Bianca Arztroman Band 0011
war. Meistens waren es harmlose Verlegenheiten, in die mich meine älteren Geschwister gebracht haben!” Er zuckte die Schultern. “Mehr habe ich nicht zu bieten!”
Sie grinste. “Keine Ängste?”
“Nein.” Es klang fast beschämt. “Und Sie?”
Er bedauerte seine Frage sofort, denn ihre himmelblauen Augen verdunkelten sich, als ob die Sonne plötzlich verschwunden und Gewitterwolken aufgezogen wären.
“Oh, nur eine”, sagte sie. “Eine angsterregende Situation.”
Ihre Stimme klang leicht, aber er spürte, dass mehr dahinter steckte. Er wollte nicht fragen, auch wenn er es gern getan hätte. Ihm war klar, dass sie sowieso nicht geantwortet hätte.
“Wie viel Zeit verbringen wir durchschnittlich am Computer?”, wollte sie wissen.
Sie hatte das Thema übergangslos beendet und war wieder bei der Arbeit. Okay, er hatte nichts dagegen!
“Mehr Zeit, als mir lieb ist”, erwiderte er grinsend. “Aber die Schwestern nehmen uns viel ab. Natürlich müssen wir alles notieren. Sie ahnen nicht, wie oft die Klinik mit Anzeigen und Prozessen wegen angeblicher Falschbehandlungen konfrontiert wird! Natürlich geht es immer um hohe Schadensersatzsummen! Auch eine von diesen vielen unangenehmen Zeiterscheinungen!”
“Das wundert mich”, sagte sie. “Das Huntley-Hospital ist das größte staatliche Krankenhaus im Umkreis! Ich schätze, dass die meisten Einwohner hier geboren wurden!”
Er zuckte die Schultern. “Trotzdem ist es so, wie ich gesagt habe.” Er schwieg und überlegte, ob Anna Crane immer so interessiert an ihrer Umgebung war oder ob sie nur einen guten Eindruck machen wollte.
Er tendierte zur letzten Meinung. Diese Frau suchte den dritten Ehemann und hatte bereits begonnen, ihr Umfeld zielstrebig zu sondieren! Nur so konnte er sich ihre Frage nach den Gründen für sein Single-Dasein erklären!
Nun, ich habe ihr reinen Wein eingeschenkt, dachte er zufrieden. Mich kann sie von ihrer Kandidatenliste streichen! Ohne Wenn und Aber!
2. KAPITEL
Die restlichen Stunden des Nachmittags vergingen rasch und ließen Pete keine Zeit, sich weiter mit Anna Crane zu beschäftigen. Er traf sie gegen halb sechs, als sie gerade aus einer der Kabinen kam.
“Was macht Ihre Patientin mit dem gebrochenen Nasenbein? Ist sie noch hier?”, fragte er.
“Ja. Sie wartet draußen im Foyer auf mich.”
“Dann sollten Sie heute pünktlich gehen”, empfahl er.
Er hatte gerade den Satz beendet, als lautes Sirenengeheul die Ankunft eines Rettungswagens ankündigte. Er hob bedauernd die Schultern. “Ich fürchte, daraus wird nun nichts!”
Kelly, eine der Schwestern von der Rezeption, eilte herbei. “Gerade kam der Anruf vom Fahrer des Rettungswagens”, sagte sie. “Verkehrsunfall mit fünf Verletzten. Eine Familie mit zwei Kindern und der Fahrer des LKWs, mit dem sie kollidiert sind!”
Pete, Anna und zwei Schwestern der Spätschicht, die eben eingetroffen waren, eilten zum Eingang, wo der Rettungswagen hielt.
Die Sanitäter hoben das erste Opfer heraus. “Wahrscheinlich ist er der Vater”, erklärte einer der Männer. “Er hat gebrochene Rippen und ein gebrochenes Schlüsselbein durch den Sicherheitsgurt. Eventuell noch einen Oberschenkelbruch. Anfangs war sein Blutdruck stabil, dann sackte er rapide ab. Innere Blutungen, nehme ich an.”
Pete nickte und wandte sich an eine der Schwestern. “Jill, lauf in den OP, und kündige den Patienten an. Sie sollen sich auf eine Notoperation vorbereiten. Verdacht auf Aortenruptur!”
Jill rannte los, und Pete begleitete die Trage mit dem Verletzten. Er warf einen raschen Blick auf Anna. Sie würde ein paar Minuten allein zurechtkommen müssen. Er konnte den Mann nicht allein lassen. Die Gefahr eines Herzstillstands war zu groß.
Als er Minuten später zurück in die Ambulanz kam, atmete er auf. Anna hatte alles im Griff und die notwendigen Schritte zur Weiterbehandlung eingeleitet. Sie war am Telefon, als er die Kabine betrat.
Dann legte sie den Hörer auf. “Sie kommt gleich in den OP”, sagte sie und deutete auf die Verletzte. “Ich habe mit dem Chirurgen gesprochen. Beckenbruch und Verdacht auf innere Verletzungen im Unterleib.”
“Es ist die Mutter?”, fragte Pete.
Anna nickte, die Hand am Puls der halb bewusstlosen Frau. Sie beugte sich über die Patientin. “Sie können ganz ruhig sein”, sagte sie mit eindringlicher Stimme. “Ich verspreche Ihnen, dass ich so lange hier bleibe, bis jemand von Ihrer Familie kommt und sich um die Kinder
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