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Bevor ich sterbe

Bevor ich sterbe

Titel: Bevor ich sterbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Downham
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groß?«
    »Nein. Macht bestimmt Spaß.«
    Ich vergesse oft, dass er noch ein Kind ist, dass er irgendwo in sich drin immer noch Schaukeln und Karussells und all so was mag. Aber was soll uns schon im Park passieren, und Zoey simst zurück, okay, sie verspätet sich sowieso und trifft uns dann da.
    Ich sitze auf einer Bank und sehe Cal beim Klettern zu. Es ist ein Seilspinnennetz, und er sieht so klein aus da oben.
    »Ich kletter weiter rauf!«, ruft er. »Soll ich bis ganz oben?«
    »Ja«, rufe ich zurück, weil ich mir das so vorgenommen habe. So sind nun mal die Regeln.
    »Ich kann in Flugzeuge gucken!«, ruft er. »Komm gucken!«
    Es ist gar nicht so einfach, in einem Minikleid zu klettern. Das ganze Seilnetz schaukelt, und ich muss meine Schuhe von den Füßen kicken. Cal lacht mich aus. »Bis ganz oben!«, verlangt er. Es ist wirklich verdammt hoch, und irgendein Kind mit Pfannkuchengesicht rüttelt unten an den Seilen. Ich ziehe mich hoch, obwohl mir die Arme wehtun. Ich will in Flugzeuge reinschauen. Ich will dem Wind zusehen und Vögel in meiner Faust fangen.
    Ich schaffe es. Ich kann die Kirchturmspitze sehen und die Bäume am Rand vom Park und all die vielen Kastanienkapseln kurz vorm Platzen. Die Luft ist rein, und die Wolken sind so nah, als wäre ich auf einem ganz kleinen Berg. Ich gucke in lauter nach oben gewandte Gesichter runter.
    »Ganz schön hoch, was?«, sagt Cal.
    »Ja.«
    »Wollen wir als Nächstes auf die Schaukeln?«
    »Ja.«
    Ja zu allem, was du sagst, Cal, aber erst will ich noch spüren, wie die Luft um mein Gesicht weht. Ich will die Krümmung der Erde sehen, während wir uns langsam um die Sonne drehen.
    »Hab dir doch gesagt, dass es Spaß macht.« Vor guter Laune
strahlt Cal über das ganze Gesicht. »Komm, wir machen auch alles andere !«
    An den Schaukeln ist eine Schlange, also gehen wir zur Wippe. Ich bin immer noch schwerer als er, immer noch seine große Schwester, und kann meine Füße so in den Boden rammen, dass er hochfliegt und vor Lachen kreischt, während er unsanft auf den Allerwertesten zurückfällt. Er wird blaue Flecken kriegen, macht sich aber nichts draus. Ja sagen, einfach nur Ja sagen.
    Wir klappern alles ab – das Häuschen oben auf der Leiter im Sandkasten, in das wir uns grade mal so reinquetschen können. Das Motorrad an einer riesigen Wippfeder, das sich besoffen zur Seite neigt, als ich drauf sitze, sodass ich mir das Knie am Boden aufschürfte. Dann gibt es noch einen Holzbalken, auf dem wir Kunstturner spielen, eine Alphabetschlange zum Drüberlaufen, Hüpfkästchen und Kletterstangen. Anschließend wieder zurück zu den Schaukeln, wo eine Horde Mütter mit ihren Papiertaschentüchern und pausbackigen Babys die Köpfe über mich schütteln, als ich Cal die einzige freie unterm Hintern wegschnappe. Mein Kleid fliegt über die Schenkel hoch. Das bringt mich zum Lachen, und ich lehne mich weit zurück und schaukle noch höher. Vielleicht wird die Welt anders, wenn ich nur hoch genug schaukle.
    Ich sehe Zoey nicht kommen. Als Cal auf sie zeigt, lehnt sie am Gatter zum Spielplatz und beobachtet uns. Sie könnte schon ewig da stehen. Sie trägt ein nabelfreies Top und einen Rock, der ihren Po nur knapp bedeckt.
    »Morgen«, sagt sie, als wir zu ihr gehen. »Ich sehe, ihr habt ohne mich angefangen.«
    Ich spüre, wie ich rot werde. »Cal wollte, dass ich auf die Schaukel gehe.«
    »Und du musstest natürlich Ja sagen.«
    »Ja.«

    Nachdenklich sieht sie Cal an. »Wir gehen zum Markt«, eröffnet sie ihm. »Wir werden Sachen kaufen und über unsere Tage reden, das wird also echt langweilig für dich.«
    Mit dreckverschmiertem Gesicht schaut er verärgert zu ihr hoch. »Ich will zum Zauberladen.«
    »Gut, dann also ab mit dir. Bis später.«
    »Wir müssen ihn mitnehmen«, erkläre ich ihr. »Ich hab’s ihm versprochen.«
    Seufzend zieht sie ab, Cal und mich im Schlepptau.
    Zoey war das einzige Mädchen in der Schule, das keine Angst vor meiner Krankheit hatte. Sie ist immer noch der einzige mir bekannte Mensch, der die Straße langgeht, als ob es keine Raub überfälle und Messerstechereien gäbe, Busse nie auf Bürgersteige ausscherten und nirgends auf der Welt Epidemien ausbrächen. Mit ihr zusammen sein ist für mich so, als hätte mir wer gesagt, sie haben sich geirrt und nicht ich sterbe, sondern jemand anderes, es war alles ein Irrtum.
    »Wackel mit den Hüften«, ruft sie über die Schulter zurück. »Schwing den Arsch, Tessa!«
    Das ist ein sehr kurzes

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