Beziehungswaise Roman
blättert nervös in der Karte. »Was habt ihr getan?«, fragt sie langsam und wendet uns ihr Gesicht zu.
»Noch nichts«, sage ich. »Und darum gehst du jetzt da rüber und klärst die Sache.«
Sie schaut von mir zu Arne und wieder zurück. Ihre Augen funkeln.
»Spinnt ihr, oder was?«
Arne schaut aus dem Fenster. Ich zucke die Schultern. »Weißt du, das ist so ’ne neumodische Sache. Arne will mit ihm den Boden aufwischen, aber wegen der Gleichberechtigung darfst du die Sache selbst klären.«
Sie schaut noch einmal zwischen uns hin und her und lacht hämisch.
»Ihr seid total durchgedreht.«
»Geh schon.«
Sie verzieht das Gesicht, lehnt sich in die Polster, verschränkt ihre Arme über der Brust und schaut mich mitfühlend an.
»Lasse, ich weiß, du machst gerade eine schwere Zeit durch, aber das hier ...«
»Falsch«, unterbreche ich sie. »Ich mache gerade eine großartige und traurige Zeit durch. Meine Beziehung ist zu Ende.
Mein Vater ist tot. Mein Leben ist an einem Wendepunkt angelangt. Aber ich bin wieder wach. Ich bin bei mir. Doch wo bist du? Bist du die, die jeden Abend frustriert zu Hause hängt und an ihn denkt und sich zuraucht, weil du weißt, dass du ihn nie ganz für dich haben wirst? Bist du die, die den ganzen Tag Liebesfilme schaut und Schnulzen liest und sich dann mit einer Affäre zufrieden gibt? Bist du die, die Liebe will und sich mit Geilheit abspeisen lässt, bevor der Typ nach Hause geht, um seine Frau zu schwängern?«
Sie starrt mich mit zusammengekniffenen Augen an. »Er liebt mich.«
»Willst du nie wieder einen Mann lieben, der ausschließlich mit dir schläft? Willst du nie wieder zusammen mit deinem Partner in Urlaub fahren? Zusammen leben? Zusammen Pläne schmieden? Gemeinsam aufwachen? Ich meine, außerhalb eines verdammten Hotelzimmers?«
»Er liebt mich ...«, wiederholt sie und vielleicht hört sie selbst, wie verzweifelt das klingt, denn ihre Augen werden feucht. Sie wendet ihren Blick ab und schaut wieder rüber zum Café.
»Wenn du ihn auch liebst, dann geh jetzt da rüber und beende es, sonst spielt Arne ein bisschen Guantanamo mit ihm.«
Arnes Kopf bewegt sich einen Zentimeter in meine Richtung. O.k., eine Nummer sachter. Frauke schüttelt den Kopf. Eine Träne löst sich und tropft auf ihr Kleid.
»Lasse, wenn du glaubst ...«
»Scheißegal.«
»Ihr könnt nicht ...«
»Scheißegal.«
Sie hebt ihren Blick und schaut von mir zu Arne.
»Jungs, ihr meint das bestimmt gut, aber wenn ihr glaubt, dass ich ...«
Ich klatsche mit der Hand auf die Kopfstütze.
»Kapier es endlich: Du liebst ihn, aber er liebt dich nicht. Niemand, der dich liebt, würde dich so behandeln. Er wird sich nur so lange mit dir treffen, wie du seine Regeln befolgst. Er wird dich nie besuchen kommen. Er wird nie deine Freunde kennen lernen, du wirst nie seine Freunde treffen, ihr werdet euch immer nur heimlich sehen. Willst du nie heiraten? Willst du keine Kinder? Keine Familie? Und stell dir vor, er schwängert dich, was dann?«
»Wir verhüten«, sagt sie trotzig.
»Und was, wenn doch? Kommt er dann alle zwei Wochen zu Besuch, poppt Mama, spielt ’ne Stunde mit dem Kleinen und geht dann wieder zu seiner Familie nach Hause, während du deinem Kind erklärst, wieso Papa immer wegmuss? Frauke, diese Sache kann kein gutes Ende nehmen. Das ist kein Film, und wenn, dann wärst du nicht mal die Heldin. Seine Frau ist die Heldin. Du bist der Bösewicht, und es gibt keine Chance auf Happyend, denn er muss seine Familie verlassen, um bei dir zu sein. Und falls er das tun würde, hättest du für immer und ewig Schuldgefühle – und weißt du warum? Weil du nicht so ein Arsch bist wie er. Du nimmst auf andere Menschen Rücksicht. Er nicht. Nicht auf dich, nicht auf seine Frau, nicht auf seine Kinder. Er hat dich nicht verdient. Er macht dich unglücklich. Seitdem du ihn kennst, kiffst du dich nur zu und wartest auf seinen Anruf, doch das ist ihm egal, weil er bekommt, was er will. Er beschützt dich nicht, und das kann keine Liebe sein, und wir, die dich lieben, ertragen das nicht mehr, also geh. Jetzt. Da rüber. Und klär es.«
Sie fährt sich durchs Haar, wirft einen Blick zum Café, dann wieder zu Boden. So sitzen wir einen Augenblick. Dann sieht sie mich an und richtet einen zittrigen Zeigefinger auf mich.
»Das ist nicht fair.«
»Ich weiß, aber ...« Ich versuche alles, was ich für sie empfinde,in meinen Blick und meine Stimme fließen zu lassen. »Ich liebe dich.«
Sie
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