Bianca Arztroman Band 0011
mit dem Schlaf.
Er beugte sich über sie und küsste sie zart auf den Mund. “Mach dir keine Sorgen, Em. Es kommt alles wieder in Ordnung.”
“Ich weiß.” Ihr fielen die Lider zu.
Will machte leise die Tür zu. Auf dem Gang standen zwei Nachtschwestern, die ihm neugierige Blicke zuwarfen.
Klatschbasen, dachte er zornig und eilte an ihnen vorbei. Schon morgen würde die Gerüchteküche brodeln …
Er hoffte nur, dass Emily die Kraft hatte, das Gerede und die Bemerkungen zu übergehen.
“Wo ist meine Nichte?”
Emily und Helen sahen sich an. Die laute, herrische männliche Stimme draußen auf dem Gang kam ihnen bekannt vor!
Es war sieben Uhr am Abend und Emily war erstaunt, wie gut sie sich fühlte. Sie hatte den ganzen Tag tief und traumlos geschlafen und war erst vor einer Stunde wieder richtig wach geworden. Sie erinnerte sich vage, ein paar Mal Wills Gesicht gesehen zu haben, aber sie war zu erschöpft gewesen, um die Augen länger als ein paar Sekunden aufzuhalten.
Helen klapperte mit den Stricknadeln. “Die Schwestern sollten einschreiten und das Geschrei verbieten”, erklärte sie aufgebracht. “Schließlich sind wir in einem Krankenhaus!”
Emily strengte ihre Ohren an. “Gran”, sagte sie besorgt, “das klingt ganz nach …”
“Nein, nein! Ich habe deinen Onkel angerufen und ihm gesagt, dass du krank bist und er seinen Besuch verschieben muss.”
“Er ist es, Gran! Ich erkenne seine Stimme!”
Helen schlich zur Tür und öffnete sie einen Spalt. “Tatsächlich”, sagte sie frustriert. “Wahrscheinlich ist er bei uns gewesen, und Kevin hat ihm gesagt, wo wir zu finden sind!”
Es dauerte weniger als eine Minute, und Bert Chandler betrat Emilys Krankenzimmer.
Er war ein sehr großer Mann mit dichten grauen Haaren, maßgeschneidertem Anzug, passendem Hemd und Krawatte. Er sah selbstbewusst und autoritär aus. Ganz der erfolgreiche Geschäftsmann und Politiker in spe!
Er warf Emily einen misstrauischen Blick zu, ehe er Helen begrüßte.
“Hast du meine Nachricht auf dem Anrufbeantworter nicht gehört?”, fragte Helen kühl.
“Doch, aber da ich sowieso in eurer Gegend zu tun hatte, wollte ich einen Besuch machen.” Er warf Emily einen vorwurfsvollen Blick zu. “Ich hatte natürlich keine Ahnung, wie krank du bist! Ich war sehr überrascht, als Kevin sagte, dass du im Krankenhaus liegst!”
“Ich habe eine Nierenbeckenentzündung”, sagte Emily vorsichtig.
“Ich weiß. Außerdem bist du schwanger!”
Emily fehlten die Worte. Sie starrte ihren Onkel mit großen, dunklen Augen an.
Er hielt ihrem Blick stand. “Natürlich wollte ich wissen, warum du mit einer Nierenbeckenentzündung auf der Frauenstation liegst”, fuhr er fort. “Ich erfuhr den wahren Grund von einer der Schwestern.”
“Von welcher?”
“Das spielt keine Rolle. Als ich sah, wo du untergebracht bist, hatte ich sofort einen bestimmten Verdacht. Und so habe ich mich ganz unbefangen nach dir und dem Baby erkundigt. Die junge Schwester beruhigte mich und sagte, dass es dir besser geht und du keine Fehlgeburt zu befürchten hast.”
Emily schluckte. Bert war der geborene Politiker! Er verstand es meisterhaft, seine Umgebung zu manipulieren, wenn er an Informationen kommen wollte.
“Du hattest kein Recht …”, begann Emily empört.
“Oh doch, ich habe ein Recht! Insbesondere, da ich von Kevins letzten Eskapaden in der Schule erfahren habe!”
“Und? Was weißt du?”
Bert zuckte lässig die Schultern. “Genug, um mir berechtigte Sorgen über seine ineffektive Erziehung zu machen! Sein Verhalten schadet mir ungemein!”
“Warum sollte es? Du bist nicht sein Vormund?”
“Noch nicht, aber ich kann es werden. Ich fühle mich dem Sohn meines verstorbenen Bruders verpflichtet! Der Junge steckt bis über beide Ohren in Schwierigkeiten! Er braucht die starke, feste, konsequente Hand eines Mannes, an dem er sich orientieren kann!”
Emily schluckte tapfer ein paar Bemerkungen herunter. Es hatte keinen Zweck, Bert zu reizen. Er saß am längeren Hebel. Dennoch … so einfach ließ sie sich nicht einschüchtern. Sie hob den Kopf. “Kevin hat ein paar Schwierigkeiten”, gab sie zu, “aber welcher Junge in dem Alter hat das nicht? Jedenfalls ist es nichts Schlimmes! Es gibt keinen Grund zur Sorge.”
Bert warf sich in die Brust. “Ich weiß nicht, was du unter schlimm verstehst”, begann er scharf, “aber für mich sind Schlägereien und Diebstahl keine Bagatellen!”
“Diebstahl?”, riefen
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