Bewahre meinen Traum
nichts ausmacht, würde ich das hier gerne für Sonnet aufheben. Das entspricht genau unserem Humor.“
„Du vermisst sie ganz schön, oder?“
„Mehr als ich erwartet hatte.“
„Du musst ziemlich stolz auf sie sein.“
Was sie da in seiner Stimme hörte, war keine Eifersucht, oder? „Machst du Witze?“, erwiderte sie in einem Anfall von Ehrlichkeit. „Ich frage mich jeden Tag, was ich getan habe, um so ein Mädchen zu verdienen.“ Das stimmte. Wie alle Kinder war auch Sonnet während des Aufwachsens für ihre Mutter immer wieder eine Herausforderung gewesen, aber in ihrem Herzen war sie eine liebevolle Tochter mit vielen Talenten – Abschiedsrednerin ihres Jahrgangs, Stipendiatin, und jetzt verbrachte sie einen Sommer in Europa. „Ich vermisse sie fürchterlich“, gab sie zu.
„Das ist schon ironisch, oder? Deine hat das Nest verlassen, und meine bereitet sich darauf vor, zu brüten.“
Sie schwieg einen Moment und studierte sein Gesicht, das vom durch ein staubiges Fenster fallenden Sonnenlicht erhellt wurde. „Beängstigend.“
„Ja.“
Für einen Augenblick fühlte Nina sich mit ihm verbunden und fragte sich, ob es nur ihr so ging. Sie nahm an, wenn sie ein wenig bohrte, würde sie es herausfinden können. Aber wollte sie das auch? „Ich habe das Gefühl, dass ihr beide das meistern werdet.“ Sie ließ den Augenblick verstreichen. „Ihr macht das bestimmt ganz toll.“
„Ich hoffe, dass du recht hast.“
„Dafür bezahlst du mich ja so gut.“ Sie fühlte sich mit einem Mal nervös, zögerlich. Nicht wegen ihrer Gefühle für Greg, sondern wegen etwas anderem, das sie aus dem Weg räumen musste. „Ich hab noch eine kurze Frage an dich. Angenommen, Sonnet macht einen Abstecher nach Den Haag.“
Den Haag lag in Holland, nur eine zweistündige Zugfahrt von Brüssel entfernt. Es war der Sitz mehrerer Weltgerichte, inklusive des Internationalen Gerichtshofs und des Internationalen Kriegsgerichts. Außerdem lebte und arbeitete Sophie da, Gregs Exfrau.
Er packte die Bücher, die nicht mehr zu verwenden waren, in eine alte Kiste. „Und die Frage lautet …?“
„Ich wollte nur, dass du es weißt. Daisy hat Sonnet gesagt, sie solle doch ihre Mutter anrufen, wenn sie in die Stadt kommt. Also wird Sonnet hinfahren und sie sehen.“
„Sophie ist meine Exfrau, kein nationales Monument. Ich hoffe, dass Sonnet mehr tun wird, als sie nur zu sehen. Ich bin sicher, dass Sophie deiner Tochter unglaubliche Dinge zeigen wird. Es ist eine gute Idee, dass Sonnet das ausnutzt.“
„Okay. Ich wollte nur sichergehen, dass du damit einverstanden bist.“
„Das geht mich überhaupt nichts mehr an“, sagte er. „Aber wenn es dich beruhigt, ich bin einverstanden.“ Er trug die Kiste an den Rand der Treppe und ließ sie schwer genug fallen, um eine Staubwolke aufzuwirbeln.
Oh-oh, dachte Nina.
Er wischte sich die Hände an den Shorts ab. „Und Sophie wird deiner Tochter eine bessere Führung geben können als jeder Einheimische, darauf wette ich.“
„Das ist gut. Es fühlte sich ein wenig komisch an, das Thema anzuschneiden.“
„Ist schon okay. Ich denke, ich kann ehrlich zu dir sein, weil wir ja Freunde sind, oder?“
„Ja. Freunde.“
„Sophie und ich waren siebzehn Jahre verheiratet. Das ist ein ganz schön großer Teil meines Lebens. Es gibt eine lange Geschichte zwischen uns. Ich werde nicht lügen und dir sagen, dass es sich um eine lange Zeit reinen Elendes gehandelt hat. Wir hatten auch gute Zeiten, haben zwei Kinder großgezogen.“
„Ich weiß. Das mit den Kindern, meine ich. Sie sind toll.“ Die guten Zeiten muss ich dir einfach so glauben, dachte sie.
„Sophie und ich haben unter schwierigen Umständen geheiratet“, fügte er hinzu.
„Ich weiß“, sagte sie wieder. Erinnerte er sich daran, auf der Hochzeitsfeier mit ihr gesprochen, seine Faust durch die Wand geschlagen zu haben?
„Wir hatten das nicht geplant“, fuhr er fort. „Wir haben es für Daisy gemacht. Und es hat lange Zeit funktioniert, weil wir beide uns verdammt angestrengt haben. Irgendwann haben Sophie und ich uns auseinanderentwickelt. Anfangs ist das keinem von uns aufgefallen. Wir waren so auf unsere Karrieren fokussiert und haben aufgehört, einander Aufmerksamkeit zu schenken.“
Nina spürte, wie sie errötete. „Und das erzählst du mir alles, weil …?“
Er lachte. „Ich habe keine Ahnung. Sorry.“
Sein entspanntes Lachen und die unvermeidliche Anziehung, die sie spürte, machten sie
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