BIANCA EXKLUSIV Band 0180
„Es gibt bestimmt einen Grund, warum ich mich nicht erinnern will. Vielleicht ist es besser, wenn ich nicht weiß, was alles passiert ist. Das einzig Dumme ist, dass mein Gehirn auch die Erinnerung an die guten Dinge in meinem Leben ausgeschaltet hat. Die Erinnerung an meine Familie, an meine Freunde. Diese Erinnerungen zu verlieren ist der Preis, den ich dafür bezahle, mich nicht an das Schlechte erinnern zu müssen.“
Sie sah ihn ernst an. „Mein Gehirn hat mir alles genommen, was mich ausmacht. Jeder sagt mir, dass ich mich wie mein altes Selbst benehme, dass ich die gleichen Vorlieben und Abneigungen wie früher hätte. Jeder weiß mehr über mich als ich selbst.“
„Sie versuchen nur, dir zu helfen.“
„Ich will niemandem etwas vorwerfen. Aber ein Teil von mir fragt sich immer wieder, was die anderen machen werden, wenn meine Erinnerung nie mehr zurückkommt.“
„Das wäre auch nicht das Ende der Welt.“
„Das sage ich mir ja auch. Ich sage mir, dass die Vergangenheit für immer Vergangenheit ist und ich mich auf die Zukunft konzentrieren muss.“ Abwesend legte sie eine Hand auf ihren Bauch, brachte das Kind jedoch nicht zur Sprache.
„Vorwärts zu schauen ist eine sehr positive Einstellung.“
„Aber jeder hier will, dass ich mich erinnere, dass ich wieder der Mensch bin, der ich mal war. Dabei weiß ich, dass ich nie mehr dieselbe Frau sein werde, selbst wenn ich mich erinnere.“
„Alles ändert sich. Selbst wenn du nicht drei Jahre fort gewesen wärst und deine Erinnerung verloren hättest, wärst du heute eine andere.“
„Ich glaube nicht, dass meine Familie das jemals begreifen wird. Nicht so sehr Kathryn, aber Gray und Rick. Es scheint ihnen Angst zu machen, dass ich mich verändert habe. Ich glaube, sie haben ebenso viel Angst vor dem, was mir in den drei Jahren passiert sein könnte, wie ich. Doch zur gleichen Zeit sehnen sie sich danach, dass ich mich wieder an das Leben erinnere, das ich einst mit ihnen geführt habe.“
„Dein Gehirn hat wirklich einen schlechten Trick angewandt, dich einfach alles vergessen zu lassen. Das hast du nicht verdient.“
Erregt erhob sie sich von dem Stein. „Es ist schwer zu sagen, was ich verdient habe oder nicht. Schließlich haben wir nicht die geringste Ahnung, was ich in den letzten drei Jahren getan habe.“
„Bestimmt nichts, womit du das verdient hättest.“
„Ich wünschte, ich könnte da so sicher sein wie du.“ Sie straffte die Schultern und ging auf die Wiese zu.
Mit wenigen großen Schritten hatte er sie eingeholt. „Na schön, vielleicht gibt es etwas, an das du dich nicht erinnern willst. Aber belass es jetzt einfach dabei. Du kannst es doch nicht ändern.“
Sie blieb stehen und schaute ihn an. „Glaubst du wirklich, ich könnte so tun, als ob ich an dem Tag geboren wäre, an dem ich in diesem Krankenhaus in Kanada erwacht bin?“
„Vielleicht nicht ganz …“
„Natürlich kann ich das nicht.“ Sie berührte erneut ihren Bauch. „Es gibt eine kleine Komplikation. Was soll ich meinem Kind über seinen Vater sagen, wenn meine Erinnerung nicht zurückkehrt?“
„Mach dir doch darüber jetzt keine Sorgen.“
Sie schien ihn gar nicht zu hören. „Was soll ich dem Kind, das in mir wächst, erzählen? Jeder könnte sein Vater sein.“
„Ist der Vater denn alles, an was du denkst?“ Jarrett legte die Hände auf Ashleys Schultern. „Wie wäre es, wenn du dich erst mal nur um die Mutter kümmerst?“
Ashley zog ärgerlich die Augenbrauen zusammen. „Was willst du damit sagen?“
„Hör auf, dir den Kopf über etwas zu zerbrechen, was du doch nicht ändern kannst. Wie du schon gesagt hast, schau einfach nur nach vorne und …“
„Aber das Kind!“
„Dieses Kind ist dein Kind.“
Er erstickte ihren Protest im Keim, indem er seine Finger auf ihre Lippen legte. „Du hast nicht ein einziges Mal erwähnt, dass du dieses Kind nicht haben willst.“
Sie sah ihn entsetzt an. „Man hat mit mir im Krankenhaus darüber gesprochen. Aber ich hätte nie im Leben eine solche Entscheidung fällen können, das Kind nicht zur Welt zu bringen.“
„Und du willst das Kind nach der Geburt auch nicht zur Adoption freigeben?“
„Nein, natürlich nicht!“
„Also wirst du dieses Kind aufziehen. Immer für es da sein.“
Sie nickte.
„Allein durch diese Entscheidung hast du vorwärts geschaut, hast du Hoffnung in deine Zukunft gesetzt.“ Die warme Herbstbrise wehte eine Haarsträhne in ihr Gesicht. Jarrett
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