Beziehungskiller: Kriminalroman (German Edition)
vorbeizuschauen. Vielleicht ist an dem alten
Glauben, wonach der Verbrecher an den Ort seiner Tat zurückkehren muss, ja doch
etwas dran. Die Tür war immer noch zu, und ich ging erleichtert daran vorbei.
In der
Küche saß Gina. Sie las in einer Zeitung und trank Tee.
»Guten
Morgen.«
»Soso.«
Ich
hielt die Thermosflasche, die ich gestern zum Spaziergang mitgenommen hatte, in
die Höhe. Gina nickte in Richtung Spüle.
»Wo ist
denn Frau Irmi?«
»Eier
holen, beim Nachbarbauern.«
»Macht
sie das immer selbst?«
»Die
Eier, die ich aussuche, passen ihr gar net.«
»Strenge
Chefin?«
Anstatt
einer Antwort nickte Gina bloß und blies die Backen auf.
»Uje.«
»Des
kennan S’ laut sagn.«
»Wie
lange arbeitet sie denn schon für Duvenbeck?«
»Ewig
und an Tag. Seit er in Österreich is, glaub ich.«
»Und
du?«
»Seit
er des Haus fertig hat, einhalb Jahr in etwa.«
»Guter
Job?«
»Bei uns
is jobmäßig net so viel los, da is ma schnell zfrieden.«
»Auch
mit so einer strengen Chefin?«
»Sicher
is sie streng, aber i kann a viel lernen.«
»Könntest
du mir eine Kanne Tee zum Frühstück machen? So einen wie gestern?«
Sie
schaute nachdenklich drein.
»Oder
übersteigt das dein Pouvoir?«
»Mei
was?«
»Deine
Kompetenzen.«
»Tee
machen derf i schon.« Sie lächelte. »Sie san a Spinner.«
»Danke.«
»Bitte.«
Sie stand auf, setzte Wasser auf und bereitete den Rest vor.
»Was
ist das eigentlich für ein Tee? Assam ist das keiner.«
»Na,
des is der private von der Frau Irmi. Irgendwas Afrikanisches, mit an irischen
Namen.«
»So?«
»So!«
Während
Gina so herumhantierte, setzte ich mich und blieb kurz stumm. Plötzlich fragte
ich: »Was ist denn der Duvenbeck so für ein Mensch?«
»Wieso
fragen S’ denn?«
»Reich,
alleinstehend, lädt Leute ein, aber hat weder Ehefrau noch Freundin. Bisschen
seltsam.«
»Dass
er ka Freundin eingladen hat, stimmt net ganz.«
»So?
Steigt er dir nach?«
»Na,
wirklich net.«
»Nie?«
»Nie.«
»Wem
dann?«
»Weiß
ich net genau, ich hab nur die Frau Irmi einmal gfragt, da hat sie …«
»Was
hat die Frau Irmi gsagt?«, fragte die Frau Irmi selbst, als sie plötzlich in
der Küchentüre stand. »Schau, dass’d weiterkummst, Ratschkachel!«
»Ja,
Frau Irmi.«
»Kannst
die Erdäpfel fürs Mittagessen aus’n Keller holn, und was ma sunst no so
brauchen! Gemma!« Frau Irmi klatschte in die Hände.
»Bin
scho unterwegs«, gehorchte Gina und sauste los.
Kaum
war Gina draußen und die Eier im Kühlschrank verstaut, wandte sich Frau Irmi an
mich. »Machen S’ Ihna an die Gina ran, ha?«, fragte sie scharf.
»Ich
wollte nur einen Tee.«
»So,
so.«
»Was
gibt’s denn zum Mittagessen heute?«, fragte ich interessiert. Bei meiner Oma
hat das immer funktioniert.
»Werden
S’ schon noch sehen.« Ein klein wenig hatte ich ihr Temperament beruhigt.
»Jetzt schnappen S’ Ihna den Tee und gehen S’ frühstücken. I hab gnug zum tun
in der Kuchl. Eier holen, Erdäpfel aufsetzen, den Braten spicken, einheizen,
und irgendwer hat dem Chef a Flascherl Evian gfladert.«
Ich
versuchte, möglichst unschuldig dreinzuschauen, schnappte mir den Tee und
machte mich auf den Weg ins Esszimmer.
Die
Fenster des Esszimmers schauten über die flacher werdenden Hügel hinweg nach Südosten.
Die Morgensonne war hier noch schöner als in unserem Zimmer. Das Holz glänzte
dort, wo es poliert war, warm. Die unpolierten Flächen gewannen durch das Licht
soviel Textur, dass man fast gezwungen war, sie zu berühren und zu betasten.
Das weiße Leinen, das glänzende Metall und das schön angerichtete Frühstück
komplettierten den Eindruck von Heimeligkeit und Wohlgefühl.
Am
Tisch saßen bereits Anne und Jenny, sonst noch niemand. Ich stellte meine
Teekanne ab und setzte mich dazu. Wir tauschten ein paar Bemerkungen über den
herrlichen Morgen, dann stand ich auf und ging zur Anrichte. Es gab herrliche
warme Semmeln, die in Stoffservietten gehüllt nur darauf warteten, gegessen zu
werden. Ich nahm mir zwei, ein bisschen Butter und Marmelade. Marmeladen gab es
etliche, und ich wusste nicht, was Laura so mochte. Also nahm ich nur Pfirsich.
Ansonsten war noch eine große Auswahl an Müsli, Cornflakes, Eiern und gebratenem
Speck vorhanden. Ich bin sowieso nicht der große Esser, und schon gar nicht zum
Frühstück. Meistens bin ich froh, wenn Kaffee oder Tee unten bleiben.
Ich
setzte mich wieder zu den anderen. Während ich mir die Semmel schmierte, fragte
ich Jenny
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