammt! Mit wem sprach sie zu dieser Nachtzeit?
Vielleicht sprach sie auch mit niemandem. Vielleicht war das Telefon ausgehängt. Wenn der Mörder nun in Gennys Haus eingebrochen war und ihr, als sie versuchte, Hilfe zu holen, den Hörer aus der Hand geschlagen hatte? Oder wenn sie wieder so einen Albtraum hatte und völlig ausgelaugt war? Sollte das der Fall sein, hatte sie womöglich anrufen wollen, um Hilfe zu holen, und nicht die Kraft dafür gehabt.
Dallas zog die Stiefel wieder an, stapfte in die Wohnküche, nahm seinen Mantel und ging zur Tür hinaus. Auf dem Weg zu seinem Wagen gelang es ihm, in den Mantel zu schlüpfen und die Schlüssel aus der Hosentasche zu fischen.
Gegen besseres Wissen, gegen den gesunden Menschenverstand würde er heute Abend erneut den Berg hinauffahren, um sicherzugehen, dass es
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