Bewegungswissenschaft
Bewegungszergliederung und das Üben der Sequenzen folgt der zeitlich-räumlichen Ordnung der Zielbewegung. Lerntheoretische Begründungen für die Zergliederung bestehen nicht. Die Sportpraxis vertraut verallgemeinerten Unterrichtserfahrungen und dem Prinzip der Verkürzung der Programmlänge. Die einzelnen Bewegungsteile stellen lernrelevante Einheiten dar, die isoliert vermittelt und allmählich zur Kriteriumsfertigkeit zusammengesetzt werden. Sportpraktiker beginnen häufig mit der einleitenden Bewegungssequenz.
Anschließend schulen sie den nachfolgenden Teilabschnitt und verknüpfen diesen mit der einleitenden Bewegungssequenz. Dieser Vorgang wiederholt sich so lange mit den weiteren Sequenzen der motorischen Fertigkeit, bis der Schüler die Gesamtbewegung beherrscht. Beispiele finden sich vor allem in der Leichtathletik (z. B. Schrittweitsprung: B AUERSFELD & S CHRÖTER , 1998; Diskuswurf: J ONATH , K REMPEL , H AAG & M ÜLLER , 1995).
Funktionale methodische Übungsreihe
Die funktionale methodische Übungsreihe zergliedert die Bewegungsfertigkeit unter dem Gesichtspunkt ihrer Bedeutung für das Erreichen des Bewegungsziels von der Mitte nach außen. Bewährt haben sich die inhaltlich verwandte chronologische Phasengliederung nach M EINEL und S CHNABEL (1998) und die hierarchische Funktionsphasengliederung nach G ÖHNER (1974, 1975, 1979). Beide Gliederungsverfahren vertrauen den Prinzipien der Verkürzung der Programmlänge und der Veränderung der variablen Programmparameter.
Die chronologische Phasengliederung nach M EINEL und S CHNABEL (1998; M EINEL , 1960) favorisiert für azyklische Bewegungen eine dreigeteilte Ablaufstruktur: Vorbereitungs-, Haupt- und Endphase ( vgl. Abb. 49 ). Die Abgrenzung der drei Bewegungsphasen orientiert sich an äußerlich beobachtbaren, qualitativen Merkmalen.
Die funktional abhängige Vorbereitungsphase schafft die optimalen Voraussetzungen für die erfolgreiche Durchführung der motorischen Zielaufgabe. Dies geschieht durch eine Auftakt- oder Ausholbewegung in Gegenrichtung zur Hauptbewegung, beispielsweise beim Weit- und Dreisprung durch das Absenken des Körperschwerpunkts oder beim Ballweitwurf durch die Ausholbewegung des Wurfarms. Einige Bewegungstechniken zeigen zusätzlich zur Auftakt- oder Ausholbewegung eine Anlauf-, Angleit- oder Abschwungbewegung. In Abhängigkeit von speziellen taktischen Anforderungen (z. B. Finten) kann der Athlet die Auftakt- oder Ausholbewegung auch unterdrücken.
Abb. 49: Dreiphasengliederung azyklischer Bewegungen (mod. nach M EINEL & S CHNABEL , 1998, S. 83)
Die auf die Vorbereitungsphase unmittelbar folgende, funktional unabhängige Hauptphase der Bewegung dient der Lösung der motorischen Aufgabe. Diese kann zum einen darin bestehen, „dem gesamten Körper einen Bewegungsimpuls zu erteilen und diesen rationell auszunutzen“ (M EINEL & S CHNABEL , 1998, S. 78). Zum anderen wird „ein Endglied der Gliederkette des Körpers durch einen Kraftimpuls beschleunigt und dadurch einem Gerät oder Gegner ein Bewegungsimpuls erteilt“ (S. 78). Die Endphase der Bewegung bringt den Körper des Sportlers vielfach von einer labilen Gleichgewichtsposition in ein stabiles Gleichgewicht, um beispielsweise beim Speerwerfen das Übertreten der Abwurflinie zu verhindern.
Für zyklische Bewegungen propagieren M EINEL und S CHNABEL eine zweigeteilte Ablaufstruktur von Haupt- und Zwischenphase. Die Endphase des vorhergehenden Zyklus verschmilzt mit der Vorbereitungsphase des folgenden Zyklus zu einer Zwischenphase . Bei langsamen Bewegungen, Auftaktaktionen oder nach der letzten Wiederholung der Hauptphase lassen auch zyklische Fertigkeiten eine Dreigliederung erkennen. Wird beim Rudern mit einer „sehr niedrigen Schlagzahl (Schlagfrequenz) gerudert, dann ist es nicht schwer, den zweiten Teil des Vorrollens und das Aufdrehen der Blätter als Vorbereitungsphase, den Aushub der Blätter und den ersten Teil des Rollweges mit dem Aufrichten des Rumpfes als Endphase zu erkennen. Hauptphase ist jeweils die Wasserarbeit einschließlich des Wasserfassens. Bei hohen Schlagzahlen (Schlagfrequenzen) dagegen erscheinen Endphase und nachfolgende Vorbereitungsphase zu einer Einheit verschmolzen“ (M EINEL & S CHNABEL , 1998, S. 87).
Die hierarchische Funktionsphasengliederung nach G ÖHNER (1975, 1979) unterteilt die sportmotorischen Fertigkeiten nach der hierarchischen Tiefenstruktur. Der Autor unterscheidet zwischen funktional unabhängigen Bewegungsphasen
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