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Bevor ich sterbe

Bevor ich sterbe

Titel: Bevor ich sterbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Downham
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Sondern nur darum, dass ich einen Tropf am Arm und Tage meines Lebens an ein Krankenhausbett verloren habe. Auf einmal ist sonnenklar, was wirklich zählt.
    »Meine beste Freundin bekommt in zwei Monaten ein Kind, und ich muss wissen, ob ich dann noch da sein werde.«
    Er schlägt die Beine übereinander und öffnet sie sofort wieder. Ein bisschen tut er mir leid. Ärzte werden kaum auf den Tod vorbereitet.
    »Wenn ich übertrieben optimistisch bin, wirst du enttäuscht sein. Eine pessimistische Prognose hilft dir genauso wenig.«
    »Das macht mir nichts. Sie haben mehr Ahnung als ich. Bitte, James.«
    Die Krankenschwestern dürfen die Ärzte nicht mit Vornamen anreden, und normalerweise würde ich mich das nie trauen. Aber etwas hat sich verschoben. Das hier ist mein Tod, und bestimmte Dinge muss ich einfach wissen.
    »Ich werde Sie nicht verklagen, wenn Sie falschliegen.«
    Er zeigt mir ein grimmiges kleines Lächeln. »Obwohl wir deine Infektion heilen konnten und es dir offensichtlich viel besser geht, hat sich dein Blutbild nicht unseren Erwartungen entsprechend gebessert, deshalb haben wir ein paar Tests gemacht. Wenn dein Vater wieder da ist, können wir die Ergebnisse gemeinsam besprechen.«

    »Hat der Krebs weiter gestreut?«
    »Du und ich, wir beide kennen uns nicht besonders gut, Tessa. Möchtest du nicht lieber auf deinen Vater warten?«
    »Sagen Sie es mir einfach.«
    Er seufzt sehr schwer, als könnte er selbst nicht recht glauben, dass er drauf und dran ist nachzugeben. »Ja, wir haben Metastasen in deinem peripheren Blut festgestellt. Es tut mir sehr leid.«
    Das ist es also. Der Krebs durchwuchert mich, mein Immunsystem ist hinüber, und sie können nichts mehr für mich tun. Zur Kontrolle wurden bei mir wöchentlich Blutuntersuchungen gemacht. Und jetzt ist es so weit.
    Ich habe immer gedacht, die Gewissheit zu erhalten würde wie ein Schlag in die Magengrube sein – ein heftiger Schlag, gefolgt von dumpfem Schmerz. Aber es fühlt sich überhaupt nicht dumpf an. Sondern scharf. Mein Herz rast, pumpt Adrenalin durch meine Adern. Ich bin vollkommen konzentriert.
    »Weiß mein Dad es schon?«
    Er nickt. »Wir wollten es dir zusammen sagen.«
    »Welche Alternativen habe ich?«
    »Dein Immunsystem funktioniert nicht mehr, Tessa. Deine Möglichkeiten sind begrenzt. Wir können dich mit Blut und Thrombozyten versorgen, wenn du willst, aber die Wirkung wird vermutlich begrenzt sein. Wenn du schon kurz nach einer Transfusion anämisch würdest, müssten wir damit aufhören.«
    »Was dann?«
    »Dann würden wir alles tun, was in unserer Macht steht, um es dir angenehm zu machen, und dich in Ruhe und Frieden lassen.«
    »Tägliche Transfusionen sind nicht möglich?«
    »Nein.«
    »Weitere acht Wochen sind dann also nicht drin, oder?«
    Dr. Wilson sieht mir in die Augen. »Nur mit sehr viel Glück.«
Ich weiß, dass ich wie ein mit Frischhaltefolie umwickelter Haufen Knochen aussehe. Ich sehe den Schock in Adams Augen.
    »Ziemlich verändert, was?«
    Er beugt sich herab und küsst mich auf die Wange. »Du bist wunderschön.«
    Aber ich glaube, genau davor hatte er immer Angst – Interesse heucheln zu müssen, wenn ich hässlich und nutzlos geworden bin.
    Er hat mir Tulpen aus dem Garten mitgebracht. Ich stecke sie in den Wasserkrug, während er sich meine Gute-Besserungs-Karten ansieht. Eine Zeit lang reden wir über Belanglosigkeiten – wie gut sich die Pflanzen machen, die er im Gartencenter gekauft hat, wie seine Mutter das Wetter genießt, seit sie öfter draußen ist. Er guckt aus dem Fenster, macht einen Witz über den Blick auf den Parkplatz.
    »Adam, ich will, dass du echt bist.«
    Er runzelt die Stirn, als verstünde er nicht.
    »Du sollst kein Interesse heucheln. Ich brauch dich nicht als Betäubungsmittel.«
    »Was soll das heißen?«
    »Ich will keinen Heuchler.«
    »Ich bin keiner.«
    »Ich mach dir keine Vorwürfe. Du hast nicht gewusst, dass ich dermaßen krank werden würde. Und es wird nur immer schlimmer.«
    Das lässt er sich kurz durch den Kopf gehen, ehe er seine Schuhe auszieht.
    »Was machst du?«
    »Echt sein.«
    Er zieht die Decke zurück und steigt neben mich ins Bett, nimmt mich in seine Arme und hält mich fest.
    »Ich liebe dich«, flüstert er aufgebracht in meinen Nacken. »Es tut mehr weh als irgend sonst was je zuvor, aber so ist es nun
mal. Also wag es ja nicht, das Gegenteil zu behaupten. Mach das nie wieder!«
    Ich stemme meine Handfläche gegen sein Gesicht, und er

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