Bianca Arztroman Band 0031
ruhig, aber er klang ganz angespannt. Sarah warf ihm einen Blick zu und wunderte sich über den gepeinigten Ausdruck, der sein Gesicht überflog. Sie wusste, wie er mit seinen Patientinnen mitfühlte, aber er wirkte so, als würde ihn die Situation persönlich mitnehmen …
Sie kehrte diesen sonderbaren Gedanken beiseite, um sich ganz auf die Patientin zu konzentrieren.
“Hannah muss sofort in den Operationssaal. Ich werde den Eingriff selbst vornehmen und möchte, dass Sie mir dabei assistieren, Schwester, wenn Sie so nett wären.” Er sprach in einem rein geschäftlichen Ton mit ihr.
“Natürlich.” Sarah streichelte noch einmal Hannahs Hand, dann stand sie auf. “Ich werde alles vorbereiten.”
“Danke schön.” Niall verließ den Raum, damit Sarah Hannah auf die OP vorbereiten konnte. Es würde kein schwerer Eingriff werden, aber der Grund dafür war einer der schrecklichsten überhaupt.
Hannahs Ehemann kam gerade an, als Hannah in den OP-Saal geführt wurde. Er war beruflich unterwegs gewesen, hatte sich aber sofort in den Wagen gesetzt, als Hannah ihn im Hotel erreicht hatte. Sarah ließ die beiden alleine, damit sie Zeit hatten, ihren Verlust zu betrauern.
Sie ging ins Büro und schrieb Hannahs Krankenbericht. Sie war überrascht, Deirdre Roberts, eine Gemeindehebamme, dort anzutreffen. Sie brauchte nur einen kurzen Blick auf Deirdre zu werfen, um zu erkennen, dass etwas nicht in Ordnung war, und Sarah hoffte inständig, dass nichts mit der Patientin, die Deirdre mitgebracht hatte, passiert war.
“Geht es dir gut, Deirdre?”, fragte sie, nachdem die Tür hinter ihr zugefallen war.
“Ach, ich denke schon. Immerhin bin ich noch an einem Stück.” Deirdre lächelte.
“Was meinst du?”
“Ach, Dr. Gillespie hat mich gerade in Stücke gerissen. Er hat mir deutlich zu verstehen gegeben, dass er mich für inkompetent hält.” Deirdre lächelte gequält, und Sarah bemerkte, dass sie sehr aufgeregt war. Das verwunderte sie auch nicht.
Wie in anderen Krankenhäusern auch, konnte eine Gemeindehebamme eine werdende Mutter bis zur Geburt begleiten und sie dann zur Entbindung ins Krankenhaus bringen, um sie dort weiter zu betreuen. Die Frau konnte ambulant entbinden und schon nach ein paar Stunden wieder nach Hause, falls alles in Ordnung war.
Sarah war auf diese Weise Deirdre schon mehrmals begegnet und hielt viel von ihrer Arbeit. Sie konnte sich nicht vorstellen, warum Niall ihr so etwas vorwarf.
“Wie kam er denn dazu?”, fragte Sarah verwirrt.
“Wegen Angela Murray, der Steißlage.” Deirdre fuhr fort, als sie merkte, dass Sarah wusste, worum es ging. “Ich kann ihn ja verstehen, aber Dr. Gillespie hat mich nicht zu Wort kommen lassen. Er hat mich so herablassend behandelt! Dieser eisige Blick.”
Sarah wusste, was Deirdre meinte. Es war noch nicht so lange her, dass sie diesem Blick ausgesetzt war …
Sie machte einen kleinen Gedankensprung, und plötzlich war sie wieder am Fluss, die Zeit wurde wieder zurückgedreht, und sie spürte wieder seine Lippen auf ihrem Mund. Er hatte sie leidenschaftlich geküsst, ja, da war sein Eis für kurze Zeit geschmolzen!
“Was ist denn passiert? Wusstest du, dass es eine Steißlage sein würde?”
“Ja, und ich hatte Angela erklärt, dass sie ins Krankenhaus gehen sollte. Ich hätte damals wohl besser meinen Mund halten sollen. Hätte ich es ihr erst kurz vor der Entbindung gesagt, dann hätten wir das Problem vermeiden können!”
“Das klingt aber drastisch”, lachte Sarah. “Das klingt so, als wollte Mrs. Murray auf keinen Fall im Krankenhaus entbinden.”
Deirdre nickte. “Scheinbar hatte sie bei der Geburt ihrer ersten Tochter schlechte Erfahrungen gemacht, keiner war an ihren Bedürfnissen interessiert. Angela meinte, dass sie sich wie ein Gegenstand auf einem Fließband gefühlt hatte, alles lief nach Plan, es gab keinen Raum für Menschlichkeit.
Deswegen hatte sie sich diesmal für eine Hausgeburt entschieden und dagegen war nichts einzuwenden, bis ich merkte, dass das Kind sich nicht gedreht hatte.”
“Wurde denn nicht versucht, das Kind in die richtige Lage zu bringen?”
“Doch, letzte Woche. Der Arzt hatte das Kind von außen in die richtige Lage gebracht, aber nach ein paar Stunden hatte es sich wieder gedreht. Da erklärte ich Angela, dass sie im Krankenhaus entbinden müsste und dass sie, wenn alles gut ginge, schon nach ein paar Stunden nach Hause gehen könnte.” Deirdre seufzte.
“Sie konnte sich nicht mit
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