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Bewegungswissenschaft

Bewegungswissenschaft

Titel: Bewegungswissenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer Wollny
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Handlungsfähigkeit, kinästhetische Kontrolle, Körpergefühl, Kombinationsfähigkeit, Koordination mit genauer Kontrolle, Koordination unter Zeitdruck, Kopplungsfähigkeit, Kraftabstufung, Lernfähigkeit, Mehrfachhandeln, Orientierungsfähigkeit, Präzisionsfähigkeit, Raumgefühl, Reaktionsvermögen, Rhythmisierungsfähigkeit, Richtungspräzision, Simultanhandlung, Steuerungsfähigkeit, Umstellungsfähigkeit, Wendigkeit, Zeitgefühl.
    Ausgangspunkt der wissenschaftlichen
Bemühungen um die differenzierte Strukturierung der koordinativen
Fähigkeiten war die Unzufriedenheit mit der bis Mitte der 60er Jahre des 20. Jahrhunderts üblichen Verwendung eines einzelnen, sehr unscharf definierten Koordinationsfaktors: die Gewandtheit (general motor ability). Die Gewandtheit wurde üblicherweise als die fertigkeitsübergreifende Fähigkeit des Zentralnervensystems zur schnellen und zweckmäßigen Lösung motorischer Anforderungen definiert. Ein erster theoretischer Differenzierungsversuch der Gewandtheit stammt von H IRTZ (1964). Ausgehend von alltäglichen, arbeits- und sporttypischen Lebenssituationen, unterscheidet der Autor sieben koordinative Teilkonstrukte: die kinästhetische Differenzierungsfähigkeit, die räumliche Orientierungsfähigkeit, die Reaktions-, Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit, die Fähigkeit zu kontinuierlichen Bewegungshandlungen und die Fähigkeit zur Koordination unter Zeitdruck. Über die Strukturierungskriterien macht H IRTZ keine näheren Angaben.
    Zur Aufklärung der Grundlagen der koordinativen Fähigkeiten vertraut die Bewegungswissenschaft des Sports deduktiven und induktiven Forschungsstrategien. Auf der Prozessebene versuchen deduktive Vorgehensweisen, die Prinzipien der menschlichen Motorik aus theoretischen Modellannahmen über die System- und Funktionsprozesse des Zentralnervensystems oder aus der Verknüpfung bestehender neurophysiologischer, kybernetischer und psychologischer Kenntnisse abzuleiten. Demgegenüber schließen induktiv-phänomenologische und statistische Ansätze durch standardisierte Beobachtungen der äußeren quantitativen und qualitativen Bewegungsmerkmale indirekt auf die körperinternen Komponenten der Motorik zurück.
    Aktuelle Strukturmodelle koordinativer Fähigkeiten basieren auf der empirischen Befundlage der Differentiellen Motorikforschung. Diese hat sich Mitte des 20. Jahrhunderts als „sportwissenschaftliches Patenkind“ aus der traditionsreichen Differentiellen Psychologie herausgelöst. Ihr primäres Ziel gilt der Erklärung der Ursachen der interindividuellen Verschiedenheiten und der intraindividuellen Veränderungen des motorischen Verhaltens. Erste systematische Laborstudien mit mehr als 1.000 Versuchspersonen und nahezu 200 Bewegungsaufgaben führt in den 60er Jahren die Arbeitsgruppe von F LEISHMAN (1964) durch. Die Resultate verweisen auf acht funktions- und aufgabenspezifische koordinative Konstrukte: allgemeine Steuerungsfähigkeit, Steuerungsfähigkeit der oberen Extremitäten, Reaktionsschnelligkeit, Anpassungs-, Umstellungs- und Kombinationsfähigkeit, Finger- und Handgeschicklichkeit. Die fähigkeitsorientierte Betrachtungsweise der Differentiellen Motorikforschung ist mittlerweile in der Theorie und Praxis des Sports fest verwurzelt (R OTH & W OLLNY , 1999a, b; A MELANG &B ARTUSSEK , 2001).
    Den größten Verbreitungsgrad in der deutschen Sportwissenschaft besitzt das hierarchische Strukturmodell koordinativer Fähigkeiten von H IRTZ (1979, 1981, 1985; vgl. Abb. 4 ). Auf der obersten Stufe unterscheidet der Autor zwischen der motorischen Lern-, Steuerungs- und Anpassungsfähigkeit. Diesen drei Grundfähigkeiten untergeordnet sind die Schnell- und Ausdauerkoordinationsfähigkeit. Die unterste Stufe des Strukturmodells benennt fünf, in enger Wechselbeziehung sowohl untereinander als auch mit der Schnell- und Ausdauerkoordinationsfähigkeit stehende, fundamentale koordinative Leistungsdispositionen:
die Gleichgewichtsfähigkeit als das Halten oder das Wiederherstellen des Gleichgewichts bei wechselnden situativen Bedingungen, bei labilen Gleichgewichtsbedingungen oder auf kleinen Unterstützungsflächen,
die Rhythmusfähigkeit als die Erfassung, die Speicherung und die Realisation einer vorgegebenen zeitlich-dynamischen Gliederung,
die Reaktionsfähigkeit als schnelle, zielspezifische Ausführung kurzer Ganzkörperbewegungen auf äußere Signale oder vorausgehende Bewegungshandlungen,
die räumliche Orientierungsfähigkeit als die

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