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Bevor ich sterbe

Bevor ich sterbe

Titel: Bevor ich sterbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Downham
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meine Knöchel bis in die Waden hochfließt, als ich an Adams Tür klopfe.
    Sally öffnet einen Spaltbreit und späht zu mir raus. Mich erfasst Zuneigung zu ihr.
    »Ist Adam da?«
    »Solltest du nicht im Krankenhaus sein?«
    »Nicht mehr.«
    Sie schaut verwirrt drein. »Er hat nicht gesagt, dass sie dich entlassen.«
    »Es ist eine Überraschung.«
    »Noch eine?« Seufzend macht sie die Tür etwas weiter auf und schaut auf ihre Armbanduhr. »Er kommt nicht vor fünf wieder.«
    »Fünf?«
    Stirnrunzelnd sieht sie mich an. »Alles in Ordnung?«
    Nein. Fünf ist zu spät. Dann bin ich womöglich wieder völlig anämisch.
    »Wo ist er?«

    »Mit dem Zug nach Nottingham gefahren. Sie haben ihn zum Vorstellungsgespräch geladen.«
    »Wozu?«
    »Die Uni. Er will im September anfangen.«
    Der Garten dreht sich.
    »Du siehst genauso überrascht aus, wie ich es war.«
    Ich bin in dem Krankenhausbett in seinen Armen eingeschlafen. »Fass mich an«, hab ich gesagt, und er hat es gemacht. »Ich liebe dich«, hat er gesagt. »Wag es ja nicht, das Gegenteil zu behaupten.«
    Es fängt zu regnen an, als ich den Pfad zum Gartentor zurückgehe. Ein feiner Silberregen, wie fallende Spinnweben.

FÜNFUNDDREISSIG
    I ch zerre mein Seidenkleid vom Bügel und schneide gleich unter der Taille ein klaffendes Loch rein. Die Schere ist scharf, geht so leicht durch wie ein Messer durch Butter. Meinem blauen Wickelkleid verpasse ich einen schrägen Schnitt quer über die Brust. Wie zwei kranke Freunde lege ich die beiden nebeneinander aufs Bett und streichle sie.
    Es hilft nichts.
    Die dämliche Jeans, die ich mit Cal gekauft habe, hat mir sowieso nie gepasst, also hacke ich die Beine an den Knien ab. Ich trenne die Taschen aller meiner Jogginghosen auf, schlitze Löcher in meine Sweatshirts und pfeffere alles zusammen neben die Kleider.
    Es dauert ewig, meine Stiefel zu erstechen. Meine Arme tun weh, und ich schnaufe. Aber ich habe heute früh eine Transfusion bekommen, heiß fließt fremdes Blut durch meine Adern, deshalb höre ich nicht auf. Ich schlitze jeden Stiefel einmal längs auf. Zwei anklagende Wunden.
    Ich will leer sein. Ich will wo leben, wo es übersichtlich ist.
    Ich mache das Fenster auf und werfe die Stiefel raus. Sie landen auf dem Rasen.
    Der Himmel ist wolkenverhangen, grau und tief. Feiner Nieselregen fällt. Der Schuppen ist nass. Das Gras auch. Der Grill rostet auf seinen Rädern vor sich hin.
    Ich zerre alle meine übrigen Klamotten aus dem Schrank. Meine Lunge pfeift, aber ich höre nicht auf. Knöpfe springen
quer durchs Zimmer, während ich meine Jacken aufschlitze. Ich zerfetze meine Pullis, zerstöre jede einzelne Hose. Ich stelle meine Schuhe auf dem Fensterbrett auf und schneide ihre Laschen ab.
    Das ist gut. Ich fühle mich lebendig.
    Ich raffe die Kleider vom Bett auf und schubse sie mit den Schuhen raus. Zusammen taumeln sie auf die Terrasse und bleiben da im Regen liegen.
    Ich überprüfe mein Handy. Keine Nachrichten. Keine Anrufe in Abwesenheit.
    Ich kann mein Zimmer nicht ab. Alles darin erinnert mich an was anderes. Das Porzellanschälchen aus St. Ives. Der braune Tonkrug, in dem Mum immer Kekse aufbewahrt hat. Der schlafende Hund mit seinem leblosen Hausschuh, der auf dem Kaminsims meiner Oma gelegen hat. Mein grüner Glasapfel. Alle landen auf dem Rasen, bis auf den Hund, der am Zaun zerschellt.
    Bücher fallen auf, als ich sie rausschmeiße. Ihre Seiten schlagen wie die Flügel exotischer Vögel, reißen und flattern. CDs und DVDs wie Frisbees über den Nachbarzaun. Adam kann sie seinen neuen Freunden an der Uni vorspielen, wenn ich tot bin.
    Bettdecke, Laken, Decken, alles raus. Medizinfläschchen und Schachteln aus meinem Nachttisch, Spritzenpumpe, Linola-Tube, Hautöl. Mein Schmuckkästchen.
    Ich zersteche meinen Sitzsack, dekoriere den Fußboden mit Styroporkügelchen und schleudere den leeren Sack in den Regen raus. Der Garten kriegt was zu tun. Da wird einiges wachsen. Hosenbäume. Buchranken. Später schmeiß ich mich selber raus und schlage Wurzeln in diesem dunklen Stück Boden am Schuppen.
    Immer noch keine Nachricht von Adam. Ich schleudere mein Telefon über seinen Zaun.
    Der Fernseher ist schwer wie ein Auto. Er macht mir Rückenschmerzen.
Meine Beine brennen davon. Ich zerre und hebe ihn über den Teppich, bis ich keine Luft mehr kriege und aufhören muss. Das Zimmer kippelt. Atme. Atme. Du schaffst es. Alles muss raus.
    Aufs Fensterbrett mit dem Fernseher.
    Und raus.
    Mit Getöse explodiert

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