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Bevor ich verbrenne

Bevor ich verbrenne

Titel: Bevor ich verbrenne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gaute Heivoll
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näher heran. Es war ein altes Haus, so viel sah man sogar im Dunkeln. Und es war groß. Es stand auf einer massiven Grundmauer, mit kleinen Fenstern zum Keller. Aus dem hohen Gras ragte eine Treppe mit Geländer. Zwischen dem Haus und der Scheune stand ein Trecker, die Scheune selbst war groß, schmal und sehr dunkel. Das war alles. Er ging eine kleine Senke hinunter, zur Rückseite der Scheune. Unter dem Gebäude befand sich ein offener Raum, Hunderte von Heckenpfosten und anderer alter Schrott stapelten sich dort in der Dunkelheit.
    Er lief zurück zum Auto und holte den Kanister, der im Kofferraum lag und weiß schimmerte. Er ließ sich leicht tragen, da er nur halb voll war. Als er die Rückseite der Scheune wieder erreichte, stellte er den Kanister einen Moment im Gras ab. Auf der Rückseite hatte er eine Tür entdeckt, und als er sie überprüfte, erwies sie sich als unverschlossen. Er trat in einen tiefschwarzen Raum mit Holzboden. Es war unmöglich, irgendetwas zu erkennen, obwohl er lange stehenblieb, damit seine Augen sich an die Dunkelheit gewöhnten. Dann zündete er ein Streichholz an. Der Raum flammte auf. Er war vollkommen leer. Eine niedrige Decke. Ein wenig altes Heu auf dem Boden, zwei der Wände gehörten zur Grundmauer. Es roch feucht und verfault, nach Tieren. Dann erlosch das Streichholz. Der Verschluss des Jerry-Kanisters hatte sich verklemmt, nach ein paar Versuchen ließ er sich schließlich öffnen. Er sah nicht, wohin er goss, aber er hörte, wie das Benzin auf die Bodenplanken platschte. Als er fertig war, trat er hinaus in die dunkle Nacht, stellte den Kanister auf die Erde und wischte sich gründlich die Hände ab, bevor er sich wieder der Scheune zuwandte. Die Nacht hatte jetzt ihren schwärzesten Punkt erreicht, bald würde das Licht langsam am Himmel erwachen, dann würden auch die Vögel anfangen zu singen, obwohl es noch Nacht war. Er hörte seine eigenen flüsternden Schritte im hohen Gras. Seine Beine waren nass geworden, und als er vor der Tür stand und die Streichholzschachtel herauszog, konnte er nur bis zu seinen Händen sehen. Er zählte langsam und lautlos, riss ein Streichholz an. Die Flamme wurde sofort ausgeblasen. Ebenso bei dem zweiten Streichholz. Er musste sie selbst ausgepustet haben, denn es war vollkommen windstill. Er fluchte mit zusammengebissenen Zähnen. Strich drei Stück auf einmal an. Und entzündete eine ordentliche Flamme, die aus seiner Hand aufstieg. Er trat zwei Schritt zurück, öffnete die Tür so weit es ging und warf die Streichhölzer hinein. Dann schlug er die Tür zu und zog sich ein ganzes Stück zurück. Er hatte nie geglaubt, dass es so schnell gehen konnte. Der kleine Raum explodierte. Erst blieb es einen Moment still, dann wurde irgendwo in der Scheune ein ferner Lärm lauter und lauter. Nach vielleicht zwei, drei Minuten quoll Rauch aus der morschen Außenfassade, und einige Minuten später schlugen die ersten gelben Flammenzungen aus dem Dach. Langsam wurde es heller um ihn. Er sah das Auto, das an der Straße stand, und den dichten Wald, der ihn umgab; die nächsten Bäume erschienen mit ihren ausgestreckten Ästen in diesem unwirklichen Licht geradezu überdeutlich. Sein Gesicht war weiß und glatt. Das Alter schien wie ausgewischt. Die Augen glänzten. Die Pupillen waren schwarz. Ein unsichtbarer Wind kam von der alten Scheune. Er spürte ihn wieder. Das Haar wehte aus der Stirn. Das erste Mal hatte er diesen Wind gespürt, als er allein im Baum gesessen hatte. Als der Hund in der Küche noch lebte und die Hitze ihm in Wellen entgegenschlug. Dieser Wind war eiskalt und brennend heiß zugleich. Das Wimmern und der singende Ton kamen erst sehr viel später. Kurz bevor alles zusammenbrach. Er würde es schaffen, bis dahin wieder hier zu sein.
    Er riss sich los, rannte mit dem Benzinkanister zum Auto und fuhr los, ohne noch einmal in den Spiegel zu sehen. Bis Løbakke blieben die Scheinwerfer ausgeschaltet. Dort hielt er, stieg aus dem Wagen und schaute zurück. Noch war der Himmel über dem Homevannet dunkel. Nicht ein Laut. Nicht ein Windhauch. Einige Meter vor ihm stand ein alter Stall, direkt am Rand einer Weide. In der Dunkelheit kam er ihm fast vollkommen schwarz vor, sicher war er seit dem Krieg nicht mehr gestrichen worden. Er lief zum Auto und holte den Kanister. Ein brauchbarer Rest war noch darin. Viel gehörte ja auch nicht dazu, entscheidend war, wo das Feuer begann. Er brach eine Tür an der Rückseite auf und betrat einen

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