Bianca Exklusiv Band 0088
Capriati zu sprechen, dem er während seiner Abwesenheit die Leitung der Geschäfte übertragen hatte. Doch obwohl Capriati den Anruf erwarten sollte, war er nicht da.
Carlo hängte wieder ein. Der Ärger über die Unzuverlässigkeit seines Mitarbeiters verschwand, als er zusah, wie Serena die Fenster im Hinterzimmer öffnete. Er stellte das Telefon auf den Tisch im Flur, ging zu ihr und schaute auf den Garten hinaus.
“Du darfst es nicht verkaufen”, meinte er beschwörend. “Du kannst so etwas Wundervolles nicht weggeben. Es könnte Leuten in die Hände fallen, die es nicht genug lieben.”
Sie wandte sich mit einem fragenden Blick zu ihm um. “Empfindest du das auch so?”
Beinahe hätte Carlo erwidert, dass er genau wusste, wie ihr zumute war, weil sie in vielen Dingen ähnlich empfanden, aber er schwieg vorsichtshalber lieber. Er folgte Serena die paar Stufen hinunter zum Rasen. Es hatte aufgehört zu regnen, die Sonne kam heraus und brachte die Regentropfen auf den Bäumen zum Glitzern. “Es ist genauso wie das erste Mal, als ich herkam”, sagte er ruhig. “Dort ist die Hängematte und dahinten das Wäldchen. Louisa kam über das Gras auf mich zugelaufen, und einen Moment später tauchtest du auf …”
Carlo schien in einem Traum gefangen zu sein. Serena war so wundervoll gewesen, als sie wie eine Vision durch die Bäume gekommen war. Eine Elfe mit nackten Füßen, zerrissenen Jeans und zerzaustem Haar. Sie hatte so natürlich und erregend ausgesehen. “Aber damals war alles in Blüte, nicht so kahl wie jetzt.”
Serena antwortete ihm in dem gleichen ruhigen Ton. “Und doch kann man schon winzige Knospen sehen, und bald werden die Blüten herauskommen, und es wird wieder Sommer sein.”
“Aber es wird nicht wie jener Sommer vor fünf Jahren sein”, sagte er leise.
Sie schaute ihn an. “Nein”, flüsterte sie. “Nicht wie jener Sommer.”
Eine Locke ihres seidigen Haars war Serena ins Gesicht gefallen. Carlo streckte die Hand aus und schob die Strähne zurück. Doch als seine Finger ihre Wange berührten, zog er sie nicht weg, sondern hielt inne. Sein Herz klopfte wild, das Blut rauschte ihm in den Ohren. Aber es war nicht so laut, dass es ihren heftigen Atem hätte übertönen können, den sie durch die leicht geöffneten Lippen ausstieß. Sie schaute ihn unentwegt an, und er erwiderte ihren Blick. Sie schienen im Mittelpunkt eines wirbelnden Universums zu stehen. In diesem einen Moment erkannten sie es endlich, und alles, was in den vergangenen fünf Jahren geschehen war, bekam plötzlich Sinn. Im nächsten Augenblick lag Serena in Carlos Armen.
Als er die Süße ihrer Lippen spürte und den Frühlingsduft der Luft einatmete, war er wie berauscht. Einen Moment lang versteifte Serena sich, doch dann gab sie nach, schien sich endlich nicht mehr gegen die unumstößliche Wahrheit zu wehren. Sie schmiegte sich in Carlos Arme, als hätte sie ein Leben lang auf diesen einen Kuss gewartet. Das Wissen, dass Serena sich ebenso sehr nach ihm sehnte, wie er sich nach ihr, weckte ein unbändiges Glücksgefühl in Carlo. Fünf Jahre lang hatte er sein Verlangen nach ihr bekämpft, hatte lange Nächte wach gelegen und davon geträumt, ihr Lächeln zu sehen, ihre leicht rauchige Stimme zu hören, ihre nackte Haut auf seiner zu spüren.
“Serena”, sagte er heiser, “du weißt es, nicht wahr?”
“Ja”, flüsterte sie. “Ja … ja …”
Erneut presste er den Mund auf ihren und fühlte die Weichheit ihrer Lippen. Es schien fast wie der erste Kuss zu sein, den er je einer Frau gegeben hatte, und in gewisser Weise war es auch so, denn endlich hatte er die Frau gefunden, von der er immer geträumt hatte. Eine Frau, von der er geglaubt hatte, sie könnte ihm niemals gehören. Er wollte weit mehr als nur Küsse oder körperliche Befriedigung. Er wollte die Liebe, die nur sie ihm geben konnte. Carlo sah Serena an und umschloss ihr Gesicht mit beiden Händen.
“Was passiert mit mir?”, flüsterte sie. “Ich wusste nicht, dass es einmal so kommen würde, und nun …”
“Und nun ist es einfach geschehen”, beendete er den Satz für sie. “Keiner von uns hat es geplant. Wir sind einfach von einer Macht überwältigt worden, die außerhalb unserer Kontrolle liegt.”
“Ich habe versucht, dagegen zu kämpfen. Ich wollte stark sein …”
Von den Blättern über ihnen fielen Regentropfen auf Serenas Gesicht. Sie erinnerten Carlo an Tränen, und er küsste sie rasch weg. Die Erkenntnis, dass er
Weitere Kostenlose Bücher