Bianca Arztroman Band 0031
noch ein einziges Mal ins Gesicht zu sagen, ich wüsste nicht, was es bedeutet, einen geliebten Menschen zu verlieren.”
Ethan sagte nichts. Er richtete sich langsam auf, wischte sich das Wasser aus dem Gesicht und schüttelte die Blumen von seinem Jackett. Der Schock stand ihm ins Gesicht geschrieben. Wie er sie sprachlos ansah, wurde Kate sich langsam dessen bewusst, was sie gemacht hatte.
“Es … es tut mir leid”, brachte sie gerade noch hervor. Dann schluchzte sie auf, drehte sich um und rannte hinaus. Sie lief wie von Panik getrieben durch die Korridore, bis sie in ihren Zimmer ankam. Verzweifelt warf sie sich der Länge nach aufs Bett und ließ ihren Tränen freien Lauf. Wie hatte das passieren können? Es war unfassbar. In ihrer ganzen Laufbahn als Krankenschwester hatte sie noch nie die Fassung verloren. Jetzt war sie gegen den Vater einer Patientin regelrecht handgreiflich geworden.
Sie stand auf und zog ihren Koffer unter dem Bett hervor. Es hatte keinen Zweck. Es war sonnenklar, dass Ethan ihr kündigen würde. Da war es immer noch besser, freiwillig zu gehen, bevor er sie rausschmiss. Sie hatte gerade ihren Koffer aufgeklappt, als es an der Tür klopfte. Für einen kurzen Moment war Kate versucht, es zu ignorieren. Aber das konnte sie nicht. Vielleicht war es Jodie, die sie brauchte. Sie ging und öffnete.
Es war nicht Jodie, es war Ethan. Einzelne Wassertropfen liefen immer noch an ihm herunter. Das Hemd war nass und hier und da klebten Reste von Blütenblättern darauf. Der Anblick, den er bot, war eigentlich recht lustig. Aber ihr war jetzt gewiss nicht zum Lachen zu Mute.
“Sie brauchen nichts zu sagen. Ich gehe schon. Ich bin gerade dabei zu packen”, sagte sie leise, während sie in ihr Schlafzimmer zurückging. “Sie hätten sich nicht hierher zu bemühen brauchen. Mir ist klar, dass ich gekündigt bin.”
“Kate …”
“Ich werde nicht lange brauchen. Geben Sie mir fünfzehn Minuten.”
“Kate, ich denke nicht daran, Sie hinauszuwerfen.”
Sie drehte sich um und sah ihn verwundert an. “Aber … nachdem ich … nach dem, was passiert ist …”
“Nachdem Sie mir diese kalte Dusche verpasst haben, meinen Sie?” Ein kurzes Lächeln spielte um seine Lippen. Dann wurde er wieder ernst. “Sie hätten mir von Ihrem Mann erzählen sollen.”
Kate schüttelte den Kopf. “Warum sollte ich Sie damit behelligen? Sie sind mein Chef, und das sind private Dinge …” Kate kam ins Stocken. Dicke Tränen liefen ihr über die Wangen. Sosehr sie sich auch mühte, sich zu beherrschen, ging ihr unterdrücktes Schluchzen schnell in ungehemmtes Weinen über. Ehe sie richtig begriff, was los war, lag sie in Ethans Armen und vergrub ihr tränenüberströmtes Gesicht an seiner Schulter.
“Es tut mir wirklich furchtbar leid”, schniefte sie, ohne ihn anzusehen. “Es tut mir leid, dass ich Ihnen etwas vorheule …”
“Wenn sich einer zu entschuldigen hat, bin ich es”, widersprach Ethan bestimmt und drückte sie ein wenig fester an sich. “Ich war so unsensibel wie ein Rhinozeros.”
Kate konnte nicht anders: Mitten in ihrer Flut von Tränen musste sie lachen. “Es ist nicht Ihre Schuld”, sagte sie, “Sie konnten ja nicht wissen …”
“Nein, nein. Da gibt es nichts zu beschönigen”, unterbrach er sie. “Ihr Ausbruch vorhin geht vollkommen in Ordnung, Kate, Sie sollten sich wirklich nicht dafür entschuldigen, dass Sie zu Ihren Gefühlen stehen. Das ist gar nicht gut.”
In seiner Stimme lag ehrliches Bedauern, und sie klang so sanft, dass ihr von Neuem die Tränen kamen. “Entschuldigen Sie”, sagte sie wieder.
“Gerade hab ich’s gesagt”, ermahnte er sie. Dann holte er ein Taschentuch hervor und wischte ihr behutsam die Tränen vom Gesicht. “Oh Kate …”, sagte er nur und strich ihr zärtlich das Haar aus der Stirn. Kate durchfuhr ein Schauer. Unwillkürlich wehrte sie ihn ab. Ethan ließ sie augenblicklich los.
“Eigentlich könnten Sie Ihren Koffer doch packen”, sagte er im nächsten Moment unvermittelt.
“Wie bitte?”, fragte Kate entgeistert.
“Sie verreisen. Wir alle werden verreisen. Bill Torrance hat heute Morgen klar zu verstehen gegeben, dass dieses Wetter Jodie nicht gut tut. Und er hat auch nicht ganz unzutreffend bemerkt, dass ich Urlaub gebrauchen könnte. Also fahren wir … nach Österreich.”
“Nach Österreich?” Kate konnte nicht glauben, was sie gerade gehört hatte. “Aber … aber Jodie kann nicht so ohne Weiteres reisen. Man
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