Bevor ich sterbe
Sie’s?«
»Ja.«
Sie reicht mir eine Tüte und kratzt sich an ihrer schorfigen Nase, während ich etwas Geld zusammensuche. Ich gebe ihr einen Fünfpfundschein, worauf sie in ihrer Tasche wühlt und mir zwei Pfund herausgibt. »Wenn das kein Schnäppchen ist«, sagt sie.
Cal macht einen etwas ängstlichen Eindruck, als sie weggeht. »Warum hast du das gemacht?«
»Sei ruhig«, sage ich ihm, weil nirgends in den Regeln vorkommt, dass ich mich über das, was ich mache, freuen muss. Da ich jetzt nur noch zwölf Pfund übrig habe, frage ich mich, ob ich die Regeln so ändern kann, dass ich nur noch zu allem Ja sagen muss, was umsonst ist. Aus der Tüte trieft Blut auf meine Füße. Ich wüsste gern, ob ich alles behalten muss, was ich kaufe.
Zoey kommt wieder, sieht die Tüte und nimmt sie mir ab.
»Igitt, was ist denn da drin?« Sie linst rein. »Das sieht ja aus wie klein gehackter toter Hund!« Sie schmeißt den ganzen Scheiß in einen Mülleimer und dreht sich dann grinsend zu mir um. »Ich hab Scott gefunden. Er war doch da. Jake ist bei ihm. Komm schon.«
Während wir uns durch die Menge quetschen, erzählt mir Zoey, dass sie Scott ein paarmal getroffen hat, seit wir damals bei ihnen waren. Sie sieht mich nicht an, während sie mir das eröffnet.
»Warum hast du mir nichts davon gesagt?«
»Du warst über vier Wochen lang außer Gefecht! Jedenfalls hab ich gedacht, du wärst abgenervt.«
Was für ein Schock, die beiden Jungs bei Tageslicht zu sehen, wie sie hinter einem Stand stehen, wo Feuerzeuge und Toaster, Uhren und Wasserkessel verkauft werden. Sie sehen älter aus, als ich sie in Erinnerung habe.
Zoey geht nach hinten, um mit Scott zu reden. Jake nickt mir zu.
»Alles klar?«, fragt er.
»Jap.«
»Einkäufe erledigen?«
Er sieht anders aus – verschwitzt und ein wenig verlegen. Eine Frau stellt sich hinter mich, und Cal und ich müssen beiseitetreten, damit sie an den Stand kann. Sie kauft vier in Plastikfolie verpackte Batterien, die ein Pfund kosten. Jake packt sie ihr in eine Plastiktüte und lässt sich bezahlen. Sie geht.
»Möchtest du ein paar Batterien?«, fragt er. Er weicht meinem Blick ein wenig aus. »Brauchst nicht zu zahlen.«
Etwas daran, wie er das sagt – so als täte er mir einen Riesengefallen, als täte ich ihm leid, und er wollte mir zeigen, was für ein anständiger Kerl er ist -, verrät mir, dass er es weiß. Zoey hat es ihm gesagt. Ich sehe die Schuldgefühle und das Mitleid in seinem Blick. Er hat eine Sterbende gevögelt, und jetzt hat er
Angst. Ich könnte ansteckend sein; meine Krankheit hat seine Schulter gestreift und könnte ihm auflauern.
»Also, willst du welche?« Er wedelt mir mit einem Päckchen Batterien zu.
»Ja«, kommt aus meinem Mund. Mühsam schlucke ich die Enttäuschung dieses Wortes runter, während ich seine dämlichen Batterien nehme und in meine Handtasche stecke.
Cal versetzt mir einen festen Rippenstoß. »Können wir jetzt gehen?«
»Ja.«
Zoey hat Scott ihren Arm um die Taille gelegt. »Nein!«, verkündet sie. »Wir gehen mit zu ihnen. In einer halben Stunde haben sie Mittagspause.«
»Ich fahr mit Cal durch die Stadt.«
Zoey kommt lächelnd zu uns rüber. Sie sieht wunderhübsch aus, als ob Scott ihr eingeheizt hätte. »Musst du nicht Ja sagen?«
»Cal hat mich als Erster gefragt.«
Sie runzelt die Stirn. »Sie haben etwas Ketamin bei sich zu Hause. Alles ist vorbereitet. Cal kannst du mitnehmen, wenn du willst. Die haben bestimmt eine Beschäftigung für ihn, eine PlayStation oder so was.«
»Du hast es Jake gesagt.«
»Was?«
»Über mich.«
»Gar nicht.«
Sie wird rot und muss ihre Zigarette runterschnipsen und drauftreten, damit sie mich nicht anzusehen braucht.
Ich kann mir ganz genau vorstellen, wie sie es gemacht hat. Sie ist bei ihnen vorbeigegangen und hat sie eine Tüte bauen lassen und bestand auf dem ersten Zug, rauchte ausgiebig auf Lunge, während beide ihr zusahen. Dann ließ sie sich neben Scott nieder und fragte: »Erinnert ihr euch noch an Tess?«
Und dann hat sie es ihnen erzählt. Vielleicht hat sie sogar geweint. Ich könnte wetten, Scott hat sie in den Arm genommen. Wetten, Jake schnappte sich den Joint und nahm einen so tiefen Zug, dass er nicht mehr dran denken musste.
Ich packe Cals Hand und führe ihn weg. Weg von Zoey, weg vom Markt. Ich ziehe ihn die Treppe am Ende der Marktstände runter auf den Pfad, der am Kanalufer entlangführt.
»Wo gehen wir hin?«, quengelt er.
»Klappe.«
»Du
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