Bezwungen von deiner Leidenschaft: Roman (German Edition)
Er sah Lady Sharpe an.
»Ich denke«, sagte er sehr ruhig, »dass wir lange genug auf diese Heirat gewartet haben.«
Lady Sharpe versteifte sich. »Wie bitte?«
Rothewell sah Camille an. »Ich wünsche, dass wir heiraten. Morgen Vormittag.«
»Morgen Vormittag?«, wiederholte Lady Sharpe ungläubig. »Kieran, niemand ist darauf vorbereitet.«
»Wir sind darauf so vorbereitet, wie wir es nur sein können, Pamela«, sagte Rothewell fest. »Ich wünsche, dass wir sofort heiraten. Sharpe, kümmerst du dich um das Nötige?«
Lord Sharpe schien mit diesem Verlauf der Dinge einverstanden zu sein. »Natürlich, alter Knabe, wenn das dein Wunsch ist«, sagte der Earl und nickte mit dem kahlen Kopf. »Hast du eine Sondererlaubnis?«
»Ja, schon seit einigen Tagen.« Rothewell sah wieder Camille an. Er bestand auf der morgigen Trauung, vermutete sie, weil er ihr heute Abend die Jungfräulichkeit genommen hatte. Sie hatte ihn nicht für so altmodisch gehalten.
»Meine Liebe, ich denke, wir sollten nicht länger warten.« Seine Stimme klang überraschend sanft. »Vertrauen Sie mir?«
Vertrauen Sie mir?
Camille schluckte bei diesen Worten.
Der verwirrende Blick seiner silbergrauen Augen hielt ihren in dem Dämmerlicht gefangen, und für einen kurzen Moment war es, als säßen sie allein in der Kutsche. Es war so weit. Dies war ihre letzte Möglichkeit, ihn zurückzuweisen. Wieder zur Vernunft zu kommen und zurückzukehren in das sichere, aber leere Leben, das sie so lange geführt hatte.
Auch Lord und Lady Sharpe sahen sie an und warteten auf ihre Antwort.
Camille schloss die Augen. Nein, es war zu spät, einen Rückzieher zu machen, erkannte sie. Nicht wegen dem, was sie heute Abend getan hatten. Sie wünschte, es könnte so einfach sein. Aber nein, es war zu spät wegen der Gefühle, die er in ihr geweckt hatte. Weil er das war, was sie wollte. Mochte Gott ihr helfen, aber er war, was sie wollte.
Närrin. Närrin. Oh, was für eine Närrin war sie doch.
Camille öffnete die Augen und holte tief Luft. » Oui , Monsieur«, sagte sie, und ihre Stimme klang überraschend fest. »Ich würde mich geehrt fühlen, Sie morgen zu heiraten.«
Kapitel 6
In welchem Rothewell die Segnungen des Ehestandes kostet
S chließlich erhoben sich im Salon von Lord und Lady Sharpe Rothewell und seine Braut, um ihr Ehegelübde vor einem brennenden Kaminfeuer und den einzigen Gästen, Xanthia und deren Ehemann, abzulegen. Der Spätnachmittag war eine ungewöhnliche Tageszeit für eine Trauung, aber schließlich war es ja auch eine Trauung unter ungewöhnlichen Umständen.
Lady Sharpe hatte ihr Bestes getan, eine feierliche Atmosphäre zu schaffen. Mit nur wenigen zur Verfügung stehenden Stunden Vorbereitungszeit und trotz eines unerwarteten Kälteeinbruchs, der einen grauen Himmel und einen peitschenden Wind mit sich gebracht hatte, war es ihr gelungen, den Raum mit frühlingshaften Blumengestecken aus weißen Lilien und Zweigen frischen Grüns zu dekorieren. Zudem hatte sie ein kaltes Abendessen vorbereiten lassen, das einem Sultan alle Ehre gemacht hätte.
Camille jedoch nahm die Blumen kaum wahr. Trotz ihrer tags zuvor in der Kutsche gezeigten Ruhe, hatte sie eine schlaflose Nacht hinter sich, in der sie wieder und wieder über das nachgedacht hatte, was zwischen ihr und Rothewell in der Bibliothek geschehen war. Die Ehe war nicht nur eine Formalität, wie sie es gern geglaubt hätte. Sie war ein heiliges Sakrament. Ihren Körper hatte sie Rothewell bereits gegeben, und als sie jetzt vor dem Priester und dem hoch aufflammenden Kaminfeuer stand, umgeben vom betörenden Duft der Lilien, beschlich Camille die Furcht vor der Heftigkeit ihrer Reaktion auf diesen Mann.
Sie fühlte sich, als machte sie den letzten Schritt über den Rand eines Abgrunds und hinein in eine schwarze, ungewisse Leere. Ungewollt – und vielleicht lächerlich – grub Camille ihre Finger in den Stoff von Rothewells Rockärmel.
Der Priester öffnete das Gebetbuch und begann zu lesen. »Liebe Anwesende, wir haben uns hier versammelt …«
Die Worte wurden in Camilles Bewusstsein schnell zu einem Gewirr von Klang und Licht. Sie musste sich daran erinnern zu atmen.
Rothewell, der vielleicht ihr Unbehagen spürte, legte seine Hand auf ihre und zog sie näher. Diese Geste gab Camille seltsamerweise Kraft, und ihre Knie hörten auf zu zittern. Sie schaffte es, ihren Eid zu sprechen, und als Rothewell flüsterte: »Gib mir deine Hand«, reagierte sie mechanisch
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