Beziehungswaise Roman
nehmen die Sache ernst, aber he, das Leben ist schön!«
Keine Reaktion. Ich mache weiter.
»Ökologie muss sexy und sinnvoll sein, dann hast du eine massentaugliche Bewegung ... warte ... verdammt! Das ist es! Es muss sein wie Karneval!«
Damit entlocke ich ihm dann doch mal ein Stirnrunzeln. Ich nicke euphorisch.
»Wenn man es schafft, dass die Leute zur Demo gehen, um ’ne Nummer zu schieben und sich zu besaufen, dann,Gott, dann hast du die Wiedergeburt der Ostermärsche, ach, was sage ich, mit Saufen und Ficken kriegt man sogar die Fußballfans! Und alle Karnevalisten! Und die Teenager! Und die Singles! Wahnsinn! Wir müssen ökologische Singlepartys machen und die Miss Umweltschutz wählen! Nackte Robbenretterinnen, das kommt bei den Blutblättern bestimmt super!«
Ich kann mich gerade noch bremsen, bevor ich ihm Obenohne-Catcherinnen in Ökojoghurt vorschlage. Er mustert mich wieder regungslos. Das Lächeln ist verschwunden. Ich hebe die Hände.
»O.k., klar, du hast recht, ich dachte nur ... Jedenfalls kann ich euch ja schon mal die Pressetexte etwas aufpolieren. Wäre das in Ordnung? Ich würde wirklich gerne mitmachen, ich meine, he, lass uns die Umwelt retten.«
Sein Kopf neigt sich einmal kurz nach vorn.
»Ich frage sie«, sagt er. Dann schaut er wieder zum Café. »Prima«, sage ich und folge seinem Beispiel. Nichts zu sehen. Wir sitzen regungslos da, während die Temperatur im Wagen weiter sinkt. Ich würde gerne den Motor anschmeißen, aber im Stand einen Motor laufen zu lassen würde unsere potenzielle Zusammenarbeit so zuverlässig beenden wie ein gemeinsamer Urlaub mit Le Pen.
Die Tür des Cafés öffnet sich, und Frauke kommt wie ein Zombie durch den Matsch auf uns zu. Arne öffnet die Tür. Sie steigt ein, zieht die Tür zu, lehnt sich im Polster zurück und atmet durch. Ihre Augen sind trocken, aber ihr Gesicht ist fleckig.
»Er wird nie seine Frau verlassen, nie wieder anrufen und wünscht mir viel Glück. Seid ihr jetzt zufrieden?«
Ich nicke.
»Was hast du ihm gesagt?«
»Ich wollte bloß, dass wir uns zu festen Zeiten sehen und dass er auch mal bei mir schläft.«
»Und?«
Sie schüttelt langsam den Kopf.
»Kann er seiner Frau jetzt nicht zumuten.«
Ich versuche weiterhin, ernst zu schauen, muss aber dann grinsen. Frauke blickt zwischen uns hin und her.
»Ihr seid echt krank, wisst ihr das?«
»Ja, aber wir lieben dich viel mehr als er«, sage ich.
Zu meiner Überraschung nickt Arne. Ich wende mich wieder nach vorne und starte den Wagen, während ich sie im Rückspiegel mustere.
»Du hast das Richtige getan. Glaub mir. Ich meine, du redest hier mit einem Fachmann für verschleppte Beziehungen. Manchmal ist es besser, sich zu trennen, wenn die Perspektiven nicht mehr stimmen.«
Im Rückspiegel sehe ich, dass Fraukes Gesicht sich rötet. Sie senkt ihren Kopf und beginnt unterdrückt zu schluchzen.
»Jetzt wird alles besser«, sage ich und schaue Arne im Rückspiegel an. Er sitzt da wie ein gottverdammter Klotz. Ich schaue ihn an ... schaue Frauke an ... schaue ihn wieder an. Sein rechter Arm hebt sich und legt sich um ihre Schulter. Sie schluchzt auf, versteckt ihr Gesicht an seiner Brust und weint. Ich nicke ihm im Rückspiegel anerkennend zu. Er starrt ausdruckslos zurück. Meine Mundwinkel verziehen sich. Ich zwinkere gegen die Tränen an und fahre los. So viel Liebe in meinem Leben.
Kapitel 40
Für eine Spontanparty füllt sich die Halle erstaunlich schnell. Als könnten sie es gar nicht abwarten, die beiden Irren zu sehen, die sich trennen und das auch noch feiern. Wir hingen ein paar Stunden am Telefon, um möglichst viele der Leute zusammenzubekommen, die wir in den letzten sieben Jahren kennen gelernt haben. In den Reaktionen überwog Skepsis. Trennungsparty? Habt ihr das falsche Kühlschrankfach erwischt? Viele fanden es total bescheuert, doch jetzt strömen sie herein, um bloß nichts zu verpassen, und wir müssen es jedem Einzelnen erklären. Äh, ihr feiert, dass ihr euch trennt? Ja. Also, ihr trennt euch wirklich? Ja. Obwohl ihr euch liebt? Ja. Wir erklären geduldig, dass wir uns upgedatet haben. Alle nicken verständnisvoll, die Frauen raten uns, einen Paartherapeuten aufzusuchen, die Kerle legen uns nahe, einfach mal wieder eine Nummer zu schieben. Haben wir schon versucht, erklärt Tess. Genau, stimme ich zu, sie dienstags, ich mittwochs. Deswegen trennen wir uns ja, legt sie nach. Ich ziehe sie lachend an mich und küsse sie. Das ruft Unverständnis
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