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Beziehungswaise Roman

Beziehungswaise Roman

Titel: Beziehungswaise Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Birbaek
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schaut mich überrascht an. Dann schießen ihr wieder Tränen in die Augen, sie tropfen auf ihr Kleid.
    »Arne liebt dich auch«, fahre ich fort. »Es ist wirklich schwer, dich nicht zu lieben. Du bist ein guter Mensch, der sich in einen falschen verliebt hat, und darum müssen wir dich schützen. Wir tun das, weil wir dich schätzen, weil wir dich mögen, weil wir dich lieben. Wir wollen dich glücklich sehen. Hast du verstanden? Du bist sauer auf uns, weil wir dich unter Druck setzen, doch wir fahren hier nicht wieder weg, bevor du das geklärt hast.«
    Sie bewegt sich nicht. Sitzt einfach da, schaut runter. Ich schaue Arne an.
    »Stimmt«, sagt er.
    Ich schaue ihn weiter an. Er zieht seine Schultern einen Millimeter hoch. Toll. Ich schaue Frauke wieder an.
    »Und wenn du mir nicht glaubst, dann versuch doch mal, ein paar Regeln aufzustellen. Fordere irgendwas ein. Du wirst dann schon sehen ... Also, was ist: du oder wir?«
    Ein Bus fährt an uns vorbei, Matsch spritzt an unser Auto. Frauke bewegt sich kein bisschen. Ich werfe Arne einen Blick zu. Er bewegt seinen Kopf leicht. Ich greife nach der Tür und öffne sie. Frauke hebt den Kopf.
    »Nein, warte ...«
    Ich ziehe meine Tür wieder zu, drehe mich im Sitz und schaue sie an. Frauke atmet hörbar durch. Sie wirft einen Blick zum Café, wischt sich übers Gesicht, dann greift sie nach dem Türöffner, öffnet die Tür und steigt aus. Wir schauen ihr nach, wie sie über die Straße geht und das Café betritt, sehen ihre sparsame Begrüßung, sehen, dass das Arschloch nervös zu uns rüberschaut. Ich hebe eine Hand und winke. Arne bleibt regungslos. Das Arschloch wendet den Blick ab, als hätte es Satan entdeckt. Frauke nimmtseine Kaffeetasse und geht an einen Tisch, den wir nicht einsehen können. Er folgt ihr wie ein begossener Pudel. Wir sitzen still da.
    Zwei Kindergärtnerinnen ziehen ein Rudel vermummter Kinder in einem Bollerwagen durch den Matsch. Ich muss an Sune denken. Ich vermisse es, sie arbeiten zu sehen. Und ich vermisse Far. Sune ist zu Ebba gezogen und bleibt dort, bis ich komme. Ich freue mich darauf, ihr gutzutun. Sie zum Lachen zu bringen. Abzulenken. Zuzuhören. Mit ihr Swing zu hören, Käffchen zu trinken und in Erinnerungen zu schwelgen, während das Leben langsam weitergeht. Sich verändert. Die Veränderung normal wird. Alles kann nicht wieder gut werden. Aber so viel wie nur möglich. Ich wünschte, ich hätte eine Zigarette. Sechs Jahre rauche ich nicht mehr, und es hat mir nie gefehlt. Ich atme tief durch.
    »Ich mag es, dass du deinen Schmerz nicht zur Schau stellst, aber mein Vater war weiter als du.«
    Arne reagiert nicht und schaut weiter zum Café rüber.
    »Er hat seinen Schmerz für sich behalten, aber seine Freude hat er immer mit anderen geteilt. Es wäre schön, wenn man dir auch mal deine Freude anmerken würde.«
    Arne schaut weiter zum Café. Wieder fährt ein Bus vorbei, wieder klatscht Matsch an die Karosserie.
    »In Ordnung«, sagt er.
    »Und noch was«, sage ich und drehe mich im Sitz zu ihm herum, »ich will mitmachen.«
    Er zögert, kann aber nicht verhindern, dass er wieder ein paar Silben an die Welt verschwenden muss.
    »Wobei?«
    »Bei deiner Wehrsportgruppe.«
    Nach einem weiteren Augenblick wendet er mir sein Gesicht zu und sieht mich ausdruckslos an.
    »Nenn sie nicht so.«
    »O .k.«
    Er mustert mich weiter.
    »Wieso?«
    »Ich will etwas Sinnvolles machen.«
    Das muss ihn noch mehr überraschen, aber auch jetzt merkt man ihm kaum etwas an. Er nickt leicht.
    »Da gibt es bald eine Demo gegen Bayer. Wir wollen Transparente an die Schorn...«
    Ich hebe schnell die Hände.
    »Nein, warte, ich dachte an Text. Das Wort, dein Schwert und all das, denn weißt du, was mich an dem ganzen Umweltding stört? Dass die Öffentlichkeitsarbeit zu ernst ist. Ich meine, klar, die Realität ist scheiße, aber schau dir doch mal eure Pressetexte und Infoblätter an; nichts als klein gedruckte Fakten, da quälen sich doch nur Leute durch, die eh schon Bescheid wissen, zumindest ging es mir so. Man muss es so erklären, dass die Leute es sofort verstehen. Einsteins Relativitätstheorie ist auch komplex und lässt sich dennoch auf fünf Zeichen reduzieren. Das sollte unser Vorbild sein.«
    Falls ihn das beeindruckt, behält er es für sich. Er mustert mich regungslos. Ich schüttele den Kopf.
    »Keine Angst, das wird nicht witzig, bloß ... cool. Wir müssen denen zeigen, he, das hier macht nicht nur Sinn, es macht auch Spaß! Wir

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