Bevor ich sterbe
das Brettchen, während der Toast gebräunt
wird. Ich weiß, dass zwischen meinem unteren T-Shirt-Rand und meinem Hosenbund Haut zu sehen ist. Ich weiß, dass mein Rückgrat in einer besonderen Kurve (die einzige Kurve, die mir geblieben ist) auf meinen Po trifft und dass sich diese Kurve, wenn ich mich in den Hüften wiege, Adam entgegenreckt.
Nachdem ich den Käse gerieben habe, lecke ich mir jeden Finger einzeln ab, sehr bewusst, was genau die Wirkung hat, die ich beabsichtige. Er kommt an und küsst mich im Nacken.
»Willst du wissen, was mir durch den Kopf geht?«, flüstert er.
»Sag’s mir.« Obwohl ich es schon weiß.
»Ich will dich.« Er dreht mich zu sich herum und küsst mich auf den Mund. »Und wie.«
Er redet, als wäre er im Griff einer unverständlichen Macht. Wie ich das mag. Ich drücke mich an ihn.
Und sage: »Willst du wissen, was ich will?«
»Sag’s schon.«
Er lächelt, denn er denkt, er wüsste, was jetzt kommt. Ich will nicht, dass sein Lächeln aufhört. »Dich.«
Die Wahrheit. Und doch auch wieder nicht.
Ich drehe das Gas ab, bevor wir raufgehen. Der Toast ist verkohlt. Der Geruch nach Verbranntem macht mich traurig.
In seinen Armen vergesse ich. Aber danach, als wir still beieinander liegen, fällt es mir wieder ein.
»Ich habe schlimme Albträume«, sage ich.
Er streichelt meine Hüfte, meinen Oberschenkel. Seine Hand ist warm und fest. »Erzähl sie mir.«
»Darin geh ich wohin.«
Und zwar gehe ich barfuss über Felder zu einem Ort am Ende der Welt. Ich klettere über Zäune und wandere durch hohes Gras. Jede Nacht gehe ich ein Stück weiter. Gestern kam ich in einen Wald – finster und nicht sehr groß. Auf der anderen Seite
war ein Fluss. Nebel hing über dem Wasser. Da waren keine Fische, und als ich rauswatete, schwappte der Schlamm zwischen meinen Zehen.
Adam streicht mir mit einem Finger über die Wange. Dann zieht er mich an sich und küsst mich. Auf die Wange. Aufs Kinn. Auf die andere Wange. Dann auf den Mund. Sehr sanft.
»Ich würde dich begleiten, wenn ich könnte.«
»Es ist sehr gruslig.«
Er nickt. »Ich bin sehr tapfer.«
Das weiß ich. Wie viele Leute würden überhaupt freiwillig hier neben mir liegen?
»Adam, ich muss dich was fragen.«
Er wartet. Sein Kopf neben meinem auf dem Kissen, sein Blick ruhig. Es ist schwer. Ich finde nicht die Worte. Die Bücher auf dem Bord scheinen seufzend mit den Seiten zu scharren.
Er setzt sich auf und reicht mir einen Stift. »Schreib’s an die Wand.«
Ich schaue mir an, was ich im Lauf der Monate da alles hingeschrieben habe. Sehnsuchtsgekritzel. Dem so vieles hinzuzufügen wäre. Ein gemeinsames Konto, mit ihm in der Badewanne singen, mir jahrelang sein Schnarchen anhören.
»Jetzt mach«, sagt er. »Bald muss ich los.«
Und diese Worte, mit einer Spitze der Außenwelt darin, wo man Dinge erledigen und an Orten sein muss, lösen mir die Hand.
Ich will, dass du zu mir ziehst. Ich will die Nächte. Das schreibe ich schnell und in ganz miserabler Schrift, damit er es vielleicht gar nicht lesen kann. Dann verstecke ich mich unter dem Federbett.
Kurze Pause.
»Ich kann nicht, Tess.«
Ich kämpfe mich wieder unter der Bettdecke vor. Sein Gesicht kann ich nicht sehen, nur einen Lichtschein, der sich in
seinen Augen spiegelt. Vielleicht scheinen dort Sterne. Oder der Mond.
»Weil du nicht willst?«
»Ich kann meine Mutter nicht alleinlassen.«
Wie ich seine Mutter hasse, mit ihren Falten auf der Stirn und um die Augen. Ich hasse ihren waidwunden Blick, wie verletzt sie aussieht. Sie hat ihren Mann verloren, mehr aber auch nicht.
»Kannst du nicht wiederkommen, wenn sie schläft?«
»Nein.«
»Hast du sie überhaupt je gefragt?«
Er steht ohne Körperkontakt aus dem Bett auf und zieht sich an. Ich wünschte, ich könnte ihm Krebszellen auf den Arsch schmieren. Dann könnte ich ihn von hier aus erreichen, und er wäre ewig mein. Ich würde den Teppich anheben und ihn unter den Fußboden zum Fundament dieses Hauses schleifen. Wir würden uns vor den Würmern lieben. Meine Finger kämen bis unter seine Haut.
»Ich werde bei dir spuken«, sage ich ihm. »Aber von innen. Jedes Mal, wenn du hustest, wirst du an mich denken müssen.«
»Geh mir nicht auf den Nerv«, sagt er.
Und dann geht er.
Ich schnappe mir meine Klamotten und gehe ihm nach. Er nimmt seine Jacke vom Treppengeländer. Ich höre, wie er durch die Küche und zur Hintertür rausgeht.
Als ich ihn einhole, steht er noch auf der Schwelle.
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