Bewegungswissenschaft
situationsspezifische Feinanpassung der grob strukturierten Rahmenprogramme übernehmen leicht veränderbare metrische Programmparameter.
Kapitel 2 konkretisiert, was die Bewegungswissenschaft des Sports unter der Aneignung, dem Überlernen, der Optimierung und der Automatisierung sporttypischer Fertigkeiten versteht und welche Kenntnisse zur Informationspräsentation, zur Informationsrückmeldung und zur Gestaltung der Übungsbedingungen im Sport vorliegen. Kapitel 3 gibt Antworten auf die Frage: Welche Bedingungen des Übens machen eine erfolgreiche Übung aus? Der Akzent des Unterkapitels 3.1 liegt auf der Darstellung der in zahlreichen Sportdisziplinen erprobten Schulungsmaßnahmen zur Aneignung und zum Überlernen komplexer Bewegungstechniken. Hervorgehoben werden die vier Prinzipien der Verkürzung der Programmlänge, der Verringerung der Programmbreite, der Unterstützung der Programminvarianten und der Veränderung der variablen Programmparameter. Abschnitt 3.1.1 bespricht die theoretischen Grundlagen und die speziellen Vorgehensweisen der in der Sportpraxis weit verbreiteten methodischen Übungsreihen. Im Mittelpunkt des Unterkapitels 3.2 stehen die methodischen Maßnahmen des sportlichen Optimierungs- und Automatisierungstrainings. Was der Leser auf Grund der vielschichtigenLehr- und Lernprozesse im Sport und der zahlreichen potenziellen Überforderungen des Sportlers nicht erwarten kann, sind detaillierte Rezepte für die Schulung der sportmotorischen Fertigkeiten. Kapitel 4 fasst die wichtigsten Vereinfachungs- und Hilfemaßnahmen des sportlichen Anfänger- und Fortgeschrittenentrainings zusammen.
2 Welche Begriffe sind grundlegend?
Das Techniktraining im Sport zentriert sich auf vier Inhaltsbereiche: die Aneignung, das Überlernen, die Optimierung und die Automatisierung sportmotorischer Fertigkeiten ( vgl. Abb. 46 ). Die sukzessiv aufeinander folgenden frühen Phasen des motorischen Lernens, die Aneignung (syn. Neulernen, Erwerb) und das Überlernen sportmotorischer Grundmuster zielen auf die gedankliche Erfassung der Bewegungsaufgabe, den Aufbau neuer motorischer Programme, die ersten Bewegungsrealisierungen und das sichere Beherrschen der Bewegungsaufgabe in der Grobform unter günstigen Lernbedingungen (Überblick: R OTH , 1991a; S CHÄDLE -S CHARDT , 2000). Den frühen motorischen Lernprozess kennzeichnen ein übermäßiger Krafteinsatz, eine große motorische und psychische Unsicherheit, ein unzweckmäßiger Rhythmus, eine geringe Präzision und eine fehlende Konstanz der Bewegungsausführung.
Abb. 46: Zentrale Inhalte des sportlichen Techniktrainings
Das Optimierungstraining sporttypischer Fertigkeiten beginnt mit der sicheren Beherrschung der Kriteriumsbewegung in der Grobform. Die Bewegungswissenschaft des Sports differenziert drei Unterformen: die Stabilisierung sportmotorischer Handlungen mit einem eng umgrenzten Bewegungsspektrum (geschlossene Fertigkeiten)und die Variation oder die Anpassung sporttypischer Bewegungsfertigkeiten an eingeschränkt vorhersehbare oder sich ständig verändernde Umweltbedingungen (offene Fertigkeiten; vgl. Lektion 1 ).
Die sportbezogene Fachliteratur stellt die Automatisierung von Sporttechniken üblicherweise als eine weitere eigenständige Trainingsform dar, die sowohl bei der Aneignung als auch der Optimierung sportlicher Fertigkeiten stattfindet und nicht endgültig abgeschlossen werden kann (D AUGS , 1993; R OTH , 2003). Ziel ist die Ausbidung motorischer Automatismen, d. h. einer vom Bewusstsein unabhängigen „Selbststeuerung“ der Bewegung. Motorische Handlungen werden jedoch nie in einem absoluten Sinn „automatisch“, sondern nur hinsichtlich bestimmter Aufmerksamkeitskomponenten, die für ihre Realisierung nicht erforderlich erscheinen (vgl. D AUGS , 1993). Die Automatisierung verläuft auf einem vertikalen Kontinuum zwischen den Polen hohe und geringe Aufmerksamkeit als prozessualer Übergang von einer schlecht koordinierten, aufmerksamkeitskontrollierten Motorik zu einer gut koordinierten, automatisch kontrollierten Motorik. Die frei werdende Aufmerksamkeit kann der Sportler bei der Stabilisierung sportmotorischer Verhaltensweisen beispielsweise für die Präzisierung und Festigung von Detailfunktionen der Bewegung und bei der Variation oder Anpassung sporttypischer Bewegungen zur differenzierteren Wahrnehmung der Umweltbedingungen nutzen.
Sportmotorische Lehr- und Lernprozesse analysieren Bewegungswissenschaftler vornehmlich hinsichtlich
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