Bianca Arztroman Band 0031
wichtige Menschen in Ihrem Leben, Suzannah?”, erkundigte er sich, als sie sich an einen der Tische in dem Café der Passage setzten.
Sie zögerte. Wollte sie diesem Sohn Neufundlands mit den golden schimmernden Haaren wirklich eingestehen, dass es außer ihrem Bruder und dessen Familie niemanden gab?
Vor sechs Monaten hätte die Antwort noch anders gelautet. Sie war zu der Zeit von stiller Zufriedenheit, hatte in ihrem Traumberuf Fuß gefasst und freute sich auf den Tag, an dem sie sich mit dem Chefarzt des Krankenhauses verheiraten würde.
Lafe wusste, dass seine Frage sehr neugierig gewesen war, aber er konnte sie nicht zurückhalten.
“Es gibt niemanden außer ihnen”, gestand Suzannah zögernd.
Da sie ihren Kopf gesenkt hielt, bemerkte sie nicht, wie sich Lafes Augen erhellten, als sie weitersprach. “Ich bin auf unbestimmte Zeit nach Neufundland gekommen. Wenn es nach meinem Bruder und seiner Frau ginge, könnte ich für immer bleiben … und vielleicht tue ich das auch.”
“Sie sind also keinem Krankenhaus in Ihrer Heimat verpflichtet?”
Er konnte nicht ahnen, dass diese unschuldige Frage wie ein Messer in ihrer Wunde bohrte.
“Nein, ich bin nichts und niemandem verpflichtet”, sagte sie leise und wusste, dass sie ihn bei weiteren Fragen in seine Grenzen weisen würde. Nicht, weil sie es ihm übel nahm, dass er fragte. Aber die Antworten waren zu schmerzhaft, um sie auszusprechen.
Lafe schien zu spüren, dass er sich auf verbotenem Terrain befand, und verwickelte sie mit großer Vertrautheit in ein unverfängliches Gespräch.
Viel zu bald musste sich Suzannah verabschieden, um ihre Neffen von der Schule abzuholen. Mit verständnisvollem Nicken erhob sich Lafe vom Tisch.
“Wo wohnen Ihre Verwandten?”, erkundigte er sich.
Es war eine unverfängliche Frage, aber Suzannah wusste, dass die Antwort darüber entscheiden würde, ob sie sich wiedersehen würden oder ob ihre Bekanntschaft hier endete.
Sie wollte sie nicht beenden. Aber ebenso wenig wollte sie sich erneut einem Liebeskummer aussetzen. Und eine Beziehung war für sie unumgänglich mit Schmerz verbunden.
Also machte sie eine ungenaue Handbewegung in Richtung Hafen und sagte: “Dort, auf der anderen Seite der Stadt.”
Lafe nickte nur und reichte ihr die Hand zur Verabschiedung. “Es war sehr nett, Sie kennenzulernen, Suzannah Harding. Ich hoffe, Sie haben einen angenehmen Aufenthalt in meinem schönen Heimatland.”
“Ich werde mich bemühen”, antwortete sie und bereute, dass sie das Gespräch so abgebrochen hatte.
“Auf Wiedersehen, Lafe. Ich werde unsere Begegnung nicht vergessen.”
“Das freut mich. Und, Suzannah, was es auch ist, lassen Sie nicht zu, dass es Sie quält. Das Leben ist zu kurz.” Leichtfüßig wandte er sich um und ging auf das Krankenhaus zu.
Auf der Fahrt zur Schule musste sie unaufhörlich an ihn denken. Lafe hatte von sich selber nichts preisgegeben, außer der Tatsache, dass er Arzt war.
“Und wenn schon”, sagte sie bei sich. Es spielt keine Rolle. Sie würden sich wahrscheinlich nicht wieder begegnen.
John, Debbie und die Kinder hatten ihr über den langen, leeren Sommer hinweggeholfen. Sie hatten sie alleine gelassen, wenn sie alleine sein wollte, und waren für sie da, wenn sie jemanden gebraucht hatte.
Mit ihren zehn beziehungsweise sieben Jahren waren Richard und Robbie ganz begeistert davon, sie als neues Familienmitglied bei sich zu haben. Ihre Zuneigung für Suzannah war wie Balsam für ihr schmerzendes Herz.
Robbie stürmte mit schiefhängender Krawatte und halb offener Schultasche auf Suzannah zu. Richard folgte in etwas gemäßigterem Tempo und jugendlicher Ernsthaftigkeit, was Suzannah immer ein wenig rührte.
Als John von der Arbeit kam, setzten sich alle vier gemeinsam an den Esstisch. Während sie Platz nahmen, fragte ihr Bruder: “Was hast du heute gemacht, Schwesterherz?”
Sie sahen sich sehr ähnlich. Beide hatten haselnussfarbene Augen, braunes Haar und waren von gleicher Statur. Was ihre Persönlichkeiten betraf, hätten sie jedoch unterschiedlicher nicht sein können.
Ihr Bruder war selbstbewusst. Er hatte ihr immer wieder ans Herz gelegt, sich mit den Verantwortlichen des Krankenhauses in England in Verbindung zu setzen, um die Situation zu klären. Vielleicht hätte sie es sogar getan, wenn da nicht ihr ehemaliger Verlobter mit in die Angelegenheit verstrickt gewesen wäre. Der Schmerz war einfach zu groß.
Suzannah lächelte. “Ich hatte einen wunderbaren
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