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Bewegungswissenschaft

Bewegungswissenschaft

Titel: Bewegungswissenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer Wollny
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Schrittgestaltung beim Hochsprung, Korbleger, Speerwurf) oder direkte, bewegungsunterstützende Maßnahmen (z. B. kinästhetische, taktile Hilfen). Des Weiteren können die Präzisionsanforderungen der Bewegungsaufgabe verringert oder anders ausgedrückt, „die Fehlertoleranzen für die Realisierung der Invarianten erhöht werden“ (R OTH , 1990, S. 14; Softball anstatt Tennisfilzball, Langbank statt Schwebebalken, breite Anfängerski statt schmale Rennski usw.). Derartige Maßnahmen begrenzen die bei ungeübten Bewegungen durch unsystematische Technikvariationen auftretenden motorischen Freiheitsgrade auf das zu erlernende Impuls-Timing-Muster.

    Abb. 48: Elektromyogramme der Speichgriffkippe am Barrenende im Gerätturnen (mod. nach S CHOCK & W OLLNY , 1995, S. 101)
a ) Beinaktion während der Speichgriffkippe
b ) Übungsform zum Kennenlernen des Abbremsens der Beinaktion während der Zielfertigkeit
    Veränderung der variablen Programmparameter. Zu einer Überforderung der Lernanfänger kann die große Bewegungsgeschwindigkeit, die geringe Bewegungsdauer oder der hohe Krafteinsatz der Zielfertigkeit führen. Nach der Gestaltkonstanzhypothese von S CHMIDT (1988) können durch die Veränderung der zeitlichen und dynamischen Programmparameterwerte wirkungsvolle Erleichterungen der Bewegungsausführung erzieltwerden ( vgl. Lektion 6, Abb. 40 ). Zu den bewährten Maßnahmen der Veränderung der variablen Programmparameter zählen das Slow-Motion-Üben, die Sprunghilfen im Gerätturnen oder die Kastentreppe beim Weitsprung (Verlängerung der Bewegungszeit), das Angehen statt Anlaufen beim Korbleger im Basketball (Geschwindigkeitsreduzierung) oder kleinere und leichtere Sportgeräte (Verringerung des Krafteinsatzes). Beim parallelen Grundschwingen im alpinen Skilauf kann die Bewegungszeit durch schnelle Kurzschwünge oder weite, langsame Softschwünge variiert werden, ohne die zeitlichen und dynamischen Programminvarianten nachhaltig zu verändern.
3.1.1 Was sind methodische Übungsreihen?
    Die auf Johannes G UTSMUTHS (1759-1839), Friedrich J AHN (1778-1852) und Adolf S PIES (1810-1858) zurückgehende Teillernmethode erlangt in allen Sportdisziplinen große methodische Beachtung. Ausgangspunkt ist die Idee der Lernzielhierarchie. Hiernach wird der Lernanfänger von einem niedrigen Fertigkeitsniveau auf die nächsthöhere Könnensstufe geführt. Schwierige Bewegungstechniken kann der Sportlehrer, Übungsleiter und Trainer durch die Erleichterung der situativen Bedingungen, die Modifizierung oder die Zergliederung der Zieltechnik in ihrer Komplexität systematisch reduzieren. Defizite im konditionellen Bereich kompensieren Lehr-, Ausführungs- oder Unterstützungshilfen (Raum-, Geräte-, Regelvariationen, Hilfestellung usw.). Die einzelnen Sequenzen der Zielfertigkeit werden zunächst isoliert vermittelt und anschließend schrittweise zur Kriteriumsbewegung erweitert. In gleicher Weise baut der Sportpraktiker die anfänglichen Lehr- und Unterstützungshilfen allmählich ab. Das schrittweise Vorgehen soll Überforderungen vermeiden und den Lernenden in vielfältiger Weise motivieren, da bei der Beherrschung der einzelnen Teilbewegungen jeweils erneut Erfolgserlebnisse entstehen.
    Systematische, kleinschrittige Übungsfolgen zum Aufbau sporttypischer Bewegungstechniken, die verschiedene Vereinfachungsmaßnahmen miteinander verbinden, bezeichnet die Bewegungswissenschaft des Sports als methodische Übungsreihen (MÜR; F ETZ , 1988). Die Grundvoraussetzung für ihren erfolgreichen Einsatz besteht darin, dass der Lernende über ein umfangreiches Repertoire an elementaren Bewegungsgrundmustern verfügt. Unter Zugrundelegung der allgemein akzeptierten Grundsätze „vom Leichten zum Schweren“ oder „vom Einfachen zum Komplexen“ unterscheidet R OTH drei Methodenkonzepte (1983, 2005): die serielle methodische Übungsreihe, die funktionale methodische Übungsreihe und die zunehmend in Vergessenheit geratene, praktisch bewährte, programmierte methodische Übungsreihe. Diese drei Arten von methodischen Übungsreihen greifen, im Detail betrachtet, einzelne der in Kapitel 3.1 dargestellten Vereinfachungsprinzipien der Aneignung sportmotorischer Fertigkeiten auf.
    Serielle methodische Übungsreihe
    Serielle methodische Übungsreihen liegen dann vor, wenn der Sportlehrer die Elemente eines methodischen Schulungsprogramms nach der Abfolge der Bewegungsteile von vorne nach hinten anordnet (R OTH , 2003, 2005). Die

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