Bianca Arztroman Band 0031
Begriff war zu gehen. Nachdem er ihr den Hörer gegeben hatte, verließ er das Sprechzimmer.
“Seid ihr heil angekommen?”, erkundigte sich ihr Bruder sofort.
“Ja, alles ist bestens”, schwindelte sie, um ihrem Bruder nicht unnötig Sorgen zu bereiten.
Drei ihrer zukünftigen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen und der jeweils diensthabende Apotheker würden erst am Montagmorgen erscheinen, da sie aus Port aux Basques kamen. Linda Strachen, die Krankenschwester, kam bereits am Sonntagnachmittag.
Suzannah blickte auf den Parkplatz vor der Klinik, wo auch zwei Schneescooter für das Ärzteteam bereitstanden. Sie sah die langbeinige, rothaarige Frau selbstbewusst aus ihrem eleganten Auto steigen. Suzannah war sich sicher, dass sie eine der Direktorinnen der Gesundheitsorganisation sein musste, die dieses Projekt ins Leben gerufen hatte.
Aber als sie und Lafe, der zwei ihrer Koffer trug, in das Haus hineinkamen, wurde ihr die Frau als die Krankenschwester des Teams vorgestellt.
“Sie sind sicher eine Patientin der ersten Stunde”, sagte sie, noch bevor Lafe Suzannah hatte vorstellen können.
Suzannah ärgerte sich über die schnelle Art, beurteilt zu werden. Aber eine Halskrause und ein blaues Auge waren nicht das, was man von einer leitenden Ärztin erwarten würde.
“Ich muss Sie enttäuschen”, erklärte sie kühl. “Ich bin Dr. Suzannah Harding, Lafes Assistentin. Und meine Verletzungen rühren daher, dass er seine Angestellten bei Gelegenheit mit ein paar Hieben wieder in ihre Grenzen weist.”
In der darauf folgenden Stille war Suzannah fassungslos über das, was sie gerade gesagt hatte. Aber wie konnte die Frau es wagen, sie schon bei ihrer ersten Begegnung so herablassend zu behandeln.
Lafe sah sie mit kindlicher Freude an, und die neue Krankenschwester, die für einen Moment aus der Fassung gebracht war, lachte kehlig.
“Ich habe Sie verstanden, Dr. Harding.” Dann fuhr sie fort, als wäre nichts vorgefallen. “Ich würde gerne wissen, wo ich schlafe. Die Fahrt war lang.”
“Woher kommen Sie?”, erkundigte sich Lafe in seiner ungezwungenen Art.
“Aus St. Johns. Ich habe dort in einem der Krankenhäuser gearbeitet und brauchte eine Veränderung. Allerdings habe ich mir nicht bewusst gemacht, wie abgelegen dieser Ort ist.”
Sie sah Lafe mit grünen Augen berechnend an. Zu Suzannahs Verärgerung machte sie die gleiche Bemerkung, die Lafe vorher zu ihr gemacht hatte.
“Da müssen wir wohl selber für ein bisschen Unterhaltung sorgen.”
“Ich bin ganz Ihrer Meinung”, antwortete Lafe gelassen und nahm die Koffer wieder auf. “Ich zeige Ihnen, wo Ihre Hütte ist.”
In den Monaten, die Suzannah in Neufundland verbracht hatte, war sie immer wieder darüber erstaunt gewesen, wie schnell das Wetter wechseln konnte. Am Abend dieses sonnigen, milden Tages sank die Temperatur auf null Grad. Als sie am Morgen ihres ersten Arbeitstages aus dem Fenster sah, war sie überrascht, die Landschaft von einer dicken Schneeschicht bedeckt zu sehen.
Glücklicherweise war sie sowohl mit dicken Stiefeln als auch mit der richtigen Winterjacke ausgerüstet.
Sie wünschte sich, der Herbst würde noch etwas andauern. Es war ein so wunderbarer Herbsttag gewesen, an dem sie Lafe begegnet war. Diese Stimmung war so bezeichnend für ihre Beziehung; sie war warm, golden und wurde von Tag zu Tag kostbarer.
Vielleicht sollte der frostige Morgen sie wieder zur Besinnung bringen. Sie hatte sich am Tag zuvor albern benommen.
Die Gedanken an den gestrigen Tag erinnerten sie auch an die herablassende Art von Linda Strachen. Suzannah konnte nur hoffen, dass die Abgeschiedenheit und der eisige Winter sie zurück nach St. Johns treiben würde.
Als die selbstsichere Krankenschwester darüber gesprochen hatte, selbst für Unterhaltung zu sorgen, hing der Blick ihrer grünen Augen an Lafe. Suzannah war sich ganz sicher, dass er die Botschaft verstanden hatte. Würde auch er Signale an sie aussenden?
Als Suzannah aufschaute, sah sie Lafe vor seiner Hütte knietief im Schnee stehen. Sein Gesicht war von der Kälte leicht gerötet, und auf den Haaren lag der Glanz der blassen Sonne. Sie hielt den Atem an.
Dass er nicht verheiratet war, schien geradezu unglaublich. Aber er hatte selber gesagt, dass er ein Wanderer sei. Wie lange würde er es wohl an diesem Ort aushalten? Eine Sache stand für Suzannah fest: Bramble Bay war nur mit ihm an der Seite zu ertragen.
Der sanfte Aufprall eines Schneeballs an ihrer
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