Bianca Exklusiv 0189
Höhe.“
Das hoffe ich auch, dachte Sephy, und empfand plötzlich richtiges Heimweh nach ihrem chaotischen Job im Kundendienst. Ihr eigentlicher Chef, Mr. Harper, mochte arbeitsscheu sein und ihr einen Großteil seines Aufgabenbereichs überlassen, aber er war väterlich und gütig.
Dagegen wirkte Conrad Quentin wie ein schwarzer funkelnder Stern, der all die anderen Planeten um ihn herum dazu brachte, gelegentlich ihre Umlaufbahn zu verlassen. Das lag nicht nur daran, dass alle von seinem millionenschweren Bankkonto, scharfen Verstand und seiner rücksichtslosen, arroganten Art beeindruckt waren, die ihn dahin gebracht hatte, wo er heute war, sondern auch an ihm selbst, an seiner Person und der unheimlich männlichen Ausstrahlung. Dieser Eindruck wurde von der extrem teuren Kleidung noch unterstrichen, sodass ihn eine Aura von Reichtum und Macht umgab.
Conrad Quentin verkörperte alles, was Sephy eigentlich verabscheute. Doch andererseits fühlte sie sich unweigerlich zu ihm hingezogen.
Nun nickte er ihr aufmunternd zu, öffnete die Tür zu seinem Büro und sagte noch: „In zwanzig Minuten erwarte ich Sie hier drin, Seraphina, mit der Breedon- und der Einhorn-Akte sowie Notizblock und Bleistift.“
Nachdem die Tür hinter ihm ins Schloss gefallen war, lehnte sich Sephy erst einmal an Madge Watkins großen Schreibtisch. Doch gleich darauf flog die Tür wieder auf. Sephy zuckte zusammen, und Conrad Quentin fragte unvermittelt: „Wieso habe ich Sie eigentlich noch nie gesehen, Seraphina, obwohl Sie schon so lange für mich arbeiten?“ Dabei hörte er sich an, als hätte sie sich die letzten sechs Jahre absichtlich in einem Schrank versteckt.
Weil ich keine Mannequin-Figur und auch keine langen blonden Haare habe, lag es Sephy auf der Zunge zu antworten – denn diese Attribute gehörten unweigerlich zu dem Frauentyp, mit dem sich Conrad Quentin normalerweise umgab, wenn man der Regenbogenpresse Glauben schenken konnte. Aber dann besann sie sich eines Besseren. Und um ihren Chef nicht wieder zu verärgern, sagte sie: „Sie haben mich schon einmal gesehen, Mr. Quentin. Wir haben uns sogar unterhalten.“
„Tatsächlich?“ Seine schwarzen Augenbrauen zogen sich zusammen. „Ich kann mich gar nicht erinnern.“ Auch das schien er wiederum eindeutig Sephy zuzuschreiben.
Ich bin ja auch nur eine ganz normale dunkelhaarige Frau mit bernsteinfarbenen Augen und vielleicht einigen Pfunden zu viel, dachte Sephy und erklärte nun rasch: „Sie können schließlich nicht jeden, der für Sie arbeitet, persönlich kennen, so wie Sie sich in den letzten Jahren erfolgreich entwickelt haben.“
„Ich gehe mal davon aus, dass Sie damit meine Firma und nicht meinen Leibesumfang meinen“, erklärte er lächelnd und verschwand gleich darauf wieder in seinem Büro.
Ohne es zu ahnen, ließ er dadurch eine völlig verzauberte Sephy zurück. Das Lächeln hatte bei seinen sonst so harten Gesichtszügen wahre Wunder gewirkt. Damit hatte er ausgesehen wie ein Mensch – ein Mann zum Verlieben – und nicht wie eine arbeitswütige Maschine.
Sephy seufzte. Aber nun durfte sie nicht weiter über Conrad Quentins Wirkung auf sie nachdenken. Sie war schließlich hier, um die sagenumwobene Madge zu ersetzen. Auch wenn das sehr schwierig sein würde. Aber Sephy wollte es wenigstens versuchen.
Exakt zwanzig Minuten später klopfte sie an Mr. Quentins Tür, die verlangten Akten unterm Arm, Block und Bleistift in Händen. Dabei wünschte sie, etwas Modischeres angezogen zu haben, und nicht nur die weiße Bluse und den einfachen grauen Rock. Aber dafür war es jetzt zu spät. Wenn sie heute Morgen nicht verschlafen hätte, hätte sie sich auch die Haare hochgesteckt und sich ein wenig geschminkt.
Aber, überlegte sie dann, was mache ich mir eigentlich Gedanken über mein Aussehen, schließlich will Mr. Quentin nicht mit mir ausgehen, sondern arbeiten.
„Herein“, hörte sie ihn da sagen und dachte: Er will ein Arbeitstier, und solange ich in dieser Hinsicht seine Ansprüche erfülle, ist alles in Ordnung.
Conrad Quentin deutete auf den Stuhl gegenüber seines Schreibtisches und sagte: „Setzen Sie sich, Seraphina.“
Das war nun schon das vierte oder fünfte Mal, dass er sie mit ihrem vollen Vornamen angeredet hatte. „Ich heiße Sephy“, sagte sie, während sie sich auf dem Stuhl niederließ. Dann schlug sie die Beine übereinander, zwang sich, Conrad Quentin anzusehen, und fügte noch hinzu: „Kein Mensch nennt mich Seraphina,
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