Bezugspunkt Atlantis
schießen?«
»Auf längst Tote!« betonte er. »Das haben Sie als Befehl aufzufassen, Konnat. Als Befehl im Namen der verbündeten Menschheit, die ohne die Ausschaltung der marsianischen Spätwaffe niemals in der heute bekannten Form existieren wird. Wahrscheinlich wird der Planet Erde vernichtet, nur um marsianischen Interessen des Jahres 187.000 vor Jetztzeit zu dienen. Aber nun sprechen Sie nicht wieder von Gewissensnot.«
Ich überlegte mit gebotener Sorgfalt. Reling definierte die Sachlage etwas verkehrt. Das hätte er beachten sollen.
»Sir, mir geht es nicht um eine Notwehraktion im Rahmen meines Auftrags, sondern um die damit verbundene Gefahr eines Zeitparadoxons. Wenn wir bei unserem Einsatz historische Gegebenheiten verändern, könnte es geschehen, daß der Ablauf der späteren Ereignisse beeinflußt wird. Wenn nur einer der abzuwehrenden Sklaven oder Verbrecher der spätere Vater einer bedeutungsvollen Persönlichkeit sein wird, kann diese Person niemals geboren werden.«
»Ihre Bedenken wären richtig, wenn Sie in die Zeit eines Wallenstein oder eines Stalin reisen würden«, wies er mich ab. »Dann könnte es zu einem katastrophalen Folgegeschehen kommen. Sie gehen aber um 187.000 Jahre zurück. Die Gefahr eines Paradoxons ist verschwindend gering.«
»Eins zu zehn hoch tausend«, warf Dr. Framus G. Allison ein.
Ich blickte zu dem schwergewichtigen Australier hinüber. Bisher hatte er das Kunststück fertiggebracht, zehn Minuten lang schweigend zuzuhören. Jetzt aber schien er an den Grenzen seiner individuellen Leistungsfähigkeit angekommen zu sein.
Schwitzend, die Schweißperlen von dem rotwangigen Gesicht wischend, stand er im Hintergrund des großen Hohlraums und drehte mit der Spitze seines Stiefels einige Kalksteinbrocken auf die andere Seite.
»Suchen Sie Regenwürmer, Doktor?« fuhr ihn der Alte an.
Framus’ blonde Haarborsten schienen sich zu sträuben. Er warf das durchtränkte Taschentuch auf den Boden und polterte:
»Feuerspeiende Drachen, wenn Sie mich schon fragen. Zum Teufel – ehe ich als beamteter Wissenschaftler in Ihren Verein eintrete, geht wirklich die Welt unter. Ich habe von einer Wahrscheinlichkeitsberechnung gesprochen, und die stimmt!«
»Wie jede Ihrer Berechnungen, nicht wahr?«
»Genau. Wenn Sie mich auch als Phantasten ansehen, so wehre ich mich entschieden dagegen, ständig gegen eine Mauer aus Borniertheit anzurennen. Machen Sie doch Ihren Mist allein! Und überhaupt, Sie Großmogul, für Schwätzer, die das bereden, was wir Aktiven längst besprochen haben, sollte hier kein Platz sein. Ziehen Sie sich zum Mittagsschläfchen zurück.«
Hannibal hielt sich mit hochgereckten Händen an der Fräse fest, schleuderte die Beine empor und begann in dieser seltsamen Körperhaltung eine Alarmsirene nachzuahmen. Sein Gelächter klang wenigstens so.
Ich war pflichtgemäß peinlich berührt. Goldstein hüstelte dezent, und Tanahoyl lachte, daß sein gewaltiger Bauch gegen das Doppelkinn hüpfte.
Reling meisterte die Situation als gerissener Fuchs.
»Großartig, Framus«, strahlte er gönnerhaft. »Sie sind unser Mann. Nur weiter so. Selbstverständlich werden Sie ab sofort auf meine wertvolle Unterrichtung verzichten müssen. Konnat, jetzt machen Sie Ihren Mist allein. Aber schnell, mein Herr! Ich will Sie in drei Stunden starten sehen. Gentlemen …«
Er winkte strahlend in die Runde, sprang zur Rampe hinauf und schritt davon.
»Hat er ›wertvolle Unterrichtung‹ gesagt?« stöhnte Framus. Sein Gesicht glich einer überreifen Tomate.
»Hat er«, feixte Hannibal. »Wenn Sie querkant durch die Decke
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