Bianca Arztroman Band 0031
Wenn ich draußen bin, verschließt du die Tür und schläfst. Morgen frühstücken wir hier zusammen, in Ordnung?”
“Ja, gerne”, antwortete sie in der angenehmen Vorfreude auf ein Frühstück mit dem Wikinger.
Als Suzannah am folgenden Morgen in einem sonnendurchfluteten Zimmer erwachte, wusste sie für einen Augenblick nicht, wo sie sich befand. Dann kam die Erinnerung wieder. Der Elch, der vor ihren Jeep getreten war, Lafe, der sie in seinem Arm gehalten hatte, bis der Schock etwas nachgelassen hatte, und dann ihre Ankunft an diesem Ort, der in den frühen Morgenstunden wie der letzte Zipfel menschlicher Zivilisation gewirkt hatte.
Ihr Nacken schmerzte. Vorsichtig ging sie zum Fenster. Die Ansammlung von Häusern, die sie im Dunkeln nur hatten erahnen können, stand wohl angeordnet im Licht der Morgensonne. Und überall an der Küste entlang waren diese Häuser verteilt, so weit sie blicken konnte.
Direkt neben den Holzhäusern verlief ein sandiger Küstenstreifen, auf dem in Abständen die Fischerboote lagen; und dahinter, glitzernd, blau und atemberaubend, der Atlantik. Ein kleines Stück entfernt, auch direkt an der Küste, sah sie eine weiße Kirche.
Als Suzannah in das Landesinnere blickte, war sie erstaunt, das klobige Gebäude einer Fabrik zu sehen. Vielleicht gehörte es zu der englischen Papierfirma, die Neufundland vor langer Zeit als ein dicht mit Bäumen bewachsenes Stück Land entdeckt hatte.
Bramble Bay ist schön, dachte sie. Noch bewegte sich nichts. In der Stille der Morgendämmerung verbreitete der Ort Ruhe.
Aber wo war die Klinik?
Ein Klopfen an der Tür ließ sie zum Morgenmantel greifen. “Bin ich zu früh?”, fragte Lafe, als er ihren Haarschopf und den hastig übergeworfenen Morgenmantel betrachtete.
Sie schüttelte den Kopf. “Nein, ich habe großen Hunger. Die Aussicht ist herrlich. Bei Tageslicht ist dieser Ort bedeutend freundlicher.”
“Oh ja!”, antwortete er von ganzem Herzen. “Den ganzen Morgen schon sauge ich die Landschaft in mich auf. Mir ist aufgefallen, dass man die Klinik nicht sehen kann.”
“Ja, das habe ich auch schon festgestellt. Dabei sollte eine Walfangstation doch nicht so leicht zu übersehen sein”, antwortete Suzannah.
“Möglicherweise befindet sie sich hinter der Felswand, auf der Rückseite unserer Häuser. Ich schlage vor, dass wir uns nach dem Frühstück auf die Suche nach der Bramble Bay Klinik machen. Wir haben schließlich nur einen Tag, um uns dort zurechtzufinden.”
Lafe beobachtete sie, als sie in die Küche ging. “Wie geht es deinem Nacken?”
“Ich habe ihn mir verrenkt, glaube ich.”
“Lass mich mal sehen.” Er tastete den Hals vorsichtig ab. “Die Wirbel scheinen alle an der richtigen Stelle zu sitzen. Aber es ist sehr wahrscheinlich, dass die Muskeln gezerrt sind. Vielleicht finden wir in der Klinik eine Halskrause. Dabei fällt mir ein, dass ich Maisie Roberts fragen wollte, ob sie einen Mechaniker in der Gegend kennt, der dein Auto hierherbringen kann.”
“Ja”, stimmte sie abwesend zu.
Für den Jeep war gerade kein Platz in ihren Gedanken. Die Berührung der großen Hände mit den schlanken Fingern auf ihrem Nacken hätte für immer anhalten können. Aber sie wollte es nicht riskieren, ein zweites Mal auf jemanden hereinzufallen. Sie entzog sich seinen Händen mit einer abrupten Bewegung.
Er blickte sie irritiert an, und Suzannah schämte sich dafür, dass sie Lafe mit ihrem ehemaligen Verlobten verglich. Lafe war Nigel alles andere als ähnlich.
Trotzdem war sie noch nicht bereit für eine neue Beziehung, nicht, solange sie Nigels Betrug nicht verarbeitet hatte und einen Weg fand, mit dem immer noch anhaltenden Gefühl der Schuld umzugehen. Die Frage, die sie am meisten quälte, war, was Lafe von ihr dachte, wenn er davon erfuhr.
Lafe legte den Schinkenspeck in den Grill. Suzannah riss sich von ihren Gedanken los und deckte den Tisch.
Als sie sich gemeinsam an den Tisch setzten, fragte er: “Über was hast du eben gerade nachgedacht?”
Überrascht blickte sie auf. “Äh … über nichts Bestimmtes”, wich sie aus.
“Du warst mit den Gedanken in England, nicht wahr?”, hakte er nach. “Liebst du diesen englischen Arzt noch immer?”
Suzannah überlief ein Schauder. “Oh, ganz und gar nicht. Ich bekomme eine Gänsehaut, wenn ich an ihn denke.”
Mit dieser Antwort schien Lafe nicht gerechnet zu haben. “Was schmerzt dich dann so sehr?”
Sie entschied sich für einen Gegenangriff.
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