Bezwungen von deiner Leidenschaft: Roman (German Edition)
schon sagte, ein alter Mann. Genau genommen stand er in den Diensten meines Vaters, und davor – für sehr kurze Zeit – in denen meines Großvaters. Und als er Sie, Lady Rothewell, an jenem Tag auf unserer Türschwelle stehen sah, da erkannte er wohl, was kein anderer Mensch auf der Welt weiß – abgesehen von einem – dem Comte de Valigny.«
»Was?«, fragte Rothewell fordernd. »Und was hat Ihr Butler mit meiner Frau zu tun?«
Ein Ausdruck des Unbehagens erschien auf Halburnes Gesicht. »Weil Ihre Frau meine Tochter ist, Lord Rothewell«, sagte Halburne ruhig.
Ein Augenblick tödlichen Schweigens senkte sich herab, dann sagte Camille atemlos: » Mon Dieu , Sie müssen wahnsinnig sein. Wie kann er sich so etwas eingebildet haben? Wie können Sie ihm das glauben?«
Halburne schüttelte den Kopf. »In Wahrheit hat er sich sehr wenig eingebildet, Lady Rothewell. Er wusste genau, was er gesehen hatte, nachdem er wieder zu Kräften kam. Genau genommen hatte ich es auch von dem Augenblick an vermutet, in dem ich Ihren Namen auf der Karte las und Sie sah. Aber ich musste mir sicher sein. Du lieber Gott, nach so vielen Jahren … ich musste mir sicher sein.« Seine Stimme war zu einem Flüstern herabgesunken. »Ich kann mir nicht erklären, wie das geschehen ist. Nach fast zwei Wochen bin ich noch immer – nun, tief betrübt, denke ich, ist das Wort dafür.«
Camille sah angegriffen aus. » Mais non, das kann nicht sein.«
Rothewell war besorgt. Alle Farbe war aus Camilles Gesicht gewichen. Er stützte die Hände auf die Knie und beugte sich vor. »Das klingt wie eine Menge Unsinn, Halburne«, erklärte er brüsk. »Sie wollen damit sagen, dass Camille Ihre Tochter ist und Sie das nicht wussten? Ihre Mutter musste es doch wissen. Was sagen Sie denn da? Dass sie gelogen hat?«
Rothewell erkannte, dass ein Körnchen Wahrheit in seinen Worten steckte. Camilles Mutter musste etwas verwirrt gewesen sein, einen Gentleman wie Halburne zu verlassen, um einem Tunichtgut wie Valigny nachzusteigen. Konnte es sein, dass sie es sich gewünscht hatte, Camille wäre Valignys Tochter?
Halburne hatte beschwichtigend eine Hand geöffnet, aber sein Blick war auf Camille gerichtet. Er nahm jedes Detail ihres Anblicks in sich auf. »Es ist möglich, dass Dorothy es vielleicht nicht wusste«, sagte er fast entschuldigend. »Oder dass sie es sich einfach eingeredet hat.«
Camille schüttelte langsam den Kopf, in ihren Augen glitzerten Tränen. »Non, c’est impossible«, sagte sie leise. »Das kann nicht sein. Sie wollen mich davon überzeugen, dass Sie mein Vater sind? Und nicht der Mann, den ich mein ganzes Leben lang dafür gehalten habe? Wie können Sie überhaupt so etwas behaupten, nach all diesen Jahren?«
»Mein liebes Mädchen, bitte verzeihen Sie mir.« Schmerz kroch über Halburnes Gesicht. »Ich wollte Sie nicht quälen. Ich hatte jedoch den Eindruck, dass Sie dem Comte nicht … nun, vielleicht nicht übermäßig zugeneigt sind? Ich weiß, dass es viel zu spät ist, alte Fehler wiedergutzumachen. Wünschen Sie mich jetzt zum Teufel? Sie müssen nur ein Wort sagen, und ich werde gehen und Sie in Ruhe lassen.«
Rothewell sah noch immer seine Frau an. »Nein«, sagte er dann, stand auf und setzte sich zu Camille. »Ich denke, das Beste ist, die Wahrheit kommt ans Licht, meine Liebe.«
»Oui.« Camille sah ihn von der Seite an, und er konnte Hoffnung in ihren Augen erkennen. »Es ist das Beste – wenn es denn wahr sein kann.«
»Seien Sie versichert, das ist es, meine Liebe.« Der Earl griff in die Tasche unterhalb seines sorgfältig festgesteckten leeren Ärmels und zog einen Seidenbeutel hervor. »Es war Ihr rotes Kleid, das Fothering so verwirrte«, sagte er und holte etwas umständlich ein kleines Bild in einem goldenen Rahmen aus dem Beutel. »Er dachte, dass er einen Geist sieht, verstehen Sie?« Er überreichte Rothewell das Bild.
Behutsam nahm Rothewell das kleine Porträt entgegen und neigte es so, dass das Sonnenlicht nicht darauffiel. Er konnte kaum sein Aufkeuchen unterdrücken. Die Frau auf dem Bild hätte Camille sein können. Ihr dunkles Haar war hoch aufgesteckt, und der eckige gerüschte Ausschnitt ihres roten Kleides gehörte der Mode von vor sechs oder sieben Jahrzehnten an. Aber die Augen … der dunkle, honigfarbene Teint … guter Gott.
Mit einer Warnung in den Augen reichte er das Bild an Camille weiter. Sie zog scharf den Atem ein. »Mon Dieu!«, rief sie. »Wer ist sie?«
»Meine Mutter«,
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