Bianca Exklusiv Band 0088
wählte eine Nummer und sprach nach ein paar Sekunden mit Harry, einem pensionierten Polizisten, der hervorragende Beziehungen hatte und ihr noch einen Gefallen schuldete. Sie erklärte ihm ihr Anliegen, und Harry versprach, sofort zurückzurufen, wenn er Näheres wusste.
Zehn Minuten später meldete er sich bei ihr. “Sie haben London vor einer halben Stunde in einem Privatflugzeug Richtung Rom verlassen. Das kleine Mädchen war durch den Reisepass des Vaters legitimiert.”
Sie dankte ihm und legte nachdenklich auf.
“Das kleine Mädchen war durch den Reisepass des Vaters legitimiert.” Das konnte Carlo nur geschafft haben, wenn er vorher Dawns Pass gehabt hatte. Und sie hatte ihm Dawns persönliche Dinge übergeben, weil sie gedacht hatte, dass er vielleicht doch noch etwas für seine verstorbene Frau empfand. Er hatte Serena die ganze Zeit nur etwas vorgespielt, und sie war darauf hereingefallen.
Ihr Herz schmerzte, als sie an die letzte Nacht dachte und daran, was sie ihr bedeutet hatte. Sie wollte sich nicht an das erinnern, was er ihr gesagt hatte, aber als ihr einfiel, was sie zu ihm gesagt hatte, errötete sie. Er musste sich prächtig über sie amüsiert haben!
Serena beherrschte sich, als könnte sie den Schmerz allein durch ihre Willenskraft vertreiben. Sie hatte keine Zeit, sich selbst zu bemitleiden. Der Kampf war noch nicht vorüber.
Die große Villa der Valettis lag etwas außerhalb von Rom an der alten Via Appia. Serenas Mut sank, als das Taxi sich dem Anwesen näherte und sie die großen schmiedeeisernen Tore sah, die fest geschlossen waren. Doch als sie dem Pförtner ihren Namen nannte, nickte er und öffnete sofort. Also erwartet Carlo mich, dachte sie.
Es war Frühsommer, und die Fluggesellschaften in Italien streikten. Serena hatte diese Verzögerung einkalkuliert und war stattdessen mit dem Zug gefahren. Die Reise hatte fast zwei Tage gedauert, und jetzt, während der Wagen auf das Haus zufuhr, fühlte Serena sich nicht zu einem Kampf fähig. Sie war müde und brauchte eine Dusche.
Sie nannte der Haushälterin ihren Namen. Daraufhin führte die Frau sie in einen kleinen Raum, von dem aus man den Garten überblicken konnte. Während Serena wartete, betrachtete sie neugierig die Umgebung. Der Wohlstand der Valettis zeigte sich in vielen kleinen Dingen, die in dieser Umgebung vollkommen natürlich wirkten. Der Boden bestand aus kühlem, schimmerndem Marmor, und die Leuchter über ihr waren aus wertvollem Kristall. Selbstverständlich kauften die Valettis nur das Beste. Nach einem Augenblick trat ein Mädchen mit einem Kaffeetablett herein und stellte es auf einen niedrigen Tisch. Das bestärkte Serena in der Annahme, dass sie erwartet worden war. Sie war jetzt bei Carlo zu Hause, und hier hatte er alle Vorteile. Das war die Botschaft, die er ihr schickte.
Sie nippte an dem Kaffee, der hervorragend schmeckte, und ging dann zu den hohen, französischen Glastüren. Eine davon stand offen, und Serena schaute auf den weitläufigen Rasen hinaus. Plötzlich tauchte ein Pony in ihrem Blickfeld auf. Darauf saß ein Kind in Reitkleidung und mit einer Reitkappe. Während Serena zuschaute, sprangen Pferd und Reiter über ein niedriges Hindernis und landeten sicher auf dem Boden. Dann schaute der Reiter hoch und bemerkte Serena. Das Kind stieß einen Freudenschrei aus, sprang vom Pferd und band die Zügel an einem Busch fest. Danach lief es schnell auf Serena zu.
Serena stieß heftig die Luft aus, als Louisas Arme sich um sie schlössen. “Serena, Serena!”, rief Louisa.
Ihre Freude brach Serena fast das Herz. Sie schien ihr zu zeigen, dass Louisa tatsächlich gegen ihren Willen hergebracht worden war. “Darling, es tut mir leid”, sagte sie eindringlich. “Ich dachte, du bist in Sicherheit, aber ich habe mich geirrt.” Louisa antwortete mit einer Flut italienischer Worte, und Serena versuchte, sie zu beruhigen. “Ich verstehe dich nicht, Darling. Aber es ist wundervoll, dich wiederzusehen. Wenn nur …”
Serena bemerkte Louisas Blick und wandte sich hastig um. Carlo stand hinter ihr und musterte sie kühl.
“Ich habe dich erwartet”, sagte er.
“Das konntest du auch”, erwiderte sie grimmig.
“Dad …”, begann Louisa.
“Nicht jetzt, Darling. Du kannst später mit Serena reden. Jetzt geh und reite dein neues Pony.”
Gehorsam wandte Louisa sich um und ging weg. Carlo und Serena betrachteten einander misstrauisch. Carlo wirkte bleich und eingefallen, nicht wie ein Mann, der
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