Bianca Exklusiv 0189
Augenblick in Ohnmacht, und zum ersten Mal hörte Sephy die abgeklärte Personalchefin stammeln: „Das … das ist Sephy … Seraphina Vincent, Mr. Quentin, vom Kundendienst. Ich dachte, sie würde sich ganz gut dazu eignen, Miss Watkins zu vertreten. Wenn Sie natürlich anderer Meinung …“
Mr. Quentin hatte ihr mit einer Handbewegung das Wort abgeschnitten und wandte sich nun mit der Frage an Sephy: „Sie sind also der Meinung, dass ich meine Mitarbeiter ungerecht behandle?“
Sephy schwirrte der Kopf. Sie konnte kaum glauben, dass sie es gewagt hatte, dem Firmenchef von Quentin Dynamics derart unverschämt entgegenzutreten. Dieser unbedachte Ausspruch konnte das Ende ihres wohlorganisierten Lebens bedeuten. Keine Wohnung mehr in einer der besseren Gegenden Londons, kein stressiger, aber gut bezahlter Job mehr im Kundendienst. Und wenn man sie unehrenhaft entließ, wo sollte sie dann wieder eine entsprechende Anstellung finden?
Andererseits wusste doch jeder, dass Conrad Quentin seinen Mitarbeitern gegenüber die Rücksichtslosigkeit in Person war. Keiner wagte, ihm zu widersprechen. Seine Angestellten atmeten nicht einmal ungefragt in seiner Nähe. Sie musste einen Blackout gehabt haben, als sie sich beim Betreten der Chefetage so negativ über ihn geäußert hatte. Aber vielleicht, dachte Sephy nun, verzeiht er mir noch einmal, wenn ich mich reumütig genug zeige.
Als sie wieder zu ihm aufsah, erkannte sie in seinen blauen Augen, dass er ganz genau wusste, woran sie soeben gedacht hatte, und eine entsprechend demütige Reaktion erwartete.
Das brachte nun allerdings Sephys Ego auf den Plan, und innerhalb des Bruchteils einer Sekunde hörte sie sich sagen: „Aus dem, was man mir erzählt hat, lässt sich das schließen, Mr. Quentin, aber solange ich nicht selbst für Sie gearbeitet habe, kann ich natürlich nicht wirklich beurteilen, wie Sie mit Ihren direkten Mitarbeitern umgehen.“ Und dann hob sie das Kinn noch ein wenig höher und wartete auf seine Reaktion.
Während Conrad Quentin sie eine Weile wortlos anblickte, hatte Sephy Zeit, eingehend sein Gesicht zu betrachten. Dieser Mann war nicht wirklich gut aussehend, verfügte aber über eine geradezu magische Anziehungskraft, die tausend Mal interessanter war als ein jungenhaft ansprechendes Äußeres.
Schließlich erklärte er: „Nun, dann wollen wir Ihnen mal die Möglichkeit geben, selbst zu sehen, was es heißt, für mich zu arbeiten, damit Sie bei der Beurteilung meiner Person nicht mehr auf die Gerüchteküche angewiesen sind.“ Und zu Pat gewandt fuhr er fort: „Danke, ich glaube, Miss Vincent kommt ganz gut allein klar.“
„Ja, natürlich … Ich wollte ihr eigentlich auch nur zeigen, wo die Akten … Aber ja, bestimmt …“ Pat war schon wieder an der Tür, warf Sephy noch einen Blick zu, der so viel bedeutete wie: ‚Besser du wirst gefeuert als ich. Aber das hast du dir dann selbst zuzuschreiben.‘
Gleich darauf war Sephy mit dem mächtigen Oberhaupt von Quentin Dynamics allein.
„Sie arbeiten also schon eine Weile für uns?“ Conrad Quentins Stimme war tief, vielleicht ein wenig heiser, wodurch sie sich von anderen Männerstimmen abhob und sich einem unvergesslich ins Gedächtnis brannte.
Sephy brauchte eine Weile, bis sie das Gefühl hatte, ohne ein Beben in der Stimme sprechen zu können, und sagte: „Ja, seit sechs Jahren. Deshalb war Pat auch der Meinung, Sie würden mich einer Aushilfe von der Zeitarbeit vorziehen.“
„Ich arbeite nie mit Zeitarbeitskräften.“
„Oh“, sagte Sephy nun einfach, weil ihr nichts Besseres einfiel. Die ganze Zeit hatte Conrad Quentin sie unverwandt angesehen, und sie empfand es als äußerst schwierig, nicht dem drängenden Bedürfnis nachzugeben, den Blick zu senken.
„Meine Sekretärin stimmt ihren Urlaub immer mit meinem ab“, fuhr er gelassen fort, „und sie ist sonst auch nie krank. Das erlaubt mein Terminplan nicht.“ Nur an dem leichten Glitzern seiner saphirblauen Augen erkannte Sephy, dass er das nicht ernst gemeint hatte.
Sie standen im Vorraum zu seinem Büro, der zur Hälfte als Empfangsbereich ausgestattet war und an dessen anderem Ende man Miss Watkins Schreibtisch und die Aktenschränke untergebracht hatte.
Mr. Quentin ging nun darauf zu, erklärte mit einer umfassenden Handbewegung: „Machen Sie sich so schnell wie möglich mit allem vertraut. Auch wenn Sie sicherlich nur einige Tage für mich arbeiten werden. Miss Watkins ist bestimmt bald wieder auf der
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