Bhagavad Gita wie sie ist
Individualität bleibt immer bestehen; ansonsten wäre bhakti-yoga gar nicht möglich. Bhakti-yoga bedeutet, daß der Herr existiert, daß der Gottgeweihte existiert und daß ein liebevoller Austausch zwischen dem Herrn und Seinem Geweihten stattfindet. Deshalb sind die Höchste Persönlichkeit Gottes und die individuelle Seele zwei verschiedene Individuen; sonst hätte das Wort bhakti-yoga keine Bedeutung. Ohne sich auf der gleichen transzendentalen Ebene wie der Höchste Herr zu befinden, kann man Ihm nicht dienen. Um ein persönlicher Diener des Königs zu sein, muß man sich die erforderlichen Qualifikationen aneignen. Die Qualifikation besteht darin, Brahman zu werden, das heißt frei von aller materiellen Verunreinigung. In der vedischen Literatur heißt es: brahmaiva san brahmāpy eti. Man kann das Höchste Brahman erreichen, indem man Brahman wird. Dies bedeutet, daß man mit dem Brahman qualitativ eins werden muß. Wenn man das Brahman erreicht, verliert man nicht seine ewige Brahman-Identität als individuelle Seele.
Vers 27
27
“aöNAAe ih" ‘aitaï"Ah"mama{tasyaAvyayasya ca /
zAAìtasya ca DamaRsya s$auKasyaEk(Aintak(sya ca //27//
brahmaṇo hi pratiṣṭhāham
amṛtasyāvyayasya ca
śāśvatasya ca dharmasya
sukhasyaikāntikasya ca
brahmaṇaḥ – des unpersönlichen brahmajyoti; hi – gewiß; pratiṣṭhā – der Ruheort; aham – Ich bin; amṛtasya – des unsterblichen; avyayasya – des unvergänglichen; ca – auch; śāśvatasya – des ewigen; ca – und; dharmasya – der wesenseigenen Stellung; sukhasya – des Glücks; aikāntikasya – höchsten; ca – auch.
Und Ich bin die Grundlage des unpersönlichen Brahman, das unsterblich, unvergänglich und ewig ist und das die grundlegende Natur höchsten Glücks ist.
ERLÄUTERUNG: Die Natur des Brahman ist Unsterblichkeit, Unvergänglichkeit, Ewigkeit und Glück. Das Brahman ist die Anfangsstufe transzendentaler Erkenntnis. Paramātmā, die Überseele, ist die mittlere, die zweite Stufe der transzendentalen Erkenntnis, und die Höchste Persönlichkeit Gottes ist die höchste Stufe der Erkenntnis der Absoluten Wahrheit. Deshalb sind sowohl der Paramātmā als auch das unpersönliche Brahman in der Höchsten Person enthalten. Im Siebten Kapitel wird erklärt, daß die materielle Natur die Manifestation der niederen Energie des Herrn ist. Der Herr befruchtet die niedere, materielle Natur mit fragmentarischen Teilen der höheren Natur, und dies macht den spirituellen Impuls in der materiellen Natur aus. Wenn ein durch die materielle Natur bedingtes Lebewesen spirituelles Wissen zu entwickeln beginnt, erhebt es sich von der Ebene der materiellen Existenz und steigt allmählich zu der Ebene auf, auf der es den Brahman-Aspekt des Höchsten erkennt. Diese Brahman-Erkenntnis ist die erste Stufe der Selbstverwirklichung. Auf dieser Stufe ist der Brahman-verwirklichte Mensch transzendental zur materiellen Existenz, hat aber noch nicht die Vollkommenheit der Brahman-Erkenntnis erreicht. Wenn er möchte, kann er auf dieser Brahman-Stufe bleiben, dann allmählich zur Paramātmā-Erkenntnis aufsteigen und von dort zur Erkenntnis der Höchsten Persönlichkeit Gottes. Hierfür gibt es in der vedischen Literatur viele Beispiele. Die vier Kumāras befanden sich zunächst auf der Stufe der Brahman-Erkenntnis, der unpersönlichen Auffassung der Wahrheit, doch dann erhoben sie sich allmählich zur Stufe des hingebungsvollen Dienstes. Wer über die unpersönliche Brahman-Auffassung nicht hinausgelangt, läuft Gefahr, von seiner Stufe herunterzufallen. Im Śrīmad-Bhāgavatam heißt es, daß jemand, der zwar zur Stufe des unpersönlichen Brahman aufsteigt, aber keinen weiteren Fortschritt macht und kein Wissen über die Höchste Person entwickelt, keine vollkommen klare Intelligenz besitzen kann. Deshalb besteht selbst dann, wenn man zur Brahman-Ebene emporgestiegen ist, immer noch die Möglichkeit, wieder herunterzufallen, wenn man nicht im hingebungsvollen Dienst des Herrn beschäftigt ist. In den vedischen Schriften heißt es ebenfalls: raso vai saḥ, rasaṁ hy evāyaṁ labdhvā nandī bhavati. „Wenn man die Persönlichkeit Gottes, das Behältnis aller Freude, Kṛṣṇa, versteht, erlangt man tatsächlich transzendentale Glückseligkeit.“ ( Taittirīya Upaniṣad 2.7.1) Der Höchste Herr ist von sechs Reichtümern erfüllt, und wenn ein Gottgeweihter sich Ihm zuwendet, findet ein Austausch dieser sechs Reichtümer statt. Der
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