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Beziehungswaise Roman

Beziehungswaise Roman

Titel: Beziehungswaise Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Birbaek
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also das Trennungspaar?«
    Wir nicken, und ich kann mir den Du-sprichst-aber-gut-deutsch-Spruch gerade noch verkneifen. Sie mustert uns abwechselnd mit ihren Mandelaugen.
    »Soll man da gratulieren?«
    Wir nicken beide.
    »Dann gratuliere ich euch von Herzen. Das ist ein schönes Zeichen, dass ihr euer Leben lang in euch tragen werdet.« Sie verbeugt sich. Wir schauen sie an.
    »Ha«, grinst Manne und zieht seine Frau an sich. »Hast du Durst, Perlchen? Die beiden müssen sich jetzt erst mal von dem Schock erholen, dass ich dich nicht mit einem Bumsbomber hergeschafft habe.«
    Er kniept uns zu. Perlchen lächelt.
    »Ein schönes Fest wünsche ich euch.«
    »Äh, danke.«
    »Ha«, macht Manne wieder und zieht sie mit sich.
    Sie steuern eng umschlungen das Büfett an und grüßen in die Runde. Arnes Leute schauen ihnen grimmig nach. Ich sehe zu ihnen rüber und winke ab. Sie ignorieren mich. TV-Spaßmacher und Sextourist. Wer lässt sich schon ein so geiles Feindbild nehmen.
    »Schwester Tess«, sage ich.
    »Bruder Lasse.«
    Wir lächeln uns an.
    »Auch eine Art, sich Familie anzuschaffen.«
    Ihre Augen vergrößern sich ein Stück und verengen sich wieder, als sie losprustet. Überhaupt habe ich sie schon lange nicht mehr so gelöst gesehen. Das Ganze tut ihr gut. Das ist schön. Aber untendrunter sucht ein kleiner, eitler Fatzke in mir nach Anzeichen an ihr, dass das Ganze ihr auch schwerfällt. So eine kleine Ohne-dich-verwelke-ich-Nummer würde mein Ego schon verkraften, schätze ich. Vielleicht ist es deswegen so schwer, sich einvernehmlich zu trennen. Man merkt, dass es das Richtige wäre, sagt aber nichts, weil man nicht will, dass der andere einfach zustimmt. Denn wenn er es auch will, verletzt das, und dann will man nicht mehr und muss Dinge tun, damit der andere auch nicht mehr will, und erst dann, wenn der andere nicht mehr will, kann man wieder. Himmel, sind wir kompliziert. Loslassen. Eine Kunst, die keiner lehrt.
    Tess hebt meinen rechten Arm an und legt ihn sich um die Schulter. Sie kuschelt sich an mich und schlängelt ihren Arm um meine Taille. Ich schaue zu Stan rüber und wackele mit den Augenbrauen. Er schüttelt den Kopf und schaut weg.
    »Woran denkst du?«
    Ich senke meinen Kopf etwas und schnuppere an ihren Haaren.
    »Ich dachte, das fragt man nicht.«
    »Nur in Beziehungen nicht«, sagt sie.
    »Und wo steht das geschrieben?«
    Ihre Schultern heben und senken sich.
    »Nirgends, das ist ja das Schöne, wir können uns die Regeln selbst ausdenken.«
    »Gut«, sage ich. Regeln ausdenken gefällt mir. Ich traf mal ein Ehepaar, das zusammen wohnen blieb, als sie sich trennten und sie von einem anderen Mann schwanger war. Der neue Kerl zog ins Haus ein, der alte Kerl hatte bald aucheine neue Frau, die ebenfalls schwanger wurde. Zwei Paare zogen die Kinder zusammen auf. Großartig. Das sind Geschichten, die Mut machen. Frei von Dummheit, Eitelkeit und falscher Liebe. Wieso lese ich solche Geschichten nie in den Zeitungen? Wieso tratscht mein Friseur nie über so was? Wieso stehen wir auf bad news ? Wieso wirken die aufregender? Wieso macht man sich lieber Sorgen, als glücklich zu sein? Wieso will ein Teil in mir ständig wegen Far traurig sein? Far ist tot. Sterben konnte er nur, weil er vorher gelebt hat. Und wie. Ich hatte mehr als vierzig Jahre mit ihm, also wieso jammern, statt dankbar zu sein? Ist Verlust etwa bedeutsamer als Gewinn? Wieso wirkt Pech nachhaltiger als Glück? Und wieso stelle ich mir solche Fragen auf einer Party?
    Kohl kommt mit seiner Frau, die genauso aussieht wie er. Schwere Stiefel, unförmiger Mantel, Pudelmütze, müdes Gesicht. Er stellt sie uns deprimiert vor, sie begrüßt uns geknickt, das Thema Trennungsparty scheint beide noch weiter herunterzuziehen. Er entdeckt seinen Agenten, und für einen Augenblick tritt so etwas wie Leben in sein Gesicht, dann verlöscht es, er geht gebeugt weiter. Seine Frau folgt ihm. Wir schauen ihnen nach, wie sie gegen die Schwerkraft ankämpfen und es dennoch irgendwie bis zu Herrn Scheunemann und Frau rüberschaffen, die es sich auf den Bänken bequem gemacht haben.
    »Ich dachte, so etwas gibt es nur bei Haustieren.«
    Tess stupst mich in die Seite, aber nicht so fest, wie ich erwartet hätte. Sie schaut zu Nina rüber, die den Spieß jetzt umgedreht hat und ihren Kollegen Arne vorstellt. Die Jungs machen natürlich ein paar blöde Witze. Arne, ganz der Partylöwe, mustert sie regungslos.
    »Nicht zu fassen«, murmelt sie.
    »Ist doch

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