Bianca Exklusiv Band 0088
ohne auf die Worte des Führers zu achten. Ihre Gedanken beschäftigten sich ohne Unterlass mit dem, was sie herausgefunden hatte. Der Junge war Carlos Sohn, daran ließ seine Ähnlichkeit mit Carlo keinen Zweifel. Er musste geboren worden sein, als Carlo ein ganz junger Mann gewesen war und bevor er Dawn geheiratet hatte. Und die Frau war die Mutter des Kindes. Sie war älter als Carlo, vermutlich war sie seine erste Liebe gewesen. Als sie heute Morgen angerufen hatte, hatte er offenbar alle anderen Termine abgesagt, nur um sich mit ihr treffen zu können.
Auf der Heimfahrt geriet Serena in einen Verkehrsstau und erreichte die Villa erst spät. Valeria sagte ihr, dass Carlo Louisa von der Party abholte. Kurze Zeit später sah Serena die beiden lächelnd kommen. Louisas Fröhlichkeit traf Serena wie ein Schlag. Eines Tages würde Carlo erfahren müssen, dass sie nicht seine Tochter war. Und was würde dieser überhebliche, besitzergreifende Mann dann tun? Er hatte bereits einen Sohn. Wie auch immer er sich verhalten würde, es musste Louisa auf jeden Fall das Herz brechen.
Valeria klopfte an Serenas Tür. “Signorina, da ist ein Herr für Sie am Telefon. Ich habe das Gespräch durchgestellt.” Serena nahm den Hörer von dem Telefon neben ihrem Bett auf und hörte eine männliche Stimme. “Ich bin Primo Viareggi. Ich habe mir vorgenommen, unsere Bekanntschaft zu erneuern.”
Serena wurde sofort munter. Dieser Mann war ein Freund von Dawn gewesen. “Ich bin sehr froh darüber”, sagte sie.
“Freut es Sie genug, um heute mit mir essen zu gehen?”
“Sehr gern.”
“Warten Sie auf mich vor dem Gittertor. Ich kann Sie leider nicht abholen, weil Carlo mich nicht auf sein Grundstück lassen würde. Ich werde um zwanzig Uhr da sein.”
Um Viertel vor acht ging Serena die Treppe herunter. Sie trug ein kurzes Abendkleid in Smaragdgrün, mit einem dazu passenden Jackett. In diesem Moment trat Carlo in den Flur.
“Ich gehe aus”, teilte sie ihm mit.
“Und Louisa?”, fragte er missbilligend.
“Sie schläft, und außerdem weiß sie, dass ich gehe. Ich habe zwar gesagt, dass ich mich um sie kümmern werde, aber nicht, dass ich hier wie in einem Kloster leben möchte.”
“Natürlich willst du deinen Aufenthalt hier genießen. Ich hätte daran denken sollen. Ich kann morgen Abend selbst mit dir ausgehen.”
Sie schaute ihn spöttisch an. “Was bist du doch für ein guter Geschäftsmann, Carlo. Du kümmerst dich wirklich um alles. Aber du brauchst dir keine Sorgen zu machen. Ich treffe meine Verabredungen lieber selbst.”
“Ich glaube, du hast mich missverstanden”, sagte er verärgert. “Ich will nur nicht, dass du allein nach Rom fährst.”
“Ich glaube nicht, dass meine Pläne dich irgendetwas angehen.”
“Ich habe nur nicht gedacht, dass du jemanden kennen …” Er brach ab, und in der Tiefe seiner dunklen Augen blinkte es auf. “Serena, ich rate dir gut, geh nicht mit Primo Viareggi aus.”
“Ich hoffe, das ist kein Befehl, Carlo. Es wäre ein großer Fehler, wenn du mir Befehle geben würdest.”
“Es ist nur eine Warnung. Lass dich nicht mit diesem Mann ein. Er ist es doch, nicht wahr?”
Serena holte tief Luft. “Gute Nacht, Carlo.” Sie machte einen Schritt nach vorn, doch er streckte die Hand aus und hielt sie zurück. Vergeblich versuchte Serena, sich loszumachen. Seine Hand auf ihrer nackten Haut strahlte eine Wärme aus, die prickelnde Schauer durch ihren Körper sandte. Sie erinnerte sich an eine andere Zeit, als sie in seinen Armen dahingeschmolzen war, voller Sehnsucht nach seinen erregenden Zärtlichkeiten, die ihr die höchste Erfüllung geschenkt hatten. Glaubte er wirklich, er könne sie ein zweites Mal täuschen?
“Lass mich sofort los”, sagte sie eisig. “Und mach das nie wieder.” Der Ausdruck in ihrem Blick schien ihn zu erschrecken, denn er ließ die Hand sinken und trat ihr aus dem Weg.
Primo wartete vor dem Tor. In seinem Dinnerjackett und einer schwarzen Fliege sah er atemberaubend gut aus. Sie stieg in seinen Wagen, und er fuhr ab.
Als Serena und Primo in Rom ankamen, war es bereits dämmrig, und die Stadt erstrahlte in hellem Licht. Sie fuhren an den alten Caracalla-Thermen vorbei. “Hier haben sich die alten Römer zwischen ihren Eroberungen ausgeruht”, erklärte Primo. “Das Problem ist nur, dass einige von ihnen heute noch glauben, dass sie die Welt regieren.”
“Meinen Sie Carlo?”
“Allerdings. Er ist ein typischer Römer, der auf den
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