Bianca Exklusiv Band 0226
nicht wieder herausnehmen, ohne ihm das Gefühl des Versagens zu geben. Allison empfahl der Mutter, daheim mit Matthew zu arbeiten, damit seine motorischen und geistigen Fähigkeiten angeregt würden.
Rosas Mutter wurde von Allison, die ihr erzählen wollte, wie fleißig ihre Tochter arbeitete, voller Wärme begrüßt. Doch es stellte sich heraus, dass Rosas Mutter kein Englisch sprach. Allison musste sich an Rosa wenden. „Würdest du deiner Mutter bitte etwas von mir sagen, Rosa?“
Langsam und scheu nickte die Kleine.
„Sag ihr, dass du eine gute Schülerin bist und dass ich mich sehr über deine Fortschritte freue.“
Rosa zögerte. Mit großen samtbraunen Augen sah sie ihre Lehrerin forschend an, als suche sie, sich zu vergewissern, ob die es auch aufrichtig meine. Schließlich huschte ein schüchternes Lächeln über ihr Gesicht und sie sprach mit ihrer Mutter.
„Gracias, Senorita. Muchas gracias“, sagte die Frau und drückte Rosas Papiere gegen die Brust, als sei es der kostbarste Schatz der Welt.
Allison wandte sich zögernd ab. Im Klassenzimmer war jetzt ungefähr ein Dutzend Eltern. Sie hätte gern noch mit Mrs Torres gesprochen, doch würde das Gespräch über einen Dolmetscher sehr viel Zeit in Anspruch nehmen. Sie ließ ihren Blick über die Menge schweifen. Da stand Susan mit ihrem Vater. Die Mutter war nirgends zu sehen.
Vor ein paar Tagen hatte sie sich die Akte des Mädchens angesehen. Eine Mrs Sloane war nirgendwo verzeichnet. Mr Sloane war selbstständig, und seine Eltern, die als Kontaktpersonen für Notfälle angegeben waren, lebten ebenfalls in Georgetown.
Justin ließ sich von Susan herumführen, und sie machte die gleiche Runde um den Klassenraum wie am ersten Schultag. Schließlich standen sie vor den Hasenkäfigen.
„Sind die nicht süß, Daddy? Miss Greene sagte, dass sie einmal im Jahr Kinder kriegen, und dass manche von uns eines mit nach Hause nehmen dürfen, wenn unsere Eltern einverstanden sind. Darf ich eins haben, Daddy? Bitte!“
Justin wollte strikt ablehnen. Doch als er die flehenden Augen seiner Tochter sah, wusste er, dass es sinnlos war, sie darauf hinzuweisen, dass sie ja nur in einem Stadthaus mit einem kleinen gepflasterten Innenhof lebten, und dass sie zu jung war, um die Verantwortung für ein Tier zu übernehmen. Deshalb brachte er die übliche elterliche Ausflucht hervor: „Wir werden sehen.“
„Ich würde auch gut für es sorgen. Mr Wackelnase mag ich am liebsten. Er mag mich auch. Ich spare immer Salatblätter von meinem Sandwich, und er frisst sie alle.“
Sie öffnete den Hasenkäfig und steckte ihre Hand hinein. Mr Wackelnasse hoppelte heran und schnupperte an den Fingern.
„Darfst du den Käfig öffnen?“, fragte Justin.
„Miss Greene erlaubt es uns. Aber eine ihrer großen Regeln ist, dass wir niemals, niemals Mr Wackelnase und Schneewittchen zur selben Zeit herauslassen. Sie sagt, wenn die beiden zusammenkommen, dann machen sie Kinder.“
Justin unterdrückte ein Grinsen.
„Wie machen sie das?“ Erwartungsvoll blickte Susan zu ihm auf.
„Was?“
„Kinder. Wie machen sie das?“
„Oh …“ Er überlegte eine Antwort, die ihre Neugier befriedigen würde, ohne dass er allzu sehr ins Detail gehen musste. „Du erinnerst dich doch, was ich dir über Mommys und Daddys erzählt habe, wenn sie sich verlieben und heiraten. So ungefähr ist das auch mit Mr Wackelnase und Schneewittchen.“
Susan schwieg einen Augenblick und streichelte das weiche Fell des Hasen. „Warum habe ich keine Mommy?“
„Du weißt doch, Susan, dass deine Mommy starb, als du ein kleines Baby warst.“
„Ich weiß, dass Mommy starb. Aber warum hast du nicht eine andere Mommy für mich gesucht? Manche Kinder in meiner Klasse haben zwei oder drei Mommys .“
„Das ist nicht so einfach, mein Liebling.“ Einer Fünfjährigen wahre Liebe zu erklären sowie die Schwierigkeiten, eine verlorene Liebe zu ersetzen, waren noch unmöglicher, als den körperlichen Akt zu schildern, aus dem Kinder hervorgingen. Justin mühte sich ab. „Es müsste schon ein ganz besonderer Mensch sein, der den Platz deiner Mutter in meinem Herzen und in unserem Leben einnimmt. Bisher habe ich noch niemanden gefunden, den ich lieben kann und heiraten möchte.“
Er verstand das verschmitzte Lächeln nicht, das jetzt auf Susans Gesicht erschien. Doch er war erleichtert, dass sie keine weiteren Fragen stellte. „Was ist denn das, eine ‚große Regel‘?“, fragte er, als sie
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