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Bewegungswissenschaft

Bewegungswissenschaft

Titel: Bewegungswissenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer Wollny
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Bestimmung und zielbezogene Veränderung der Körperlage und der Bewegung und
die kinästhetische Differenzierungsfähigkeit als die Realisation exakter und ökonomischer Bewegungen auf der Basis der fein differenzierten Verarbeitung kinästhetischer Informationen.
    Andere beachtenswerte Strukturierungen der koordinativen Fähigkeiten führen entweder eine größere Anzahl koordinativer Konstrukte (B LUME , 1978; P ÖHLMANN & K IRCHNER , 1979; R IEDER , 1987; T EIPEL , 1988) oder nur einige wenige komplexe koordinative Basisfähigkeiten auf (B ÖS & M ECHLING , 1983; S CHNABEL , 1997).
    Zur letzten Gruppe zählt das auf wenige koordinative Basisfähigkeiten beruhende hierarchische Strukturmodell der elementaren koordinativen Fähigkeiten von R OTH (1982). Die Abgrenzung übergeordneter koordinativer Leistungsfaktoren basiert auf der konsequenten Verknüpfung neurophysiologischer, psychologischer (deduktiver) und empirischer (induktiver) Befunde. Auf der obersten Modellebene unterscheidet der Autor zwischen der Orientierung an der Zeit ( Fähigkeit zur Koordination unter Zeitdruck; z. B. Sportspiele) und der Bewegungsgenauigkeit ( Fähigkeit zur Koordination unter Präzisionsanforderungen; Billard, Darts, Gerätturnen usw.). Die dimensionsanalytische Trennung der koordinativen Leistungsfaktoren in zwei Grundkategorien steht sowohl in Übereinstimmung mit neurophysiologischen Kenntnissen über die Funktion desKleinhirns (Kontrolle schneller, diskontinuierlicher Bewegungen) und der Basalganglien (Kontrolle langsamer, stetiger Bewegungen) als auch mit verschiedenen koordinationstheoretischen Grundannahmen ( vgl. Lektionen 4 und 6 ).

    Abb. 4: Hierarchische Ordnung koordinativer Fähigkeiten (mod. nach H IRTZ , 1981, S. 349)
    Die nächsttiefere Ebene des hierarchischen Strukturmodells von R OTH umfasst unter Berücksichtigung der Variabilität der Bewegungsgeschwindigkeit (Zeitfaktor: schnell – langsam), der Umgebungsbedingungen (Situationsfaktor, konstant: motorische Steuerungsfähigkeit, variabel: motorische Anpassungsfähigkeit) und deren Wechselwirkungen vier koordinative Basiskomponenten: die Fähigkeit zur schnellen motorischen Steuerung, die Fähigkeit zur schnellen motorischen Anpassung und Umstellung, die Fähigkeit zur präzisen motorischen Steuerung und die Fähigkeit zur präzisen motorischen Anpassung und Umstellung.
    Für die nahe Zukunft können begriffliche Vereinheitlichungen und verlässliche Strukturmodelle der koordinativen Fähigkeiten nicht erwartet werden. Als wesentliche Hinderungsgründe gelten die Vielfalt der sportlichen Bewegungstechniken und potenziellen koordinativen Teilfähigkeiten. Nach N EUMAIER und M ECHLING (1994) und R OTH (2005) sollten sich die bewegungswissenschaftlichen Forschungsbemühungen weniger auf die Entwicklung neuer Systematisierungen richten, sondern vermehrt auf die Integration und die Nachbesserung bestehender Strukturierungs- und Begriffssystematiken. Die bislang identifizierten koordinativen Anforderungskategorien – Geschicklichkeits-, Rhythmus-, Kopplungs-, Orientierungs-, Reaktions-, Gleichgewichts-, Zeit-, Präzisions-, Komplexitäts- und Variabilitätsdruckfähigkeit – gilt es, miteinander zu verbinden und im Sinne eines empirisch zu prüfenden Vereinigungsmodells gemeinsam zu berücksichtigen.
    Derzeit liegen drei beachtenswerte integrative Fähigkeitssystematiken vor. Ein auf induktiv-phänomenologischem Weg gewonnenes Vereinigungsmodell stammt von Z IMMERMANN (1987, 1998). Das von H IRTZ (1994, 1997) publizierte Integrationsmodell beruht auf der Anwendung induktiv-statistischer Verfahren. Übereinstimmend gehen beide Modelle von sieben koordinativen Teilfähigkeiten aus, die drei koordinativen Fähigkeiten höherer Ordnung unterstehen ( vgl. Abb. 5 ).

    Abb. 5: Strukturelles Gefüge koordinativer Fähigkeiten (mod. nach Z IMMERMANN , 1998, S. 221)
    Das dritte, Erfolg versprechende Vereinigungsmodell stellt das sportartenübergreifende Analyseraster der koordinativen Anforderungsprofile sporttypischer Bewegungsaufgaben von N EUMAIER und M ECHLING (1994) dar. Beschrieben werden die Beziehungen zwischen den elementaren koordinativen Anforderungen (Bewegungszeit, Bewegungspräzision, Bewegungsumfang, Grad der Bewegungsschwierigkeit, Größe des Ziels) und den fertigkeitsabhängigen motorischen (klein-, großmotorisch) sowie sensorischen Charakteristika sportmotorischer Handlungen (optische, akustische, taktile, vestibuläre, kinästhetische

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