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Bevor ich verbrenne

Bevor ich verbrenne

Titel: Bevor ich verbrenne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gaute Heivoll
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verhaftet. Sofort riefen alle möglichen Zeitungen an. Knut Koland saß ruhig am Telefon und beantwortete alle Anfragen. Sehr viel hatte er nicht zu sagen. Es wäre noch zu früh. Wer war er? Wer ist der Pyromane? Ein junger Mann aus dem Ort, antwortete er. Mehr nicht. Der Junge würde die drei Meilen bis Kristiansand gebracht und aufgrund des so genannten Mordbrandparagraphen am kommenden Tag dem Untersuchungsrichter vorgeführt. Er nannte ihn die ganze Zeit nur den Jungen. Mehr hatte er nicht zu sagen. Eigentlich nur drei Worte.
    Er ist gefasst .
    Kurz nach halb eins kam der Wagen, der ihn zum Kreisgefängnis von Kristiansand bringen sollte. Zwei Beamte erschienen im Saal des Herrenhauses, der eine nickte kurz, dann stand Dag langsam auf und folgte ihnen in die Nacht. Es war kühl, so wie in den letzten Nächten; er konnte das Haus von Else und Alfred am Ende der Wiese sehen, alle Fenster waren erleuchtet, der alte Laden an der Kreuzung war dunkel und ruhig, ebenso das Bethaus. Die Beamten öffneten die hintere Tür des Polizeiwagens, einer legte ihm die Hand auf den Kopf und schob ihn vorsichtig, aber bestimmt hinein. Als Letztes sah er den Nebel, der auch in dieser Nacht aus dem Nirgendwo gekommen war und merkwürdig weiß, sauber und unberührt einige Meter über dem Boden hing.

V
    Der Bezirksobmann Knut Koland wurde in der Sonntagsausgabe des Fædrelandsvennen interviewt, also am 7 . Juni 1978. Er teilte mit, dass der Pyromane aus Finsland für zwölf Wochen im Untersuchungsgefängnis bleiben würde. Um wen es sich handelt, steht dort nicht. Dass er der einzige Sohn des Brandmeisters ist.
    In derselben Zeitung, ganz unten auf der Titelseite, findet sich eine kurze Notiz über den Motorradunfall: Junger Mann noch immer bewusstlos .
    Koland erklärt in dem Interview, er habe die letzten drei Tage nicht geschlafen und sei froh, dass alles überstanden ist. Gleichzeitig betont er die große menschliche Tragödie, die hinter all den Geschehnissen liegt: »Es ist sehr traurig, das Ganze.«
    In gewisser Weise beginnt alles erst jetzt.
    Am selben Tag wurde am frühen Vormittag in Skinnsnes ein Auto angelassen. Ein dunkelroter Ford Granada. Die Stoßstange war ein wenig eingedrückt, Reste von Erde und Borke hingen an dem abgeplatzten Lack gleich über dem Ford-Emblem, einer der Scheinwerfer saß schief. Ingemann fuhr, Alma saß neben ihm. Beide schwiegen. Ganz still hielt sie ihre Tasche im Arm und hatte die Hände auf das Schloss gelegt, als hätte sie Angst, jemand könnte sie ihr nehmen. Der Wagen bog links ab und fuhr an dem aufgegebenen Gebäude der Handelsgesellschaft mit dem leeren Balkon und der nackten Fahnenstange vorbe i – so sah es seit Menschengedenken aus. Sie kamen den Hügel hinunter, zum Bethaus und zum Herrenhaus, das jetzt vollkommen leer und ruhig dastand. Sie fuhren langsam durch die Kurven vor Fjeldsgårdsletta, dann gab er Gas und ließ die Autowerkstatt am Ende der Ebene hinter sich, und schon bald sahen sie den Livannet, der vor ihnen lag, wie er es immer getan hatte; munter glitzerte er in der Sonne, nur am Ufer stand das Wasser schwarz und ruhig. Vor Kaddebergs Laden hielten sie im Schatten, stiegen aus und gingen die fünf Stufen der von zwei Seiten begehbaren Treppe hinauf. Sie betraten den kühlen Laden, in dem Kaddeberg selbst hinterm Tresen stand, wie immer hatte er einen Bleistift hinters Ohr gesteckt. Er nickte verhalten, aber freundlich, und Ingemann nickte zurück. Es gab keine weiteren Kunden im Laden, und Kaddeberg ließ sie in Ruhe. Sie wollten lediglich eine einzige Karte, vielleicht mit einem Blumenmotiv. Alma fand eine in dem kleinen Ständer direkt neben der Kasse. Es war eine einfache Karte, unliniert und mit dem Bild einer geschlossenen Rose auf der Vorderseite. Sie gab sie Ingemann und ging ruhig hinaus zum Auto, während er bezahlte. Bevor sie fuhren, schrieb sie: Unser Mitgefühl . Darunter ihre beiden Namen. Alma . Ingemann . Das war alles. Dann brachen sie auf. Der Wagen kroch langsam über die Hügel, am Postamt vorbei. Alma sah hinunter auf den Livannet, der in der Vormittagsbrise glitzerte und zu beben schien. Es war ein strahlender Sommertag. Es würde warm werden. Die Sonne stand bereits hoch am Himmel, und sie spürte, dass sie am Rücken schwitzte. Sie ließen das hellgrüne Haus von Konrad hinter sich, dann kamen sie an die Abzweigung nach Vatneli, und als sie auf dem Kamm des Hügels angelangt waren, bogen sie rechts ab auf den Hof eines kleinen Hauses, von

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