Bewegungswissenschaft
(Hauptfunktionsphasen; Stabhochsprung: Überqueren der Latte; Tischtennis: Schläger berührt den Ball) und funktional abhängigen Phasen (Hilfsfunktionsphasen; Stabhochsprung: Anlauf, Absprung, Landung; Tischtennis: Aushol- und Ausschwungbewegung). „Unter einer Funktionsphase soll jener Geschehensabschnitt eines Bewegungsverlaufs verstanden werden, für den sich aufzeigen läßt, daß das, was während dieses Geschehens vom Bewegungssystem ausgeführt wird, eine bestimmte Funktion hat – im Hinblick auf die mit der Bewegung zu erreichenden Bewegungsziele und die dabei einzuhaltenden Bedingungen“ (G ÖHNER , 1979, S. 119).
Die Hauptfunktionsphase kennzeichnet den funktional unabhängigen Bewegungsabschnitt, dem eine zentrale Bedeutung für die Erfüllung der sportmotorischen Aufgabe zukommt. Im Gegensatz zur chronologischen Phasengliederung nach M EINEL und S CHNABEL (1998) zeigen nicht alle azyklischen Bewegungen die gleiche Funktionsstruktur. Jede sportliche Bewegungstechnik besitzt aber mindestens eine Hauptfunktionsphase. Für den parallelen Grundschwung im alpinen Skilauf ergibt sich die Hauptfunktionsphase aus der Überlagerung von zwei voneinander unabhängigen Funktionsphasen: dem Drehabstoß (dynamischer Abdruck von den Skikanten mit beidbeiniger Streckung) und dem Aufkanten der Ski. Die Hauptfunktionsphase kann aber auch aus der Überlagerung von zwei voneinander abhängigen Funktionsphasen entstehen: Kanten und Drehen des Snowboards.
Funktional abhängige Bewegungsabschnitte bezeichnet G ÖHNER als Hilfsfunktionsphasen . Unter Beachtung der zeitlichen Abfolge der Bewegungsteile ist der Hauptfunktionsphase eine vorbereitende Hilfsfunktionsphase erster Ordnung vorgeschaltet. Diese dient dem Erlangen eines günstigen Ausgangszustandes, um eine bestimmte Raumposition (Tennis: Laufen zum Ball), eine spezielle Körperposition (Fosbury-Flop: Innenlage beim Anlauf) oder einen bestimmten Bewegungszustand einzunehmen (Fosbury-Flop: rhythmisch beschleunigter Anlauf und Absenkung des Körperschwerpunkts). Der Hilfsfunktionsphase erster Ordnung können Hilfsfunktionsphasen zweiter und dritter Ordnung vorgeschaltet sein.
Unterstützende Hilfsfunktionsphasen laufen zeitgleich zur Hauptfunktionsphase ab (Wurf: die Armbewegung unterstützende Rumpfaktion). Abschließende und überleitende Hilfsfunktionsphasen überführen den in der Hauptfunktionsphase erreichten instabilen Bewegungszustand in einen stabilen Zustand (gehockter Salto: die Körperstreckung zum Ruhezustand) oder in eine neue Fertigkeit. Hilfsfunktionsphasen sind zwar über die Bewegungsaufgaben zu begründen, die Sportler müssen diese aber nicht zwangsläufig erfüllen.
Der Vorteil der hierarchischen Funktionsphasengliederung besteht darin, dass die Anzahl der Hilfsfunktionsphasen nicht feststeht und eine differenzierte Zergliederung möglich ist. Als nachteilig gelten der große Analyseaufwand zur Bestimmung der spezifischen Funktion und des Nutzens einzelner Bewegungsphasen für die Zielfertigkeit (G ROSSER , H ERMANN , T USKER & Z INTL , 1987).
Die nachfolgenden Abschnitte verdeutlichen am Beispiel des Tischtennis-Rückhand-Topspins die hierarchische Funktionsphasengliederung nach G ÖHNER und die typischen Lehrstufen des Schulungsprogramms. Die lernrelevante Abfolge der Vermittlung der einzelnen Bewegungsphasen orientiert sich an der jeweiligen Bedeutung für die Lösung der Bewegungsaufgabe. Beim Rückhandtopspin entspricht das „Treffen des Balls“ der Hauptfunktionsphase, um dem Tischtennisball eine bestimmte Geschwindigkeit, Flugrichtung und Rotationsrichtung zu geben. Die erste Lehrstufe vermittelt unter Nichtbeachtung weiterer Bewegungsabschnitte die Hauptfunktionsphase der Zielfertigkeit. Unmittelbar auf die Hauptfunktionsphase folgt die Schulung der Hilfsfunktionsphase erster Ordnung, die das „Treffen des Balls“ vorbereitet (Ausholbewegung des Schlagarms).
Die zweite Lehrstufe dient der Verbindung der Hauptfunktionsphase mit der vorbereitenden Hilfsfunktionsphase erster Ordnung (Erreichen einer bestimmten Raum- oder Körperposition). Die dritte und die weiteren Lehrstufen binden unterstützende Hilfsfunktionsphasen zweiter Ordnung (Rumpf in Bewegungsrichtung) und überleitende Hilfsfunktionsphasen ein (Abfangen der Schlagbewegung), um den Bewegungsablauf funktional zu festigen. Praxiserfahrungen weisen darauf hin, dass die fehlerhafte Ausführung des Tischtennis-Rückhand-Topspins selten in der Hauptfunktionsphase begründet
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