Bianca Arztroman Band 0011
Emily und Helen gleichzeitig aus.
“Diebstahl!”, wiederholte Bert fast genüsslich und warf den beiden Frauen einen vernichtenden Blick zu. “Natürlich habt ihr nichts davon gewusst, hab ich Recht? Ihr lebt mit ihm unter einem Dach und habt keine Ahnung, was der Junge treibt!” Er kniff die Augen zusammen und konzentrierte sich auf Emily. “Kein Wunder! Du hast andere Sachen im Kopf! Treibst dich herum mit irgendwelchen Typen! Jetzt hast du das Ergebnis deiner Eskapaden auszubaden! Es ist eine Schande!”
Emily wurde leichenblass, und Helen ließ vor Schreck ihr Strickzeug fallen. Aber Bert war noch nicht fertig. Die Reaktionen der Frauen brachten ihn erst richtig in Fahrt.
“Bist du dir überhaupt im Klaren, was für ein Beispiel du abgibst?”, fragte er harsch.
“Das reicht!” Es war Will, der plötzlich in der offenen Tür stand. “Was fällt Ihnen ein, unsere Patientin anzupöbeln? Verlassen Sie augenblicklich die Station!”
Bert drehte sich überrascht um. “Sie müssen Dr. Hathaway sein”, stellte er unbeeindruckt fest.
“Nein, ich bin Dr. Patton.”
“Nun, Dr. Patton, hier wird niemand angepöbelt! Es handelt sich lediglich um eine interne familiäre Angelegenheit. Wenn das Thema meiner Nichte nicht passt, dann hat sie sich das selber zuzuschreiben. Schließlich ist sie alt genug, um zu wissen, was man tut und was man nicht tut”, erklärte Bert selbstgefällig.
“Emily liegt nicht umsonst im Krankenhaus”, sagte Will mit bewundernswerter Ruhe. “Sie ist krank und muss geschont werden!”
“Das bestreite ich nicht, aber Tatsache bleibt, dass sie unfähig ist, ihren jüngeren Bruder so zu erziehen, dass aus ihm ein nützliches Mitglied der menschlichen Gesellschaft wird. Ich habe lange genug Geduld gehabt. Jetzt ist Schluss! Ich werde die Vormundschaft für meinen minderjährigen Neffen beantragen.”
Emily sprang aus dem Bett. “Ich will sofort meinen Rechtsanwalt sprechen”, rief sie verzweifelt.
Aber Will schüttelte den Kopf. “Leg dich wieder hin, Em! Deine Infusionsschläuche geraten durcheinander. Du tust gar nichts! Überlass mir die Angelegenheit!”
Emily schwankte. Will hatte Recht. Im Liegen hatte sie sich noch ganz wohl gefühlt, aber als sie stand, spürte sie eine große Schwäche. Gehorsam kroch sie wieder unter die Decke. “Okay”, sagte sie leise.
Bert runzelte die Stirn. “Ich kenne Sie nicht, junger Mann, aber ich fürchte, das geht Sie nichts an!”
“Emily bekommt ein Kind von mir”, sagte Will drohend. “Und alles, was sie und ihre Familie betrifft, geht mich etwas an!”
Damit hatte Bert nicht gerechnet. Aber er fasste sich schnell. “Bist du mit ihm verlobt?”, fragte er Emily.
“Nein.”
“Es ist also nur eine Affäre, richtig?”
Emily schwieg.
“Auch wenn er Arzt ist und kein dahergelaufener Landstreicher, so ändert das letztlich nichts an der Sache. Du bekommst ein uneheliches Kind!”
Will hatte genug. Er sah, dass Emily am Rande eines Zusammenbruchs war. Das durfte er nicht riskieren. Er öffnete die Tür. “Bitte verlassen Sie das Krankenzimmer, Mr. Chandler. Ich bin bereit, mit Ihnen zu reden, aber nicht in Emilys Anwesenheit.”
Bert folgte ihm wortlos. Am Ende des Korridors war ein leeres Besucherzimmer.
“Also, was haben Sie zu Ihrer Verteidigung zu sagen”, fragte er und verschränkte die Arme über der Brust.
“Gar nichts!”, rief Will empört aus. “Weder ich noch Emily müssen Ihnen oder irgendeiner anderen Person Rechenschaft über unser Tun ablegen!”
Aber so schnell war Bert nicht aus der Fassung zu bringen. “Trotzdem will ich wissen, was Sie vorhaben! Werden Sie Emily heiraten, oder wollen Sie weiter mit ihr in Sünde zusammenleben?”, fragte er salbungsvoll.
Will wusste nicht, ob er lachen oder weinen sollte. Bert Chandler war der geborene Heuchler! Aber irgendwie musste er einen Weg finden! “Emily und ich werden nicht zusammenleben. Das haben wir vorher auch nicht getan. Ich habe ihr einen Heiratsantrag gemacht, aber sie hat abgelehnt.”
Bert lächelte listig. “Jetzt wird sie anders entscheiden”, sagte er langsam. “Wenn sie die Vormundschaft für Kevin behalten will, dann wird sie heiraten. Und wenn sie heiratet, dann werde ich die Sache vergessen und mich nicht mehr um das Schicksal meines Neffen sorgen. Das können Sie ihr sagen. Sie weiß, wie viel ich Wert auf anständige Verhältnisse innerhalb meiner Familie lege!”
Will schluckte. Er wusste, dass es Bert in erster Linie um
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