BIANCA EXKLUSIV Band 0181
weiße Wand dahinter schmückte ein Gemälde. Es war eine mit wenigen meisterhaften Pinselstrichen dargestellte japanische Landschaft, die in dem sonst so schmucklosen Raum wie ein kostbares Juwel wirkte. An der anderen Wand hing ein herrlicher Kimono aus schwarzer und zimtfarbener Seide.
Abgesehen von einem Terrakottagefäß mit einer üppigen Bananenstaude wies der Raum keine weiteren Dekorationsstücke auf. Doch die von der Sonne gebleichten hölzernen Fensterläden, die die gesamte Frontseite zur Terrasse hin vor der Sonne schützten, verliehen dem Zimmer Behaglichkeit und etwas Bodenständiges.
„Wünschen Sie, dass ich Ihr Gepäck auspacke?“, fragte die Haushälterin.
„Nein, danke.“ Paige wollte auf keinen Fall, dass diese Frau, die sonst sicher reiche Erbinnen bediente, ihre kümmerliche Garderobe sah.
„Hier ist der Kleiderschrank, dort Ihr Bad.“ Mrs. Oliver zeigte auf zwei Türen. „Bestimmt möchten Sie gern duschen.
Ich hole Sie in einer Stunde ab, wenn es Ihnen recht ist. Sollten Sie inzwischen etwas benötigen, rufen Sie mich gern an.“ Sie wies auf ein Telefon, das hinter dem Kopfteil des Bettes verborgen war. „Alle Nummern stehen auf dem Apparat.“ Damit verließ sie das Zimmer.
Paige ging in das weiß gekachelte Bad. Es war sehr geräumig. Eine Ecke nahm eine großzügige Dusche ein, in der anderen war ein Whirlpool eingebaut. Zwischen Farnwedeln und hölzernen Lamellenfensterläden hindurch fiel das Sonnenlicht nur gedämpft in den Raum und malte ein Streifenmuster auf den Boden.
Ein wohlriechender Duft verlockte Paige, an der Seife zu schnuppern, die am Waschbecken lag. Himmlisch! Doch sie legte das Stück wieder hin. Ihre eigene Seife war gut genug, und wenn sie die nahm, die Marc bezahlt hatte, würde sie sich fühlen, als hätte sie sich von ihm kaufen lassen.
Während sie sich unter der Dusche aus vielen Düsen von allen Seiten wohlig wärmen ließ, überlegte sie, ob wohl schon jemals jemand hier geduscht hatte, der so arm gewesen war wie sie selbst. Doch dann verscheuchte sie die trüben Gedanken. „Genieße es, solange du kannst“, sagte sie sich und gab sich ganz dem Genuss hin.
Nach dem Duschen föhnte sie das Haar und zog ihre olivgrüne Hose und eine rote Bluse an. Ein kritischer Blick in den Spiegel zeigte, dass die Hose um die Hüften zu locker saß, also zog sie die Bluse wieder heraus und ließ sie darüberhängen.
Paige war kaum fertig, als es klopfte. Mrs. Oliver war zwanzig Minuten zu früh dran! Sie öffnete lächelnd die Tür, doch als sie sah, wer davor wartete, verschwand ihr Lächeln.
6. KAPITEL
Marc hatte sich auch umgezogen. Er trug Hosen, die seine kräftigen Schenkel eng umspannten, und dazu ein sportliches hellblaues Hemd. Jetzt, da sie allein waren, wirkte er auf Paige noch größer und mächtiger als zuvor. Und gefährlich attraktiv.
Ihr Herz begann, wie verrückt zu pochen. Sie musste zwei Mal schlucken, ehe sie etwas sagen konnte. „Oh, ich dachte, es wäre Mrs. Oliver.“
„Soll ich dir vor dem Mittag das Grundstück zeigen?“
„Ja, danke.“ Eigentlich hatte sie ihn nach Juliettes Geschenk fragen wollen, aber jetzt fürchtete sie, es könnte einen unhöflichen und gierigen Eindruck erwecken.
Marc erwies sich als ausgezeichneter Gastgeber. Höflich führte er sie durch die Gärten zwischen Terrasse und Strand. Es war ein farbenfrohes, sorgsam gepflegtes und mit viel Fantasie zusammengestelltes subtropisches Paradies. Immer wieder entdeckte Paige neue Pflanzen, prachtvolle Farben und intensive Düfte. Auf dem Rückweg zum Haus drehte sie sich um und blickte zurück zur Bucht. „Gehören die Yacht und der Kabinenkreuzer dort dir?“
„Ja. Segelst du gern?“
„Als Kind hat es mir viel Spaß gemacht. Mein Vater besaß eine Yacht.“
Er runzelte die Stirn. „Dann nehme ich dich einmal mit hinaus.“
Das war natürlich absurd. Morgen würde er doch wieder abfahren. Offenbar spielte er den Gastgeber und behandelte sie so, als wäre sie ein normaler Gast und nicht jemand, mit dem er im Auftrag seiner verstorbenen Frau Kontakt aufnehmen musste. Der Frau, die er betrogen hatte.
Aus einem plötzlichen Impuls heraus fragte Paige: „Was ist mit dem Kästchen von Juliette?“
„Ich lasse es dir in dein Zimmer bringen.“
Sie gingen die Stufen zur Terrasse hinauf. „Es ist ein wundervolles Haus“, sagte Paige. „Sogar jetzt ist es warm und sonnig, und im Sommer sorgen sicher die überhängenden Dächer dafür, dass es nicht zu
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