Bewahre meinen Traum
grinste Jenny an. „Sie sieht wütend aus.“ Der Hund ließ sich zu ihren Füßen auf die Erde fallen und rollte sich für ein Schläfchen zusammen.
„Sie ist wütend. Sie wollte es für sich behalten, bis sie entschieden hat, ob es nur eine kurzfristige Affäre oder was Ernstes ist. Und jetzt ist sie wütend, weil wir ihr Geheimnis erraten haben.“
„ Du hast es erraten, Miss Superschlau. Erinnere mich daran, mich von dir fernzuhalten, wenn ich ein Geheimnis habe.“ Trotz ihrer Worte schaute Olivia Jenny mit offener Zuneigung an. Ab und zu sah Nina die Familienähnlichkeit zwischen ihnen und wurde daran erinnert, dass sie beide die Töchter von Philip Bellamy waren. Und im Moment steckten sie unter einer Decke und waren ihre Feinde.
„Können wir bitte nicht darüber reden?“, fragte sie.
„Wo bleibt denn da der Spaß?“, fragte Jenny.
„Es geht nicht um Spaß. Es geht um … Gott, ich weiß nicht, worum es geht.“
„Natürlich weißt du das – endlich,“ widersprach Jenny. „Du hast schon seit ewigen Zeiten eine Schwäche für Greg. Und jetzt mag er dich auch. Wo ist also das Problem?“
„Überall, wo ich hinsehe“, gestand Nina. „Ich sehe nichts als Probleme auf uns zukommen.“
„Das sieht dir so gar nicht ähnlich“, wunderte sich Jenny. „Du bist doch das Mädchen mit den Lösungen. Das warst du schon immer.“
„Aber jetzt nicht mehr. Ich weiß nicht, wie so was geht, wie ich diese Person sein kann. Es war so einfach, als es nur Sonnet und mich gab, weißt du?“ Sie versuchte, ein kleines Säckchen mit Vogelfutter zu füllen, verteilte das Futter dabei aber über den ganzen Tisch.
„Einfach? Eine alleinerziehende Mutter zu sein ist einfach?“ Vorsichtig setzte Jenny ein Häufchen Vogelfutter mittig auf ein Stück Taft und zog die Ecken hoch.
„Eigene Entscheidungen zu treffen ist einfach“, stellte Nina klar. Sie schnappte sich eine Schere, schnitt ein Stück Band ab und band Jennys Säckchen zu. „Ich musste mich mit niemandem abstimmen oder irgendeinen Mann in meine Überlegungen mit einbeziehen.“
Jenny lächelte. „Ich hätte nie gedacht, dass du vor einer Herausforderung zurückscheust.“
„Ich weiß einfach nicht, wie das alles geht.“ Nina warf Jenny und Olivia einen verzweifelten Blick zu. Die Liebe hatte diese beiden Frauen verändert. Und sie wusste, dass es für beide von ihnen nicht leicht gewesen war. Jenny hatte alles, was sie besaß, bei einem Feuer verloren. Olivia hatte einem Leben den Rücken gekehrt, das für sie nicht mehr funktionierte – und beide Frauen hatten einfach etwas gewagt. Auf eine Art schien es, als hätte die Liebe sie tatsächlich gerettet, ihnen ein neues Leben gegeben. Ein besseres Leben. Dennoch sah Nina sich nicht das Gleiche tun. Loslassen, ein so großes Risiko mit ihrem Herzen eingehen. Das erschien ihr einfach unmöglich. „Okay, den Teil mit dem ‚sich verlieben‘ kapiere ich. Das ist auch nicht so schwer, vor allem nicht mit jemandem wie Greg. Was ich allerdings nicht verstehe, ist, was es braucht, um ihn zu halten, und wie man es vermeidet, verletzt zu werden“, erklärte sie. „Und vor allem mit Greg Bellamy. Ich sehe all die Komplikationen und … sie machen mir Angst.“
Jenny und Olivia tauschten einen Blick. „Das sollte es nicht“, sagte Jenny. „Du lebst das Leben bereits, und du machst das ganz prima.“
Nein, dachte Nina, das mache ich nicht. Vielleicht war das mit Greg nur ein Strohfeuer, ein One-Night-Stand, der ein wenig zu lang dauerte.
Nein, es war etwas so Schönes, dass es wehtat, etwas, nachdem sie sich sehnte wie eine Abhängige. Etwas zu Zerbrechliches und Gefährliches, als dass es halten könnte.
„Wisst ihr was?“, sagte sie zu den beiden. „Ich werde heute nicht darüber nachdenken. Wir bereiten hier eine Hochzeit vor, um Himmels willen, und sich dabei Sorgen um mein Liebesleben zu machen ist einfach nicht richtig.“
„Mir macht es nichts aus“, sagte Olivia. „Aber …“
„Hier kommt die Braut“, sangen zwei Frauen und schritten gemessen in den Speisesaal. Es handelte sich um Olivias und Jennys Cousinen Dare und Francine, wie Nina sich erinnerte. Sie hatten das gute Aussehen der Bellamys und die sportliche, unangestrengte Leichtigkeit derer, die privilegiert aufgewachsen waren. Hinter ihnen kam Freddy Delgado, Olivias bester Freund und Geschäftspartner aus der Stadt. Er war einfach hinreißend, mit den blonden Haarspitzen und den Hip-Hop-Klamotten, die an ihm einfach
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