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Bewegungswissenschaft

Bewegungswissenschaft

Titel: Bewegungswissenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer Wollny
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Sinnesmodalitäten; vgl. Abb. 6 ).

    Abb. 6: Analyseraster der koordinativen Anforderungsprofile sportmotorischer Fertigkeiten (mod. nach N EUMAIER & M ECHLING , 1994, S. 211)
    Der obere Teil des Analyserasters der koordinativen Anforderungen sporttypischer Bewegungsaufgaben beschreibt die Grundgesamtheit der afferenten und efferentenInformationsanforderungen. Der untere Teil des Analyserasters benennt typische koordinative Druckbedingungen sporttypischer Bewegungsaufgaben. Auf der Grundlage aufgabenabhängiger Bezugsgrößen, Plausibilitätsüberlegungen und übereinstimmender Annahmen moderner Fähigkeitssystematiken leiten N EUMAIER und M ECHLING sechs koordinative Anforderungskategorien ab: Zeitdruck, Präzisionsdruck, Komplexitätsdruck, Organisationsdruck, Belastungsdruck und Variabilitätsdruck.
    Die aufgabenspezifischen Ausprägungen der sechs Druckbedingungen ordnen die Autoren in Abhängigkeit von der Art der Fertigkeit und vom Niveau der Fertigkeitsausprägung qualitativ auf einem Kontinuum zwischen gering und hoch ein. Offensichtlich sind die diversen Übereinstimmungen mit den Strukturmodellen von R OTH (1982), Z IMMERMANN (1987, 1998) oder H IRTZ (1994). Die Vielfalt der für sportliche Trainingszwecke aus dem Modell von N EUMAIER und M ECHLING konstruierbaren koordinativen Bewegungsaufgaben ist nahezu „unerschöpflich“ und dies gleichermaßen für offene und geschlossene Sporttechniken.
    Unbeeinflusst vom aktuellen Forschungstrend bei der Suche nach einem verlässlichen Ordnungsraster koordinativer Fähigkeiten liegen im Bereich des Schul-, Freizeit- und Nachwuchsleistungssports zahlreiche Veröffentlichungen zur Bestimmung der koordinativen Leistungsfaktoren sportartspezifischer Fertigkeiten vor. Die qualitativ sehr unterschiedlichen Strukturierungsversuche kennzeichnen einen gewissen Praxisüberhang und ein deutliches Theoriedefizit. Vielfach werden traditionelle Ordnungssysteme lediglich pragmatisch weiter untergliedert, präzisiert oder in Teilaspekten neu kombiniert (z. B. K IRCHNER , 1991).
4 Welche Anforderungen werden an die wissenschaftliche Erfassung koordinativer Fähigkeiten gestellt?
    Das in der Differentiellen Motorikforschung entwickelte, allgemein akzeptierte diagnostische Standardverfahren zur Analyse der motorischen Fähigkeiten stellt der unter objektiv wiederholbaren Bedingungen realisierte sportmotorische Test dar. Bei der Beurteilung der Ausprägung bestimmter koordinativer Fähigkeiten vertraut die Bewegungswissenschaft des Sports direkt beobachtbaren motorischen Lösungsresultaten. Die Sprungweite dient beim Standweitsprungtest der Bestimmung der horizontalen Schnellkraft der Beinmuskulatur ( vgl. Abb. 7 ). Die im Cooper-Test (12-Minuten-Lauf) zurückgelegte Laufstrecke lässt Rückschlüsse auf die aerobe Ausdauerfähigkeit zu. Beim Torwandschießen bildet die Trefferquote bei hohen Wiederholungszahlen oder differenzierter Treffererfassung das individuelle Ausprägungsniveau der Schussfertigkeit ab.
    Sportmotorische Tests eignen sich zum einen für die Erforschung der Kontroll- und Funktionsprozesse sporttypischer Bewegungen. Zum anderen ermöglichen sie die Bestimmung des motorischen Ist-Zustandes, der sportlichen Eignung, des sportlichen Talents, der Veränderung sportlicher Leistungen und der Effizienz bestimmter Lehrverfahren. Sportmotorische Testverfahren sind zwar deutlich weniger präzise als biomechanische, physiologische oder psychometrische Untersuchungsmethoden; als vorteilhaft gelten jedoch der geringe Geräteaufwand und die große Durchführungsökonomie. Den wissenschaftlichen Testablauf gewährleistet die Beachtung der drei unverzichtbaren klassischen Hauptgütekriterien – Objektivität, Reliabilität und Validität – und verschiedener Nebengütekriterien (R OTH , 1983, 1999; L IENERT & R AATZ , 1998).

    Abb. 7: Sportmotorischer Test „Standweitsprung“ zur Bestimmung der horizontalen Schnellkraft der Beinmuskulatur (mod. nach B ÖS & T ITTELBACH , 2001, S. 142–143)
    Die Objektivität eines sportmotorischen Tests definiert den Grad der Konstanthaltung von Messwerten gegenüber störenden Einflüssen verschiedener Rahmenbedingungen (Testgeräte, Testleitereffekte, Versuchseffekte, Testauswertung, Testinterpretation usw.). Entsprechend den potenziellen Einflussgrößen wird nicht von der Objektivität eines sportmotorischen Tests allein gesprochen, sondern zwischen den drei Aspekten der Durchführung, der Auswertung und der Interpretation unterschieden

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