Bianca Arztroman Band 0011
doch etwas für mich fühlen, sagte sie sich, aber das muss ja nicht unbedingt bedeuten, dass er mich liebt.
“Warum wollten Sie mich denn sprechen, James?”, fragte Nick, während er seinen Tee süßte.
“Ich brauche einen Rat”, antwortete James. “Und Sie sind die bestqualifizierte Person, die ihn mir geben könnte.”
“Hat es etwas mit Adrian Shaw zu tun?”, fragte Abbie.
“Ja. Hattest du schon mit Nick über ihn gesprochen?”
“Dazu hatte ich bisher noch keine Zeit”, antwortete Abbie und wich dabei Nicks Blicken aus. Er hatte wieder sein schwarzes Sweatshirt angezogen, und seine Haare waren noch feucht vom Schwimmen. Abbie saß wie auf Kohlen neben ihm, so sehr war sie noch in seinem Bann.
“Ich mache mir große Sorgen um Adrian”, sagte James. “Ich habe schon mit seinen Eltern Harry und Rose gesprochen, aber sie weigern sich zuzugeben, dass mit ihrem Sohn etwas nicht stimmt. Ihrer Meinung nach geht es Adrian gut, und dies ist das Ende der Geschichte.”
“Aber Sie sind ganz anderer Meinung? Und Abbie auch?” Er warf einen schnellen Blick in ihre Richtung und sah, dass sie nickte. “Sie sind beide zu Recht um ihn besorgt, so viel kann ich sagen. Nur dreißig Prozent aller an Schizophrenie erkrankten Menschen kehren nach der Behandlung in ein normales Leben zurück. Alle anderen bleiben auf Dauer pflegebedürftig, und es wird in ihrem Verhalten immer wieder eine Verschlechterung auftreten. Wissen Sie, ob Adrian weiter regelmäßig seine Medikamente nimmt?”
“Diese Frage habe ich an seinen Vater gerichtet, aber er gab nur eine ausweichende Antwort. Ich hatte den Eindruck, dass er den Gebrauch von Medikamenten nicht mehr für nötig hält”, antwortete James.
“Es könnte sein, dass er mit seinem Sohn gar nicht über dieses Thema spricht, um einer Konfrontation aus dem Wege zu gehen. Viele Verwandte tun sich schwer damit, bei den Patienten etwas durchzusetzen, was diese ablehnen, zumal schizophrene Menschen leicht wütend werden und überhaupt schwierig im Umgang sind.”
“Ich habe mich auch schon gefragt, ob hier das Problem liegt”, gab James zu. “Was raten Sie, Nick? Wir müssen etwas tun.”
“Wichtig ist, dass der junge Mann ermutigt wird, seine Medikamente weiter zu nehmen. Das ist die Voraussetzung für alle anderen Maßnahmen.”
“Aber es ist nicht einfach, einen Patienten zur Einnahme von Medikamenten zu überreden, wenn er sie nicht nehmen will”, warf Abbie ein.
“Das stimmt”, sagte Nick. “Der beste Weg ist, noch einmal mit den Eltern zu reden und ihnen verständlich zu machen, dass sie ihrem Sohn nicht helfen, wenn sie ihm nachgeben. Und darüber hinaus kann man ihnen Hilfe anbieten. Wie wäre es, wenn Abbie jeden Tag bei Adrian Shaw vorbeifährt und darüber wacht, dass er seine Tabletten einnimmt. Für einen Außenstehenden ist das oft viel einfacher als für Angehörige.”
“Das würde ich natürlich tun”, stimmte Abbie sofort zu. “Ich weiß nur nicht, wie Adrian darauf reagiert, wenn ich mich einmische. Als ich neulich mit ihm sprach, war er äußerst abweisend. Er fragte, ob
sie
mich geschickt hätten, dabei weiß ich gar nicht, wen er damit meinte.”
“Vielleicht meinte er seine Eltern damit. Schlimmer wäre es, wenn er schon Wahnvorstellungen hätte, die zu den hauptsächlichen Symptomen dieser Krankheit zählen”, erklärte Nick.
“Sie meinen, dass er Stimmen hört oder sich verfolgt fühlt?”, fragte James nachdenklich.
“Es wäre jedenfalls besorgniserregend, wenn dies der Fall wäre. Mein Rat ist, sich mit dem behandelnden Psychiater des Jungen in Verbindung zu setzen und seine Meinung zu erfragen. Es könnte sein, dass er Adrian sehen und neue Behandlungsmethoden anwenden möchte.”
“Das will ich tun. Vielen Dank, Nick. Ich bin froh, dass wir den Fall diskutieren konnten. Ich hätte dies gern gestern Abend getan, aber Sie waren ja leider nicht gekommen.”
“Es tut mir leid, aber es war einer dieser dummen Tage. Ich wäre bestimmt gern auf Ihre Party gekommen. Haben Sie sich alle gut amüsiert?”
James lachte. “Die meisten ja. Ich muss zugeben, dass ich heute Morgen noch ein wenig neben mir stand.” Lächelnd wandte er sich an Abbie. “Ich war froh, dass Adam dich nach Hause gebracht hat. Ihr seid offenbar gut miteinander ausgekommen, sodass es keine Qual für dich war, dich von ihm begleiten zu lassen”, sagte er ein wenig anzüglich.
Abbie mochte diesen Ton nicht und gab ihm dies zu verstehen, doch James
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