Bevor ich verbrenne
weiß nicht genau, wofür ich mich entschied, oder warum. Ich wusste nur, wie es geschehen sollte.
Nach vielleicht einer Viertelstunde in der Sonne, mit dem See vor uns und Krag im Rücken, schob ich ihn zurück zum Auto. Wir fuhren die knapp zehn Kilometer zurück zum Pflegeheim in Nodeland, das Radio lief leise. Wir sprachen nicht mehr über das Examen, die Zukunft oder sonst etwas. Ich spürte nur, dass er ruhiger war, dass er seine Ruhe gefunden hatte.
Ich schob meinen Vater über den Parkplatz, in dem Springbrunnen spielten kleine Vögel, dass das Wasser spritzte. Als wir näher kamen, flogen sie auf, blieben in den Bäumen sitzen und warteten, bis wir verschwunden waren. Lautlos glitten wir durch die Türen und über den glatten Linoleumfußboden. Vor seinem Zimmer hing ein handgeschriebener Zettel mit seinem Namen, er war mit einem Stück Klebeband befestigt und flatterte jedes Mal, wenn jemand das Zimmer betrat oder verließ. Er konnte jeden Moment abfallen oder ganz leicht abgerissen und durch einen anderen Namen ersetzt werden, und so war es vermutlich auch gedacht.
Mein Vater war nach dem Ausflug müde und erschöpft. Ich musste mich hinter ihn stellen und ihm unter die Arme greifen, als er versuchte aufzustehen. Ich erschrak, als ich spürte, wie leicht er war. Als würde ich so gut wie nichts heben. Ich spürte die hervortretenden Rippen unter der Olympia-Jacke und bugsierte ihn aufs Bett, dort ließ er sich aufs Kissen sinken und schloss die Augen. Ich hatte ihn belogen; das Letzte, was ich getan hatte, war, meinen Vater zu belügen, und diese Lüge hatte ihn beruhigt. Jetzt lag er reglos da, nur die großen Augäpfel bewegten sich. Er lag in dieser viel zu großen Jacke ausgestreckt auf dem Bett, den Reißverschluss hatte er heruntergezogen, und ich sah den roten Jogginganzug, auf dem der weiße Puma auf der Brust zum Sprung ansetzte, direkt in die Luft. Als würde er schweben, der ganze Körper lag ausgestreckt in der Luft; er hatte sich vom Schanzentisch abgestoßen und beugte sich vornübe r – und er schwebte, er hatte das Brausen der Luft und der Dunkelheit im Gesicht.
V
Am Samstagnachmittag, den 3 . Juni 1978 wurde das Herrenhaus in Brandsvoll zur Leitstelle der Polizei. Es wurden Polizisten aus Søgne, Marnardal, Audnedal und Vennesla zusammengezogen, dazu kamen der Bezirksobmann Knut Koland und zwei Techniker aus Kristiansand, insgesamt rund fünfundzwanzig Personen. Aus dem Keller mussten zusätzliche Tische und Stühle hinaufgeschafft werden, sie wurden in dem alten hochherrschaftlichen Saal aufgestellt. Darin stand ein großer gusseiserner Ofen, in dessen Eisensockel ein schwarzer Elch geprägt war. Die Bilder der ehemals führenden Männer des Ortes hingen zwischen den beiden Türen an der Nordwand.
Man hatte so gut wie keine Spuren, denen man nachgehen konnte. Am konkretesten waren die Beschreibungen von zwei Autos. Es ging um einen dunklen Volkswagen Käfer (angeblich), bei dem anderen handelte es sich um einen größeren amerikanisch aussehenden Wagen (möglicherweise einen Ford Granada).
Beide Autos waren zur fraglichen Zeit in der Gegend beobachtet worden. Zwei Autos. Das war im Grunde alles.
Samstagmorgen waren alle, die im westlichen Teil der Gemeinde wohnten, ohne Telefon aufgewacht. Wie sich herausstellte, war das Telefonkabel verschmort, direkt bei Hans Aaslands Scheune in Lauvslandsmoen, dem siebten Brand. Als die Flammen ausschlugen und die Hitze zunahm, war das Telefonkabel geschmolzen und zu Boden gefallen. Reines Glück, dass noch angerufen und gewarnt werden konnte, bevor das Kabel riss und die Telefone verstummten. Samstagnachmittag erschien die Telefongesellschaft und besserte den Schaden aus. Zwei Männern hingen an den Masten und verlegten ein neues Kabel über der schwarzen Brandstelle.
Um fünf Uhr hatten alle ihren Summton zurück.
Man verständigte sich auf einen organisierten Wachdienst. Diejenigen, die ein Auto besaßen, trafen sich auf dem Platz zwischen dem Bethaus und dem Herrenhaus von Brandsvoll, dann wurde verabredet, wer wohin fuhr. Sie konzentrierten sich vor allem auf die weit abgelegenen Höfe und die unbewohnten Gebäude. Vermutlich würde der Pyromane am ehesten dort zuschlagen. Man fuhr umher und behielt die Häuser im Auge. Hin und wieder hielten die Männer, gingen eine Runde ums Haus und die Scheune, suchten nach verdächtigen Spuren und sperrten die Ohren auf, ohne eigentlich zu wissen, wonach man suchte oder horchte.
Dag beteiligte
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