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Bevor ich sterbe

Bevor ich sterbe

Titel: Bevor ich sterbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Downham
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mitnehmen?«
    Er zuckte die Schultern, als wäre ihm das ganz egal. »In Sizilien werden sie dich auch nicht kriegen; die wissen ja nicht, wo du bist.«
    Morgen fliegen wir. Eine ganze Woche an der Sonne.
    Ich ärgere Zoey mit dem Katalog, fahre mit dem Finger den Strand aus schwarzem Vulkansand entlang, das von Bergen gesäumte Meer, die Cafés und Piazze. Auf manchen Fotos ragt der Ätna massiv im Hintergrund auf, entrückt und feurig.
    »Der Vulkan ist aktiv«, erzähle ich ihr. »Nachts fliegen die Funken, und wenn es regnet, legt sich eine Ascheschicht auf alles.«
    »Aber regnen wird’s ja wohl kaum, oder? Es müssen so um die dreißig Grad sein.« Klatschend schlägt sie den Katalog zu. »Ich kann’s nicht fassen, dass deine Mum ihr Ticket Adam geschenkt hat.«
    »Mein Dad kann’s auch nicht fassen.«
    Darüber denkt Zoey kurz nach. »Hattest du nicht auf deiner Liste, die beiden wieder zusammenzubringen?«
    »Nummer sieben.«
    »Das ist ja furchtbar.« Sie schmeißt den Katalog ins Gras. »Es macht mich traurig.«

    »Das sind die Hormone.«
    »So traurig, das glaubst du gar nicht.«
    »Jap, die Hormone.«
    Verloren starrt sie in den Himmel, ehe sie mir unmittelbar darauf ihr lächelndes Gesicht zuwendet. »Hab ich dir schon gesagt, dass ich in drei Wochen die Schlüssel abhole?«
    Über die Wohnung zu reden heitert sie immer auf. Ihr Antrag auf Wohngeld ist durchgekommen. Sie bekommt Gutscheine für Farbe und Tapeten, erzählt sie mir. Als sie mir die Wandmalerei beschreibt, die sie für ihr Schlafzimmer plant, und die Kacheln mit tropischen Fischen, die sie sich in ihrem Badezimmer wünscht, lebt sie richtig auf.
    Merkwürdig ist das, während sie redet, beginnt ihr Körper an den Rändern zu wabern. Ich versuche, mich auf ihre Küchenpläne zu konzentrieren, aber es ist, als steckte sie in einem Hitzeflimmern fest.
    »Alles in Ordnung mit dir?«, fragt sie. »Du hast wieder diesen grusligen Gesichtsausdruck.«
    Ich lehne mich vor, massiere mir die Kopfhaut, konzentriere mich auf den Schmerz hinter meinen Augen und versuche, ihn verschwinden zu lassen.
    »Soll ich deinen Dad holen?«
    »Nein.«
    »Ein Glas Wasser?«
    »Nein. Bleib hier. Ich bin gleich wieder da.«
    »Wo gehst du hin?«
    Ich kann Adam nicht sehen, aber hören. Er gräbt die Erde um, damit seine Mutter Blumen pflanzen kann, während wir weg sind. Ich höre, wie sein Stiefel auf den Spaten tritt und wie sich die feuchte Erde dagegenstemmt.
    Ich gehe durch die Zaunlücke. Alles, was wächst, flüstert – Knospen öffnen sich, zarte grüne Triebe dringen an die Luft.
    Er hat seinen Pulli ausgezogen, trägt nur ein Muscleshirt und
Jeans. Gestern war er beim Friseur, und die geschwungene Linie, in der sein Nacken in die Schultern übergeht, ist atemberaubend schön. Als er sieht, wie ich ihn beobachte, legt er grinsend den Spaten weg und kommt an.
    »Hey, du!«
    Ich schmiege mich an ihn und warte drauf, dass es mir besser geht. Er ist warm, seine salzige Haut riecht nach Sonne.
    »Ich liebe dich.«
    Stille. Schrecksekunde. Wollte ich das wirklich sagen?
    Er lächelt sein schiefes Lächeln. »Ich dich auch, Tess.«
    Ich lege ihm meine Hand auf den Mund. »Sag das nicht nur so dahin.«
    »Ich mein’s wirklich.« Sein Atem beschlägt meine Finger. Er küsst meine Handfläche.
    Ich verschließe das alles in meinem Herzen – wie er sich unter meinen Fingern anfühlt, auf meinen Lippen schmeckt. Das werde ich brauchen, wie Glücksbringer, um eine grausige Reise zu überstehen.
    Mit einem Finger fährt er über meine Wange, von der Schläfe zum Kinn, dann über meine Lippen. »Alles in Ordnung mit dir?«
    Ich nicke.
    Ein wenig verwundert schaut er auf mich herab. »Du kommst mir so still vor. Soll ich zu dir rüberkommen, wenn ich fertig bin? Wir können mit dem Motorrad rausfahren, wenn du willst, uns für die nächste Woche von dem Hügel verabschieden.«
    Ich nicke wieder. Ja.
    Er gibt mir einen Abschiedskuss. Der nach Butter schmeckt.
    Als ich durch die Lücke zurückschlüpfe, halte ich mich am Zaun fest. Ein Vogel singt ein verschlungenes Lied, und Dad steht in der Hintertür, eine Ananas in der Hand. Das sind gute Zeichen. Ich habe nichts zu fürchten.
    Ich gehe zu meinem Liegestuhl zurück. Zoey stellt sich schlafend,
linst aber aus einem Auge, als ich mich setze. »Ich möchte mal wissen, ob du auch auf ihn stehen würdest, wenn du nicht krank wärst.«
    »Ja.«
    »Er sieht nicht so gut aus wie Jake.«
    »Ist aber viel netter.«
    »Wetten,

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