Bianca Arztroman Band 0011
ganze Familie! Gran, Kevin und ich”, gab sie zu. “Natürlich wollte ich nicht mit meinem Onkel über die Vormundschaft meines Bruders prozessieren!”
“Eben! Das meine ich ja! Du warst verzweifelt und außer dir. Dr. Patton hätte sich in dieser Situation anders verhalten müssen.”
“Ach, Molly! Es gibt wirklich keinen Grund, Will die Schuld in die Schuhe zu schieben! Was geschehen ist, geschah in beiderseitigem Einverständnis.”
“Du verteidigst ihn noch?”, fragte Molly empört.
“Ja. Auch ihm ging es nicht gut. Er steckte in einer Krise …”
Molly lehnte sich zurück und verschränkte die Arme im Nacken. “Okay, ich will nicht vorschnell urteilen”, erklärte sie edelmütig. “Außerdem treibt mich im Augenblick eine ganz andere Frage um!” Sie warf der Freundin einen scharfen Blick zu, in dem sich Anerkennung und Empörung mischten. “Wie hast du es geschafft, diese ungeheuerliche Geschichte durchzuziehen, ohne dass ich den geringsten Verdacht geschöpft habe? Schließlich war ich an jenem Abend ganz in deiner Nähe!”
Emily holte tief Luft. “Vielleicht erinnerst du dich, dass ich kurz vor Mitternacht aufstand und den Festsaal verließ …”
Emily atmete auf, als sie den lauten Ballsaal hinter sich hatte. Hier, im langen, dämmrigen Korridor des ‘Country Club’ war es angenehm ruhig, leer und kühl. Ein leichter Luftzug streifte ihre nackten Schultern und kühlte die erhitzte Haut.
Emily trug ein dunkelgrünes, bodenlanges, enges Abendkleid mit Spaghettiträgern und einem raffinierten Schlitz vom Knöchel bis zum Knie, der flottes Tanzen möglich machen sollte. Aber nicht nur das Kleid war unbequem, auch die hohen Stöckelschuhe zwangen sie zu vorsichtigen, kleinen, unnatürlichen Schritten.
Sie war froh, als sie am Ende des Flurs einen leeren, nur schwach beleuchteten Aufenthaltsraum mit gemütlichen Polstern entdeckte, bückte sich, streifte rasch die schwarzen Pumps ab und ließ sich aufatmend in einen der großen, weichen Sessel fallen.
Welche Wohltat!
Sie stieß einen erleichterten Seufzer aus. Es war schwierig und anstrengend, den ganzen Abend über ein lächelndes, fröhliches Gesicht zu machen, während man bis zum Hals in Problemen steckte! Sie beschloss, sich wenigstens eine halbe Stunde Ruhe und Entspannung zu gönnen, bevor sie sich erneut in den Trubel stürzte. Sie kuschelte sich tiefer in die Polster und lauschte der Tanzmusik, die aus der Entfernung angenehm und beruhigend klang. Sie schloss die Augen.
Die friedliche Idylle dauerte etwa zehn Minuten, ehe sie von Stimmen unterbrochen wurde. Emily öffnete die Augen und sah sich vorsichtig um. Sie entdeckte eine geöffnete Flügeltür, die in einen zweiten Raum führte. Im Türrahmen stand eine schlanke, attraktive Blondine neben Dr. Patton. Die Frau trug ein pfirsichfarbenes, schickes Modellkleid, das wunderbar zu ihrem Porzellanteint passte, während Dr. Patton im schwarzen Abendanzug nicht weniger elegant und attraktiv aussah!
Ein tolles Paar, dachte Emily mit einem Anflug von Neid und überlegte, wie sie rasch und unauffällig verschwinden konnte.
“Ich kann dich nicht heiraten!”
Emily erstarrte, als sie die klare, deutliche Stimme der Frau hörte. Instinktiv verkroch sie sich tiefer in die Polster.
“Du kannst nicht?” Dr. Pattons Stimme klang überrascht.
“Nein. Ich kann nicht. Ich dachte, ich könnte es. Aber ich kann nicht!”
“Das verstehe ich nicht! Was meinst du genau?”
“Ich kann dich nicht heiraten, Will!”
“Warum nicht, Celine? Es muss einen Grund für deinen Sinneswandel geben.”
Celine! Emily war nicht überrascht, was die Extravaganz des Namens betraf. Er passte perfekt zu der eleganten Erscheinung der auffallenden blonden Schönheit! Wieder spürte sie so etwas wie Neid. Sie selbst hatte nie viel Aufhebens um ihr Äußeres gemacht, aber wenn sie Frauen wie Celine sah, fragte sie sich manchmal, ob sie nicht mehr aus sich machen sollte. Warum gab sie sich mit ihrer natürlichen hellbraunen Haarfarbe zufrieden? Ein dramatisches Kastanienrot würde ihr schönes, lockiges Haar erst richtig zur Geltung bringen, nicht wahr? Sie tippte mit dem Zeigefinger auf ihre Nasenspitze. Eine Stupsnase, die man korrigieren könnte! Frauen wie Celine hatten niemals Stupsnasen! Sie hatten gerade, klassische Nasen, mit denen sie wunderbar auf andere Leute herabblicken konnten!
“Es ist kein Sinneswandel”, korrigierte Celine. “Als du mir den Heiratsantrag gemacht hast, habe ich dich
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