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Bevor ich verbrenne

Bevor ich verbrenne

Titel: Bevor ich verbrenne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gaute Heivoll
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vor, die neuen, harten Schuhsohlen knirschten bei jedem Schritt auf dem groben Untergrund. Wieder blieb er stehen und schaute nur. Er hatte das Gefühl, durch alles hindurchzusehen. Und das tat er in gewisser Hinsicht ja auch. Er sah durch das Wohnzimmer, den Flur, die Treppe und die Küche. Vorsichtig ging er in den Garten, näherte sich der mit verkohlten Holzplanken, Asche und zerbrochenem Glas übersäten Treppe. Dort setzte er sich. Lange saß er auf der Treppe vor seinem Haus, das jetzt aus reiner Luft bestand. Er dachte an nichts. Auf dem Gras lag Tau, über dem Livannet hing Nebel, wie in der Nacht, als es gebrannt hatte. Dann bemerkte er eine undeutliche Gestalt. Er ahnte sofort, um wen es sich handelte. Langsam und vorsichtig erhob er sich und bürstete sich Asche und Glasscherben vom Hosenboden, als die Gestalt in den Garten kam und auf den Stumpf zuging, der vom Kirschbaum übrig geblieben war. Olav stand auf der untersten Treppenstufe, doch die Gestalt kam nicht näher. Regungslos standen sie sich gegenüber und sahen sich an, niemand sagte etwas. Was sollten sie auch sagen? Es war doch über zwanzig Jahre her. Nach vielleicht zwei, drei Minuten begann die Gestalt zu verschwimmen, sie löste sich auf und wurde schließlich eins mit der Nachtluft. Olav blieb noch einige Minuten auf der untersten Treppenstufe stehen und wartete, aber nichts geschah. Schließlich ging er zum Holzschuppen. Er war kaum beschädigt. Er öffnete die Tür und trat ein. Nach all dem Wasser, das man darauf gespritzt hatte, roch es faulig und feucht. Der Boden schmatzte unter seinen Schuhen, es war vollkommen dunkel und er befand sich für einen Moment im Bauch eines Wals. Trotzdem wusste er genau, wo es stand. Die Klingel klang munter, als er das Fahrrad aus irgendwelchem Abfall zog, der sich in den Speichen verfangen hatte. Dann kam es plötzlich frei und ließ sich hinausrollen. Das Fahrrad war so weit in Ordnung, nur etwas verstaubt und angerostet, allerdings waren beide Reifen platt. Er lehnte es gegen die Wand des Holzschuppens, oft hatte es so dagestanden, wenn Kåre sich an den Küchentisch setzte, um Hausaufgaben zu mache n – bereit, den Hügel nach Kilen hinunterzusausen. Er probierte die Klingel, sie klang genauso klar und rein wie damals. Jetzt könnte er kommen und es sich nehmen, wenn er es bräuchte, dachte er. Die platten Reifen wären egal. Denn brauchte jemand Luft in den Reifen, der selbst aus Luft bestand?

IV
    Die Dunkelheit lag auf den Fenstern des Herrenhaussaals und ließ sie zu großen trüben Spiegeln werden. Alle, die sich im Raum befanden, konnten irgendwann aufblicken und ein weißes undeutliches Gesicht erkennen, das gleichzeitig von der anderen Seite des Zimmers aufschaute; sie konnten einen Moment sitzen bleiben und auf dieses Gesicht starren, das ebenso aufmerksam zurückstarrte, bevor man es realisierte: Das bin ja ich.
    Das Verhör hatte mehrere Stunden gedauert. Der Verschluss des Benzinkanisters wurde geholt und vor ihn auf den Tisch gelegt. Der Verschluss war weiß lackiert und an der Seite stand mit schwarzen, etwas zittrigen Buchstaben FB. Er verzog keine Miene. Weißt du, was das ist? , wurde er gefragt. Ja, antwortete er. Und weißt du auch, wo es gefunden wurde? Nein, sagte er. Eine Pause entstand. Auf der Straße fuhr ein Auto vorbei. Er beugte sich vor und trank einen Schluck. Weißt du, wer es gefunden hat? Diesmal antwortete er nicht, er zuckte nur gleichgültig die Achseln. Irgendetwas passierte mit seinem Gesicht, seine Züge verhärteten sich. Als wollten sie aufplatzen, aber es passierte nichts. Sie wurden nur immer härter.
    Und dann.
    Dein Vater. Dein Vater hat ihn gefunden.
    Von nun an ging alles sehr schnell.
    23:1 7 Uhr. Um diese Uhrzeit stand das Geständnis fest. Der Verdächtige gesteht . 23:2 5 Uhr, vorläufiges Ende des Verhörs. Die Erklärung wird verlesen und von dem Verdächtigen beglaubigt. Ein Polizeiwagen wird angefordert, ein Gefangenentransport ins Kreisgefängnis von Kristiansand. Plötzlich herrschte Aufbruchstimmung im Herrenhaussaal. Sie gingen hinaus an die frische Luft. Dag war dabei, doch diesmal hatte man ihm Handschellen angelegt, und er bekam keine weitere Zigarette. Die Presseagentur NTB wurde informiert. Gegen Mitternacht kam die kurze Meldung in der letzten Nachrichtensendung des Fernsehens. Der Brandstifter, der in der letzten Zeit Panik und Schrecken in der kleinen Gemeinde Finsland in Vest-Agder verbreitet hat, wurde am Abend von der Polizei

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