Bianca Exklusiv Band 0088
protzigen Lokal wie diesem. Sie fand, dass ein feinfühligerer Mann nicht mit ihr hierhergegangen wäre, und war gegen ihren Willen ein bisschen von Primo enttäuscht. Aber sie wollte nicht aufgeben. Er war der Mann, den Dawn geliebt hatte, und es musste mehr in ihm stecken, als beim ersten Blick zu sehen war.
“Warum haben Sie mich hierher geführt?”, fragte sie, nachdem sie ihren Kaffee getrunken hatten.
“Weil es Dawns Lieblingsrestaurant war”, antwortete er sofort. “Kommen Sie, ich möchte Ihnen zeigen, womit wir uns amüsiert haben.” Er nahm Serena an die Hand, half ihr aufzustehen und zog sie hinter sich durch das Restaurant zu einer Tür, die von schweren Vorhängen verdeckt wurde. Ein Kellner öffnete sie, und sie gingen hindurch.
Serena sah die Spieltische mit den Croupiers und den Menschen mit den angespannten Gesichtern darum herum. Sie war in einem Spielkasino.
Primo führte sie zu einem Tisch, und sie setzten sich hin. Er ordnete etwas auf Italienisch an, unterzeichnete ein Blatt Papier, und schon stellte jemand einen Stapel Chips vor sie auf den Tisch.
“Nein”, protestierte Serena und versuchte die Chips wegzuschieben. “Ich will nicht …”
“Unsinn. Ich habe schon dafür bezahlt”, sagte Primo und schob ihr die Chips wieder hin.
Seine Stimme hatte sich verändert. Er war nicht mehr der zuvorkommende Kavalier, sondern ein Mann, der eine widerstrebende Frau zum Schweigen brachte, damit er sich um die wichtigen Dinge kümmern konnte. Serena lenkte ein und spielte halbherzig. Zu ihrer Erleichterung gewann sie nichts und sah, wie der Stapel immer kleiner wurde.
Doch sofort erschien ein neuer Stapel vor ihr.
“Nehmen Sie sie”, drängte sie Primo. Er redete, ohne den Blick vom Tisch abzuwenden. “Sie sind mein Glücksbringer. Dawn war es immer.”
Aber heute hatte er kein Glück. Er verlor, gewann ein wenig und verlor schließlich alles. Gleichgültig unterzeichnete er ein weiteres Blatt Papier mit einem Kürzel, und Serena, die einen kurzen Blick darauf werfen konnte, wurde blass.
“Das müssen fast zwanzigtausend Pfund gewesen sein”, flüsterte sie, nachdem sie kurz die Lire umgerechnet hatte.
“Na und? Ich habe letzte Woche ein Rennen gewonnen. Nächste Woche werde ich wieder eins gewinnen.”
“Primo, ich bin nicht Dawn. Ich bringe Ihnen kein Glück.”
Unvermittelt schien er das Interesse am Spielen verloren zu haben. “Gut. Lassen Sie uns tanzen.”
Er führte sie in den angrenzenden Raum, wo mehrere Paare tanzten, und zog sie dicht an sich heran. “Verletzt es Sie nicht, dass ich Sie ansehe und an Dawn denken muss?”, fragte er.
“Überhaupt nicht. Ich habe Dawn geliebt, und ich würde gern über sie reden.”
“Sie sind wie sie und doch nicht wie Sie. Sie hat sich niemals Sorgen darüber gemacht, wie viel ich verloren habe. Sie hat die erregende Spannung des Moments begriffen, wenn eine Sekunde Ihnen Niederlage oder Triumph bringen kann. Es ist wie beim Autorennen. Bei fast dreihundert Stundenkilometern können Sie entweder ein Held oder ein toter Mann sein, und Sie wissen nie genau, was es sein wird. Es ist das unglaublichste Gefühl der Welt. Sie wusste das. Sie hat nach der Devise gelebt: ‚Tu, was dir Spaß macht‘. Sie war eine wundervolle Frau.”
“Immer zu tun, was einem Spaß macht, finde ich nicht wundervoll”, erwiderte Serena. “Was ist mit den anderen Menschen?”
“Zur Hölle mit ihnen”, erwiderte er leichthin. “Das war auch ein Motto von ihr.”
“Ich kann nicht glauben, dass sie so etwas gesagt hat.”
“Das können Sie halten, wie Sie wollen”, meinte er gleichgültig.
Es war wie ein Stich in Serenas Herz. Sicher übertrieb Primo. Dawn war leichtsinnig gewesen und hatte das Vergnügen geliebt, ja. Aber sie war nicht so vergnügungssüchtig gewesen, wie Primo sie beschrieb. Serena merkte, dass er sie übertrieben eng an sich gepresst hielt, und versuchte, ein wenig Abstand zu halten, aber er ließ sie nicht los. “Sie gehen zu weit”, sagte sie missbilligend.
“Wie kann ich bei l’amore zu weit gehen?”, fragte er heiser. “Fühlen Sie nicht, dass unsere Herzen im gleichen Rhythmus schlagen?”
“Ich fühle nur, dass meine Füße wehtun. Außerdem möchte ich mich hinsetzen. Ich muss Sie etwas fragen, Primo, etwas sehr Wichtiges.”
“Oh, das klingt ja aufregend. Gut. Lassen Sie uns hinsetzen und dann …” er schaute ihr eindringlich in die Augen, “können Sie mir sagen, was Sie auf dem Herzen
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